Neupfalz: Visionen vom Wald
Der Wald ist so viel mehr als Holz- oder Wildlieferant
Über 60 Teilnehmer und Referenten nahmen an der erkenntnisreichen Tagung „Kulturelle Ökosystemleistungen des Waldes - Brücken zwischen Natur und Mensch“ im Walderlebniszentrum Soonwald teil.
Thomas Brodbeck

Mit spannenden Fragen beschäftigten sich die Teilnehmer der Tagung „Visioonwald“ im Walderlebniszentrum Soonwald: Was leistet der Wald für den Menschen und wie kann man das Ökosystem mit Blick auf den Klimawandel fördern?

Eine Tagung, organisiert unter anderem von den Mitarbeitern von Landesforsten, bei der es nicht um Festmeter, Käferholz und Waldumbau ging? Ja, das gibt es. Und um es gleich zu sagen: Es war eine überaus lohnende und erkenntnisreiche Veranstaltung zum Thema „Kulturelle Ökosystemleistungen des Waldes – Brücken zwischen Natur und Mensch“, die im Walderlebniszentrum Soonwald stattfand.

Wald baut Brücken zwischen Natur und Mensch

Bei der zweitägigen Tagung wurden in zahlreichen Vorträgen all jene kulturellen Leistungen des Waldes vorgestellt, die sich nicht in Heller und Pfennig berechnen lassen: Welche Rolle spielt die Schönheit der Natur für unser Wohlbefinden? Welche Bedeutung besitzt der Wald für unsere kulturelle Identität? Ist Wandern durch eine schöne Landschaft nur bloße sportliche Betätigung? Inspirieren die Wälder nicht zu Kunst und Kreativität? Und nicht zuletzt: Welche religiöse Bedeutung besitzen Wälder?

Dabei waren sich alle Vortragenden mit den gut 60 Teilnehmern aus Politik, Forst, Verwaltung und Wissenschaft einig, dass es nötig ist, den Fokus mehr auf diese nicht monetär erfassbaren Aspekte zu legen. Dirk Hennig, Leiter des Walderlebniszentrums Soonwald, brachte es auf den Punkt: „Den Wald rettet man in den Köpfen der Menschen!“ Für Eckhard Jedicke vom Kompetenzzentrum Kulturlandschaft gilt „dass die meisten der kulturellen Ökosystemleistungen nicht monetär sind. Man kann die Kultur nicht in Euros messen.“ Dabei ist „der Wald Quell unserer Kultur, und somit auch für künstlerische Inspiration“, wie Bastian Kaiser von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg in seinem Vortrag hervorhob. „Denn schließlich sind wir ein Waldvolk.“

Ein Vortrag über das Waldbaden von Life-Coach Jasmin Schlimm Thierjung: Ganz praktisch im Freien mit anschaulichen Beispielen gehalten.
Thomas Brodbeck

Waldbesuch kann Stress lindern

Dass die Kraft der Natur für unser psychisches Wohlbefinden und unsere mentale Gesundheit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, zeigte Life-Coach Jasmin Schlimm-Thierjung ganz praktisch bei einem Rundgang durch die Natur. Der Wald aktiviert unsere Sinne: das Zwitschern der Vögel, das Rascheln der Blätter, der Duft von Moos und Erde – all diese Reizen wirken beruhigend und fördern die Achtsamkeit. Menschen, die regelmäßig Zeit im Wald verbringen, berichten von mehr Ausgeglichenheit, innerer Klarheit und einer verbesserten Stimmung. Andreas Michalsen, Chefarzt an der Charité für klinische Naturheilkunde, stellte fest, dass der Aufenthalt im Wald Stresshormone wie Cortisol reduziert, den Blutdruck reguliert und das Immunsystem stärkt. Nicht ohne Grund übernehmen Krankenkassen Kur- und Reha-Maßnahmen beim sogenannten Waldbaden, auch Shinrin Yoku genannt.

Auch wenn gerade in der deutschen Sagenwelt der Wald eine bedeutende Rolle spielt, so sind doch Bäume als Symbole und in Ritualen ein weltweit verbreitetes Motiv und von besonderer religiöser Bedeutung, erläuterte Isabel Laack von der Universität Tübingen. In vielen Mythologien steht oft ein Baum im Zentrum des Kosmos oder gilt als Verkörperung von Göttern. „In einigen Religionen ist der Mensch aus den Zweigen eines Baumes entstanden“, so Laack. Die in der christlichen Tradition erfolgte Trennung von Mensch und Natur wird in letzter Zeit zunehmend aufgehoben, oder zumindest infrage gestellt. Immer mehr wird das Bewahrende, zu Erhaltende, Schützenswerte der Natur als Aufgabe gerade auch von Religion erkannt. Ganz so, wie es der verstorbene Papst Franziskus in seiner Enzyklika Laudato si' formulierte.

Neue Erkenntnisse der Heimatforschung, unter anderem zum "Jäger aus Kurpfalz", dem im Bad Sobernheimer Ortsteil Entenpfuhl ein Denkmal gesetzt wurde, erfuhren die Tagungsteilnehmer bei einer Exkursion.
Thomas Brodbeck

Neue Erkenntnisse zur Soonwaldgeschichte

Am zweiten Tag der Veranstaltung leitete der Heimatkundler Dieter May aus Seibersbach eine Exkursion zu den kulturellen und geschichtsträchtigen Orten im Soonwald, bei der selbst gut informierte Teilnehmer viel Neues, unter anderem zu dem Jäger aus Kurpfalz, erfahren konnten. Man kann Dirk Hennig und Jörn Schultheiß von der Hochschule Geisenheim als Organisatoren zu dieser gelungenen Tagung nur gratulieren. Und mit einem Zitat von Immanuel Kant resümieren: „Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann etwas anderes als Äquivalent gesetzt werden; was dagegen über allen Preisen erhaben ist, das hat eine Würde.“

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