Bad Kreuznach
Der Kreuznacher Stadtrat genehmigt den 2024er Etat: Die Pro-Kopf-Verschuldung steigt
The Piggy Bank's Treasure Trove: A Heap of Golden Coins Surrounds the Iconic Money Box
Das Kreuznacher Sparschwein legt dieses Jahr zwar ein paar Gramm zu. Doch die Stadt Bad Kreuznach bleibt dürr, der Schuldenstand wächst.
Mersmann Anke. Gheorghita - stock.adobe.com

Im Stadtrat wurde am Donnerstagabend der Haushalt für das Jahr 2024 genehmigt. Er schließt nach Überarbeitung nun knapp ausgeglichen ab. Doch das ändert nichts daran, dass die Verschuldung weiter zunimmt.

Die wichtigste Zahl vorneweg: Die pro Kopf-Verschuldung (netto) der Kreuznacher liegt im Jahr 2023 erstmals seit fast zehn Jahren wieder über tausend Euro, nämlich bei 1009,65 Euro. Zuletzt hatte diese Zahl im Jahre 2014 über tausend Euro gelegen. Die Netto-Verschuldung der Stadt sank von 2014 bis 2018, dann wuchs der Minus-Stand wieder.

Im Stadtrat wurde von einigen Rednern zwar anerkannt, dass es nach einem ersten stark defizitären Entwurf nun „gelungen“ sei, den Etat 2024 knapp ins Plus zu bringen. Der Ergebnishaushalt liegt bei Einnahmen von 179,29 Millionen Euro und Ausgaben von 179,26 Millionen Euro mit 27 300 Euro im Plus.

SPD kritisiert Personalstreichung

Die Zustimmung für den Etat fiel aber nicht gerade überschwänglich positiv aus: 20 Räte votierten dafür (vor allem CDU und Bündnis 90/Grüne, FDP), zehn dagegen (Büfep, AfD, Liberale Wähler). Die Sozialdemokraten enthielten sich in der Abstimmung (acht Stimmen). Carsten Pörksen erklärte, dass man eigentlich habe zustimmen wollen. Aber nachdem die Ratsmehrheit der Verwaltung auf CDU-Antrag fünf Stellen gestrichen hatte, war der Etat für die Sozialdemokraten nicht mehr zustimmungsfähig.

Die Ausgaben der Stadt, das machten einige Aspekte deutlich, dürften weiter für kritisches Hinterfragen sorgen. Beispiel Jugendamt. Hier wurden auf Anfrage der Fairen Liste/Büfep die Einnahmen und Ausgaben der vergangenen Jahre gegenübergestellt. Die neuesten Zahlen vom 14. November sind ernüchternd: Die Kosten liegen bei rund 48 Millionen Euro, davon erstattet werden nur rund 38 Millionen Euro. Rechnet man die Schlüsselzuweisung B1 noch zu den Einnahmen hinzu, steigern sich diese um knapp 1,6 Millionen Euro (2022). Das Defizit bleibt.

Neues Rathaus kostet 15,38 Millionen Euro

Zweites Beispiel: das neue Rathaus. Michael Fluhr vom Liegenschaftsamt erläuterte gut gelaunt die aktuellen Umzugsmodalitäten. Die Gesamtkosten für den administrativen Herzenswunsch nach einem schönen, neuen Rathaus sind aktuell auf 15,28 Millionen Euro taxiert. Das Land hatte im Zuge der Eingemeindungsdebatte bezüglich Bad Münster angekündigt, die Kosten für ein neues Rathaus teilweise zu erstatten. Die beantragte Zuwendung könnte sich auf bis zu 6,6 Millionen Euro summieren. Doch das sei nur dann der Fall, wenn man die „höchstmögliche Zuwendung“ annehme, so Fluhr: „Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir einen geringeren Betrag bekommen.“ Was natürlich den Eigenanteil der Stadt in die Höhe treiben würde.

Interessant war beim „Sachstandsbericht Projekt Kornmarkt“, dass kein Wort dazu gesagt wurde, was mit den verbleibenden Altbauten wie am Eiermarkt oder in der Viktoriastraße passieren wird. Auch wie die Zufahrtsregelung für mehrere Hundert Mitarbeiter am Kornmarkt geregelt werden soll, ist kein Thema – bemerkenswert angesichts der immer wieder erhobenen Forderung nach Verkehrsberuhigung in der Roßstraße.

Mehreinnahmen durch höhere Steuern

Was für mehr Einnahmen sorgen wird, das sind Steuererhöhungen. So wird die Vergnügungssteuer einmal mehr angehoben. Zwischen 2012 und 2015 war sie schon dreimal erhöht worden, nun ist es wieder so weit. Es geht um 5 Prozentpunkte nach oben, und zwar für Gaststätten mit Gewinnspielautomaten wie für Spielhallen. Erhofft wird somit eine Mehreinnahme von einer halben Million Euro.

Ebenso erhöht wird der von Touristen zu entrichtende Gästebeitrag. Jeder Besucher muss neben seiner Hotel- oder Zimmerrechnung nun täglich 3,50 Euro zahlen statt 2,80 Euro.

Von der Linken kamen schwere Vorwürfe, was die Etatpläne betrifft. Der Haushalt sei „schöngerechnet, bis unter dem Strich ein leichtes Plus stand“, so Jürgen Locher. Zukunftstauglich sei das nicht. Es werde viel zu wenig in die Pflege der Infrastruktur investiert: „Gehwege, Brücken und Straßen sind zum Teil in einem alarmierenden Zustand“, so der Linke. Der OB als zuständiger Dezernent halte sich aus allen Debatten heraus, habe sogar „über weite Strecken desinteressiert“ gewirkt, als es um seinen Haushaltsplan ging. Die Linke lehnte den Etat ab.

Kritik an verwahrlosender Infrastruktur

Kritik kam auch von Wilhelm Zimmerlin (Büfep): Den Ausgleich des Etats habe man doch nur „mit Tricks“ erreicht. Eine Deckelung der Personalkosten werde ohnehin von der Realität gesprengt. Der Ausgleich sei nur mithilfe von Steuererhöhungen erreicht worden, es sei überhaupt kein Sparwille erkennbar. Kein Problem sei gelöst worden – etwa die weiter defizitäre Bäderlandschaft, hinzu kämen neuerdings leer umherfahrende Busse. In die Infrastruktur werde kaum investiert, er hoffe, dass es demnächst keine Brüche an städtischen Brücken gebe.

Jörg Fechner (AfD) warnte davor, dass mit der sich abzeichnenden negativen ökonomischen Entwicklung auch die Einkünfte aus Gewerbesteuer einzubrechen drohten. Und trotzdem würden „Millionengräber“ in der Stadt beibehalten.

Die FDP als Partei des OB hielt sich natürlich dezent zurück, wies aber über Werner Lorenz doch darauf hin: „Weitere Steuererhöhungen und übermäßige Abgabenerhöhungen sind für uns inakzeptabel.“

Haushalt 2024 – ausgewählte Zahlen

  • Ergebnishaushalt:
    Einnahmen 179,29 Mio. Euro
    Ausgaben 179,26 Mio. Euro
    Jahresüberschuss 27300 Euro
  • Finanzhaushalt (Investitionen, Kredite, Zinsen)
    Ein-/Auszahlungen 190,89 Mio Euro
    Vorgesehene Kredite 9,19 Mio. Euro)
  • Neuverschuldung 4,67 Mio. Euro
    Summe Investitionskredite Ende 2024: 61,44 Mio. Euro
    Summe Liquiditätskredite Ende 2024: 39,99 Mio. Euro
    Verbindlichkeiten insgesamt Ende 2024: 101,43 Mio. Euro
  • Von der Stadt an den Landkreis zu entrichtende Umlage: 35,8 Mio. Euro (2023: 32,9 Mio. Euro, 2013: 21,3 Mio. Euro)
  • Grundsteuer B 550 v.H. (unverändert, zuletzt für 2023 erhöht, 2022: 500), erwartete Einnahmen: 12 Mio. Euro (2023: 12 Mio. Euro, 2013: 6,92 Mio. Euro)
  • Gewerbesteuer 420 v.H. (unverändert, zuletzt für 2022 erhöht, 2021: 405), erwartete Einnahmen: 35 Mio. Euro (2023: 32,1 Mio. Euro, 2013: 19,3 Mio. Euro)
  • Hundesteuer 108 Euro (seit 2015 unverändert), erwartete Einnahmen: 250000 Euro (2023: 250000 Euro, 2013: 161670 Euro)
  • Vergnügungssteuer Erhöhung um 5 Prozentpunkte, erwartete Einnahmen: 2,5 Mio. Euro (2023: 2 Mio. Euro, 2013: 1,1 Mio. Euro)
  • Gemeindeanteil Einkommensteuer 24,45 Mio. Euro (2023: 22,7 Mio. Euro, 2013: 13,86 Mio. Euro)
  • Gemeindeanteil Umsatzsteuer: erwartete Einnahmen 6,73 Mio. Euro (2023: 6,48 Mio. Euro, 2013: 2,7 Mio. Euro)
  • Gebühren Straßenreinigung – unverändert (letzte Erhöhung erfolgte für 2023)
  • Netto-Schuldenstand Stadt Bad Kreuznach: 59,33 Mio. Euro (2023: 54,26 Mio. Euro, 2018: 40,9 Mio. Euro, 2013: 47,48 Mio. Euro)
  • Pro-Kopf-Verschuldung netto: 1009,65 Euro (2023), 2022: 887,18 Euro, 2013: 1059,53 Euro
  • Gesamtschuldenstand inklusive Beteiligungen (Stand 21. November 2023): 129,8 Mio. Euro

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