Schuld an den langen Wartezeiten sind allerdings nicht die Bürgerämter. Der Grund ist eine seit Anfang des Jahres generell bestehende außergewöhnlich hohe Nachfrage an Reisepässen. Das bestätigt Mehmet Ata, Pressesprecher des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat (BMI), auf Anfrage des Oeffentlichen Anzeigers: „Binnen vier Wochen wurden erstmals in der Geschichte der Bundesdruckerei GmbH weit mehr als 600.000 Reisepässe bestellt, bis in den Mai hinein wurden immer neue Tagesrekorde des täglichen Bestelleingangs aufgestellt.“
Seit einigen Monaten hat sich Lieferzeit verlängert
Bis zum März habe die Bundesdruckerei trotz der hohen Bestelleingänge die vereinbarten Lieferzeiten beim Pass einhalten können. Dies sei, so Ata, mit Maßnahmen wie drei Schichten, Wochenendarbeiten und Personalerhöhungen in der Produktion temporär möglich gewesen. Seit einigen Monaten haben sich die Lieferzeiten von Reisepässen nun aber verlängert. Darüber wurden die Bürger vieler Verbandsgemeinden im Landkreis Bad Kreuznach bereits informiert – während manche Antragstellenden Verständnis zeigen, sind andere über die langen Wartezeiten verwundert oder sogar gefrustet.
Dokumente rechtzeitig prüfen
In der Stadt Bad Kreuznach sei bei Reisepässen aktuell mit einer Lieferzeit von mindestens acht Wochen zu rechnen, meint Hansjörg Rehbein von der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadtverwaltung Bad Kreuznach. Trotz langer Wartezeiten seien die Leute aber weiterhin sehr freundlich und verstünden, dass die Ursache nicht bei den Beschäftigten oder der Stadtverwaltung zu suchen sei. Ungehaltene Bürger gäbe es nur selten. Die Lieferung von Expressreisepässen verzögere sich ebenfalls, berichtet Rehbein. Hier sei momentan mit Lieferzeiten von sieben bis zehn Werktagen zu rechnen. Bei Expressbestellungen soll der Reisepass normalerweise nach drei Werktagen abholbereit in der Behörde liegen. Rehbein empfiehlt daher, die Ausweisdokumente rechtzeitig zu prüfen: „Die Beantragung eines neuen Reisepasses ist ohne Probleme sechs Monate vor Ablauf des alten Reisepasses möglich.“
In der Verbandsgemeinde (VG) Bad Kreuznach sind Expressbestellungen nach wie vor pünktlich: „Bisher können wir nicht bestätigen, dass die Expressreisepässe längere Wartezeiten haben“, meint Daniela Ritter, die für die Öffentlichkeitsarbeit auf der Verbandsgemeindeverwaltung zuständig ist. Jedes Jahr sei ein Anstieg an Reisepassanträgen vor den Sommerferien zu verzeichnen, erklärt Ritter. Im Gegensatz zum Vorjahr seien in diesem Jahr im Zeitraum Mai bis Juli aber circa 80 Reisepässe mehr beantragt worden. In diesem Jahr sei die Nachfrage an Reisepässen aber bereits seit Anfang des Jahres gestiegen. Ritter erklärt sich dies mit der Abschaffung des Kinderreisepasses zum 1. Januar.
In VG Rüdesheim 1139 Reisepässe ausgestellt
Auch in der VG Rüdesheim beantragen in diesem Jahr deutlich mehr Menschen einen Reisepass. Tim Weinsheimer, der auf der Verbandsgemeindeverwaltung den Fachbereich Ordnung und Soziales leitet, gibt preis, dass seit Beginn des Jahres bis zum 30. Juni bereits 1139 Reisepässe ausgestellt worden seien. Im Vorjahr, so Weinsheimer weiter, seien es in diesem Zeitraum dagegen nur 860 Reisepässe gewesen.
Frühzeitiges Erinnerungsschreiben
Die Bürger würden bereits seit einigen Jahren mit einem Erinnerungsschreiben auf das Ablaufen des letzten gültigen Ausweisdokuments aufmerksam gemacht: „Dieses Schreiben haben wir dieses Jahr zeitlich nach vorn gezogen und auch mittels zweier Veröffentlichungen im Mitteilungsblatt darauf hingewiesen, dass es zu langen Wartezeiten kommt“, berichtet Weinsheimer. Alle Antragstellenden hätten ihre Reisepässe bisher rechtzeitig erhalten. Die Bürger seien grundsätzlich sehr verständnisvoll, da das Problem bei der Bundesdruckerei und nicht beim Bürgerbüro der Verbandsgemeinde läge.
In der VG Langenlonsheim-Stromberg sorgen die langen Lieferzeiten von Reisepässen noch immer für Verwunderung – und das vor allem bei Eltern: „Viele Eltern wissen nicht, dass die Kinderreisepässe 2024 abgeschafft wurden und sind somit von der langen Wartezeit überrascht, da die Kinderreisepässe vorher direkt vor Ort ausgestellt wurden“, berichtet Marc Hoffmann, der auf der Verbandsgemeindeverwaltung den Fachbereich Bürgerdienste leitet. Er bedauert, dass die extra hierfür veröffentlichen Informationen in verschiedenen Medien und Plattformen dabei offenbar nicht jeden erreicht hätten.
Kirn: Bürger auf lange Wartezeiten hingewiesen
In der VG Kirner Land seien viele Bürger gefrustet, wenn sie erführen, dass die Lieferzeit für Reisepässe momentan acht bis zehn Wochen dauere, berichtet Jolanta Werle, Standesbeamtin und Fachbereichsleiterin der Ordnungsverwaltung. Allerdings sei auch im Kirner Land bereits auf die langen Wartezeiten aufmerksam gemacht worden: „Wir haben im Juni in unserem Amtsblatt über die Verzögerung der Lieferzeiten von Reisepässen informiert und darum gebeten, die Beantragung der Pässe rechtzeitig zu planen“, so Werle. Einige Personen hätten dies auch tatsächlich umgesetzt und seien frühzeitig gekommen.
Mehr Verständnis für die langen Wartezeiten zeigen Antragstellende in der VG Nahe-Glan: „Die Bürgerinnen und Bürger reagieren zumeist verständnisvoll, da wir ja nichts für die langen Lieferzeiten können“, berichtet Marc Lamek, Fachbereichsleiter Bürgerdienste in der Verbandsgemeindeverwaltung. Hier habe sich die Nachfrage an Reisepässen vor circa drei Wochen, wie jedes Jahr vor den Sommerferien, verstärkt. Die Wartezeit für Expressreisepässe, für die die Antragstellenden 32 Euro extra zahlen müssten, läge momentan bei drei bis fünf Werktagen, erklärt Lamek.
Vorläufiger Pass gilt nicht überall
Kerstin Heinen, Leiterin Media Relations und Pressesprecherin Deutscher Reiseverband, hat einen Tipp: „Sollte es aufgrund der Kürze der Zeit nicht mehr mit der Ausstellung eines Reisepasses klappen – auch nicht mit einem kostenpflichtigen Expressantrag – besteht die Möglichkeit einen vorläufigen Reisepass zu bekommen, der ein Jahr gültig ist.“ Hier sei aber darauf zu achten, dass die Einreise mit dem vorläufigen Pass nicht für jedes Land möglich sei. Reisehinweise des Auswärtigen Amtes seien hier hilfreich, so Heinen.