Karneval in Bad Kreuznach
Die Jerrys tauchen ab und machen unter Wasser die Welle
In blau-glitzernden Kostümen trat die Tanzgruppe Dance Revolution auf und verbreitete Meeresflair.
Cordula Kabasch

Tiefsee, ahoi: Die Winzenheimer Jerrys tauchten bei ihrer Prunksitzung in karnevalistischen Gewässern unter und machten den Meeresboden unsicher. „Unter Wasser die Wellen beben, die Jerrys lassen Atlantis leben“ lautete ihr Motto.

Die Winzenheimer Jerrys sind am Samstag abgetaucht – um unter Wasser die Welle zu machen: Bei ihrer Prunksitzung ging es im Wortsinn feucht-fröhlich zu, und am Meeresboden ließen es die Narren ordentlich krachen.

„Unter Wasser die Wellen beben, die Jerrys lassen Atlantis leben“: So heißt das Motto der Kampagne, und die Jerrys taten bei der Prunksitzung alles, um es in die Tat umzusetzen. Die Titanic kam im Programm zwar auch einmal vor, doch gekentert ist an diesem Abend stimmungsmäßig niemand. Im Gegenteil: Im Sportheim folgte ein Seebeben dem nächsten, und sehr viel fröhlicher hätte es wohl nicht enden können. Dazu passte auch die Deko: An den Fenstern klebten Fische, unter der Hallendecke hing ein Krebs, hinter dem Elferrat klebten Fischernetze an der Wand, und die Lampen über der Theke waren in Quallen verwandelt worden.

Los ging der Abend musikalisch passend mit „An der Nordseeküste“ von Klaus und Klaus; alle Narren im Publikum standen und schunkelten. Zu sehen waren etliche Meerjungfrauen, Matrosen und Piraten, aber auch ein paar Hexen sowie Scheichs hatten sich ins Sportheim verirrt, und Oberbürgermeister Emanuel Letz als Winzenheimer Jung’ war natürlich ebenfalls dabei. Sitzungspräsident Heiko Kraft kündigte Protokoller Christian Nies an, bei dem die Politik nicht so eine große Rolle spiele, doch das hieß nicht, dass das Stadtgeschehen unkommentiert blieb: „Der Kreuznacher Haushalt ist, wie jeder weiß, nicht der heiße Sch...“, befand Nies, denn es war ja fraglich, wie das Sicherheitskonzept für die Narrefahrt finanziert werden sollte. Doch da das nun vom Tisch ist, ging von der Bühne ein Dank an Letz, der immer hinter den Narren gestanden habe. Dann wandte sich Nies den Staus in der Stadt zu. Er riet dem feiernden Volk im Saal, einfach in Geschäften auf dem Land einzukaufen: „Dann sieht man mal was anderes, und die Stadt gibt vielleicht Gas.“

„Hoffentlich wird die Demokratie erneut gewinnen. Ich weiß, es ist schwer, die richtige Partei zu bestimmen – aber lasst den rechten Rand nicht gewinnen.“
Protokoller Christian Nies

Damit war’s genug der Kommunalpolitik, und der Protokoller wandte sich den Geschehnissen im Bund zu: Er sprach über die Inflation, die manch einen dazu bringe, über Verkäufe seiner Organe nachzudenken, um die Haushaltskasse aufzubessern. Das liebe Geld ist auch in der Landwirtschaft ein Thema, was bei den Bauernprotesten deutlich wurde: „Helft endlich den Bauern in der Not, denn sie und nicht der liebe Gott geben uns das täglich’ Brot.“ Das wichtige Thema Bundestagswahlen brachte dem Protokoller einen lauten Sonderapplaus der Jerrys ein, unterbrochen nur von zwei verhaltenen „Buh“-Rufen: „Hoffentlich wird die Demokratie erneut gewinnen. Ich weiß, es ist schwer, die richtige Partei zu bestimmen – aber lasst den rechten Rand nicht gewinnen.“ Dann wandte sich Nies der Weltpolitik zu, den Kriegen in Gaza und der Ukraine, und setzte auch dabei ernste Töne: „Wie lange noch, dass dieses Land endlich Ruhe findet, und der russische Tyrann von der Bildfläche verschwindet?“

Zwei junge Frauen vertrieben darauf die Kummerfalten, denn Johanna und Helen Mengel, mit Sauerstoffflaschen auf dem Rücken und Taucherbrille auf der Nase, schilderten Reisen mit dem U-Boot und den Flugzeug, setzen dabei manchen Hieb in Richtung der Einwohner Bretzenheims, die zum liebevollen Feindbild erkoren wurden. Witzige Wortspiele – passend zum Jerry-Motto – waren auch dabei: „Was trägt der Hai, wenn er abends ausgeht?“ Richtige Antwort: „Hai Heels.“

Die beiden Seepferdchen Alice und Jörg Meyer erleben am Meeresgrund so einiges, obwohl sie im Toten Meer unterwegs waren.
Cordula Kabasch

Die große Garde (Trainerin: Kerstin Saueressig) wirbelte danach über die Bühne, bis Modepapst Karl Lagerfeld (Max Eder) die Jerrys mit einem Besuch beehrte und sich über Diäten, Viagra, Angela Merkels Frisur sowie die Anzüge des Elferrates Gedanken machte: „Gibt’s die eigentlich auch in passend, lieber Elferrat?“ Das lustige Leben der Seepferdchen veranschaulichten Alice und Jörg Meyer. Sie wunderten sich zwar nicht, warum das männliche Seepferdchen schwanger werden konnte (männliche Seepferdchen tragen die Babys aus), aber dass das geschehen konnte, wo sie doch seit Monaten im Toten Meer unterwegs sind, wunderte sie schon. „Du hättest ja auch verhüten können“, sagte das weibliche Seepferdchen ihrem Gefährten. „Schwimmen ja genug Plastiktüten hier rum.“

Die Männershowtanzgruppe Santinis (Trainerinnen: Alice Meyer und Teresa Ries) trat in Wassermann-Kostümen mit grünen Glitzerhosen auf, und im Sportheim stieg das Klatsch- und Schunkel-Level sprunghaft an. Silberjubilar Michael Nies hatte einiges zu sagen zu langen Ehejahren und Midlife-Crisis-Gefühlen. Dazu zählte auch die Annahme, eine junge Frau im Bus warte nur darauf, mit dem Senior in Kontakt zu kommen – dabei bot sie Opa Nies nur den Platz an, damit er endlich sitzen konnte. Hämisch-begeistertes Lachen im Publikum begleitete dies.

Nach rund viereinhalb Stunden prallem Programm tauchten die Jerrys kurz vor Mitternacht wieder vom Meeresboden auf, und zu sehen waren viele begeisterte Gesichter – das selbstgesetzte Ziel, ein Seebeben nach dem anderen zu erzeugen, ging für die Narren ganz offensichtlich auf.

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Aufgetreten sind bei den Jerrys außerdem die Mädchen der „kleinen“ Tanzgruppe Konfettis, die Tanzgruppe Dance Revolution (Trainerinnen Sophia Wallraff und Anna Palm), der singende Kellermeister (Rainer Wittig), die Garde/Showtanzgruppe Traumtänzer (Trainerin: Kerstin Saueressig), die Spaller (Mike Butzbach und Sascha Stoy) sowie der Schlussmacher (Eric Lippert).

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