Schweizer Unternehmen WRS erhält vor Beginn des Güterverkehrs unerwartete Post der Bahntochter - Rede ist von dringenden Arbeiten
DB Netz AG sperrt die Strecke: Hunsrückquerbahn-Pläne schon auf dem Abstellgleis
Am 31. Juli und 1. August ging das Unternehmen WRS auf Testfahrt durch den Hunsrück – jetzt scheint die Strecke aber nicht mehr geeignet. Foto: Boch
Volker Boch

Simmern/Stromberg. Die geplante Reaktivierung der Hunsrückquerbahn hatte auch in den betroffenen Gemeinden im Kreis Bad Kreuznach für viel Gesprächsstoff gesorgt - nun gibt es ein Stoppsignal für die Fahrten auf der Trasse. Und das sorgt in der Region für großes Erstaunen. Die DB Netz AG hat der Schweizer Widmer Rail Services (WRS) mitgeteilt, dass die Strecke Langenlonsheim–Stromberg bis zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember gesperrt ist und die Strecke Stromberg–Büchenbeuren darüber hinaus im kompletten Jahresverlauf 2021. Entsetzen bei den Befürwortern der Bahn.

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Vor allem schockiert die Befürworter in ersten Reaktionen, weil sich zuletzt die Landräte der fünf Landkreise Bad Kreuznach, Bernkastel-Wittlich, Birkenfeld, Rhein-Hunsrück und Trier-Saarburg für die Reaktivierung der Hunsrückquerbahn politisch stark gemacht hatten.

In den vergangenen Monaten hat die WRS akribisch ihren Start auf der Trasse vorbereitet, der im Dezember mit ersten Holztransporten starten sollte (wir berichteten). Es gab zahlreiche Abstimmungsgespräche, Tests und Planungen des Schweizer Unternehmens, das in der Region durch den Geschäftsführer seiner deutschen Niederlassung in Karlsruhe, Alexander Neubauer, vertreten worden ist.

Nachdem die WRS im Februar offiziell an die zuständige Bahntochter DB Netz AG herangetreten war, um ihr Ansinnen auf den Weg zu bringen, folgte im April die formelle Anmeldung der Trassen. Anfang Juli berichtete unsere Zeitung erstmals von dem Projekt, das mit jeweils drei Zugpaaren angedacht war, die von Montag bis Freitag verkehren sollten. Für große Aufmerksamkeit und einen hohen Zuspruch an „Zaungästen“ entlang der Strecke sorgte dann am 31. Juli und 1. September eine Inspektionsfahrt der WRS auf der Strecke, bei der das Unternehmen mit einer Güterlok die Trasse inspizierte. Neubauer war bei dieser Fahrt selbst dabei und zog am Ende ein positives Fazit.

Für die Befürworter der Reaktivierung der Bahn sah es ganz danach aus, als würde die Hoffnung, bald wieder Züge auf der Strecke zu sehen, zeitnah Realität werden – und Güterzüge könnten möglicherweise auch dem seit vielen Jahren laufenden Abwägungs- und Planungsprozess zum Personenverkehr auf der Hunsrückquerbahnstrecke Schub geben. Die Gegner einer Reaktivierung dagegen lehnen die Güterzüge ab. Für die WRS schien es unterdessen lange so, dass die geplanten Fahrten ab Dezember aufs Gleis gebracht werden können.

Erst vor einigen Tagen kam aber ein Schreiben der DB Netz AG, das die Sperrung der Strecke zwischen Langenlonsheim und Stromberg ab dem 21. Oktober ankündigte. Begründung der DB Netz AG: nicht aufschiebbare Sondierungs- und Instandhaltungsarbeiten. Konkreter wurde das Schreiben nicht – allerdings lässt der Umstand der bis zum Fahrplanwechsel geltenden Sperrmaßnahme darauf schließen, dass die DB Netz AG umfangreichen Aufwand zu betreiben scheint.

Die Sperrung vom 21. Oktober bis 12. Dezember umfasst mehr als sieben Wochen – angesichts der wenig ausführlichen Begründung wirkt dies überaus lange. Es folgte zudem ein weiteres Schreiben Anfang dieser Woche. Darin wird der WRS mitgeteilt, dass die Strecke Stromberg–Büchenbeuren im kompletten kommenden Jahr gesperrt sein wird. Auch hier: wegen Sondierungs- und Instandhaltungsarbeiten.

Für Alexander Neubauer ist nicht nachvollziehbar, dass die DB Netz AG so kurz vor dem geplanten Start der WRS-Fahrten diese Sperrungen vornimmt. Schließlich ist der DB Netz AG seit vielen Monaten bekannt, dass die WRS auf der Trasse Güterverkehr fahren will. „Wir wollen eigentlich im Dezember anfangen“, sagt Neubauer, „wir wissen aber nicht, ob die Strecke aufgeht. Mich wundert einfach der Zeitpunkt, weil seit Ende Februar und der Trassenanmeldung im April viel Zeit vergangen ist.“ Zudem gab es offensichtlich keine Einwände gegen die Inspektionsfahrt der WRS Ende Juli, die Grundlage des für Dezember angedachten Realstarts war.

Völliges Unverständnis ruft das Handeln der DB Netz AG bei Bürgermeistern im Kreis hervor, die sich für die Reaktivierung der Trasse stark machen. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kirchberg, Harald Rosenbaum, erklärt dazu: „Es ist schlimm genug, dass es denen jetzt erst einfällt.“ Er fordert, das Planfeststellungsverfahren für die Reaktivierung der Bahnstrecke endlich zum Abschluss zu bringen. „Wir müssen den Druck erhöhen, um endlich Klarheit zu erhalten“, sagt Rosenbaum. Dies unterstützt der Bürgermeister der Stadt Simmern, Andreas Nikolay: „Für mich stellt sich jetzt die Frage, was dieser Vorgang konkret bedeutet. Handelt es sich hierbei um eine Hinhaltetaktik oder will die DB Netz AG tatsächlich sanieren?“ Nikolay und Rosenbaum setzen darauf, dass bald Klarheit herrscht und die dann reaktivierte Strecke künftig auch für den Personenverkehr genutzt werden kann.

Volker Boch/Thomas Torkler

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