Die Trauer um den am Montag verstorbenen Papst Franziskus ist bei vielen Menschen noch immer groß. Denn ob Katholik oder Protestant: Franziskus war für viele Menschen ein wirklicher Brückenbauer. Dekan Michael Kneib, Leiter des Pastoralen Raum Bad Kreuznach, zu dem sechs Pfarreien mit rund 40.000 Katholiken gehören, war ob der Meldung vom Tod des Papstes erst einmal traurig. „Ich habe daraufhin auf die Predigt verzichtet und stattdessen eine Auferstehungsandacht mit den Gläubigen gebetet", berichtet Kneib. An Ostern – in der Hoffnung der Auferstehung – zu sterben, habe eine große Symbolik. In Kneibs Erinnerung bleibt Franziskus als der Papst, der sich für die Armen und Verfolgten sowie für die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt hat. Zudem sei die Synodalität mit der Einberufung der Weltsynode untrennbar mit diesem Papst verbunden. „Wenn sich auch die Deutschen hier mehr gewünscht hätten", sagte Kneib, der an den Synodalen Weg der deutschen Kirche erinnerte. Kneib hofft, dass der Nachfolger auf dem Stuhl Petri die Kirche weiter in die Zeit hineinführt und das Evangelium zum Leuchten bringt.
Lina Neeb, unter anderem evangelische Pfarrerin von Hackenheim und Pfaffen-Schwabenheim, hielt im Gottesdienst an Ostermontag Fürbitte für den verstorbenen Papst. Ihr Bruder habe sie gefragt, ob die katholische Kirche nicht noch so einen wie Franziskus habe, der an die Ränder geht oder sich auch für homosexuelle Menschen einsetzt. „Ich habe mich Franziskus sehr verbunden gefühlt und werde ihn vermissen, denn er hat die Kirche menschlicher gemacht", sagt Neeb. Die evangelische Pfarrerin ist überzeugt, dass die Kirche mehr denn je einen Menschen braucht, der die Menschen spüren lässt, was „Frohe Botschaft" bedeutet. Bei aller Wertschätzung erinnert Neeb jedoch auch daran, dass Franziskus die Ökumene nicht weiter vorangebracht hat. „So hat er den Synodalen Weg sehr kritisch gesehen und gesagt, wir brauchen nicht noch eine zweite evangelische Kirche in Deutschland", erinnert sich Neeb.
Andrea Silvestri, Ortsbürgermeisterin von Feilbingert und praktizierende Katholikin, hatte am Ostermontag erst nach der Rückkehr vom Emmausgang vom Tod des Papstes erfahren. Sie erinnert sich an seine humorvolle Art, die Einberufung der Weltsynode und daran, dass er gesellschaftliche – wie politische Probleme offen angesprochen hat. „Sein Nachfolger sollte offen auf Menschen zugehen und verkrustete Strukturen in der Kirche aufbrechen", hofft Silvestri.
Franziskus hat sich nicht gescheut, unbequeme Themen anzusprechen
Bei Pastoralreferent Bernhard Dax von der Citykirche „Naheraum" in der Mannheimer Straße in Bad Kreuznach bleibt vor allem Franziskus Enzyklika „Laudato si" im Gedächtnis und die darin geäußerte Aufforderung zur Bewahrung der Schöpfung. Dass Franziskus hierin Politik wie Kirche kritisiert, aber auch den Kapitalismus verurteilt, dafür ist Dax dem verstorbenen Papst dankbar. „Wenn ich an ihn denke, dann daran, dass sein Schwerpunkt im Zugehen auf die Menschen und insbesondere die Armen lag", unterstrich Dax.
Pfarrer Sebastian Gutzeit vertritt derzeit Astrid Peekhaus, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises an Nahe und Glan. „Ich verneige mich in Respekt vor einem Menschen, der das Papstamt nicht als Herrschaft, sondern als Dienst verstanden hat – und gerade darin Größe zeigte. Franziskus war nicht nur das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, sondern ein Brückenbauer zwischen Konfessionen, Religionen und Kulturen. Er war ein Hirte, der den Stallgeruch der Herde nicht scheute, sondern suchte. Sein Einsatz für die Armen, die Ausgestoßenen und die Verletzlichen war keine Randnotiz, sondern das Zentrum seines Wirkens“, äußert sich Gutzeit. Unter seinem Pontifikat seien viele Türen geöffnet worden.
Franziskus war ein Rand- und Grenzgänger
„Er ging an die Ränder in mehrfacher Hinsicht. An die Ränder der Welt, was man bei seinen Ernennungen zu Kardinalskreierungen gesehen hat. Aber auch an die Ränder der Gesellschaft, zum Beispiel als er Sträflingen an Gründonnerstag im Gefängnis die Füße gewaschen hat. Ich habe ihn enorm geschätzt“, erzählt Stephan Wolff, Kooperator der Pfarrei Kirner Land St. Hildegard, die zum Pastoralen Raum Idar-Oberstein zählt. Ihn habe die Nachricht auch am „Rand“ erreicht, am Rande des Zuständigkeitsbereiches in Bärenbach, wo nur einmal im Monat ein Gottesdienst stattfinde. Ich bin danach ins Auto gestiegen und habe es im Radio gehört. „Dass er jetzt an Ostern gegangen ist, irgendwie passt das“, sagt er.
Luisa Maurer, Pastoralreferentin in Bad Kreuznach und verantwortlich für die Junge Kirche, hat selbst ein Jahr lang in Rom studiert. „Er hatte eine besondere Wirkung auf Menschen, egal wie weit er weg war“, findet sie. Besonders einprägsam seien die „Papa Francesco“-Rufe auf dem Petersplatz gewesen. Man habe gespürt, dass er die Menschen verbinde. Auch seine Namenswahl, angelehnt an Franz von Assisi habe für sie viel zum Ausdruck gebracht. „Die Mitmenschen sind Brüder und Schwestern, aber auch die Tiere und die Schöpfung im Allgemeinen. Damit habe ich viel anfangen können.“
„Die Nachricht vom Tod Papst Franziskus hat mich am Montag im Zug auf meinem Weg in den Urlaub in Holland erreicht – und zwar kurz vor dem Umstieg in Köln. Ich hatte eine Stunde Aufenthalt und nutzte die Gelegenheit, den Dom zu besuchen. Viele Gläubige und natürlich Touristen strömten in die Kathedrale, in der um 12 Uhr die Ostermontagsmesse stattfinden sollte. Entsprechend erlebte ich das Glockengeläut mit und auch die Stimmung, die durch die Todesnachricht deutlich spürbar war“, blickt Holger Werries, Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Guldenbachtal, zurück. Franziskus habe eine „Kirche der Armen“ gewollt. „In diesen Punkten war er für mich als evangelischen Theologen und Pfarrer Vorbild und Inspirationsquelle.“
Er habe sich für Ausgegrenzte eingesetzt und für Gerechtigkeit gekämpft. Auf der Plattform X habe sein letzter Tweet am Ostersonntag gelautet: „Christus ist auferstanden! In dieser Botschaft ist die ganze Bedeutung unserer Existenz umfasst, die nicht auf den Tod, sondern auf das Leben zuläuft.“ Auf Holger Werries habe das so gewirkt, als wenn er sich von allen habe nochmals verabschieden wollen.