Viele müssen erhebliche Umsatzverluste verkraften - Preise für Fasswein bleiben im Keller - Der dritte gute Jahrgang in Folge?
Corona macht auch Nahewinzern zu schaffen: Preise für Fasswein bleiben im Keller – Dritter guter Jahrgang in Folge?
Die unzähligen kleine und große Weinfeste in der Region wie etwa Wein im Park bei BollAnts in Bad Sobernheim (Foto) fehlen den Nahewinzern in diesem Corona-Sommer als Absatzmöglichkeit. Foto: Wilhelm Meyer (Archiv)

Kreis Bad Kreuznach. Corona setzt auch den Winzern zu. Wolfgang Eckes beispielsweise, Vorsitzender von Weinland Nahe, musste in seinem Weingut in Windesheim bisher 20 bis 25 Prozent weniger Umsatz als sonst verkraften. So wie ihm geht es vielen Kollegen an der Nahe und in Rheinhessen, die ihre Weine überwiegend selbst vermarkten.

Eckes bedient auch Weinfeste: „Dieser Markt ist in diesem Jahr komplett weggebrochen.“ Zudem fehlen vielen Winzern die Einnahmen aus der Gastronomie, die über Wochen lahmgelegt war. Ein Glück, dass ihm die Stammkunden die Treue hielten: „Die haben sogar mehr konsumiert“ – was aber die Verluste nicht auffangen konnte.

„Wir brauchen Messen, Weinfeste und andere Veranstaltungen, bei denen Wein getrunken wird. Diese Absatzwege fehlen wegen Corona“, konstatiert Thomas Höfer, der Vorsitzende des Weinbauverbandes an der Nahe. Auch er verweist auf die fehlenden Umsätze in der Gastronomie, die große Löcher in die Bilanzen der Winzer gerissen haben. „Wohl dem, der gute Stammkunden hat“, betont auch er.

Bloß kein zweiter Lockdown

Das half auch den Topweingütern, die dem Verband deutscher Prädikatsweingüter (VdP) angehören, wie der Vorsitzende des Anbaugebiets Nahe, Frank Schönleber vom Weingut Emrich-Schönleber in Monzingen, berichtet, das zu den Topadressen in Deutschland gehört. Über drei Monate blieb auch bei ihm der Absatz wegen der zwischenzeitlichen Ausfälle bei Gastronomie und Handel deutlich hinter dem gewohnten Niveau zurück. Schon während des Lockdowns aber orderten auch bei ihm die Privatkunden eifrig. Positiv mache sich zudem bemerkbar, „dass mehr Touristen in die Region kamen“. Auch das Geschäft mit Gastronomie und Handel habe sich inzwischen normalisiert. Aber mancher habe zurzeit schlicht nicht das Kapital, um sich mit Wein einzudecken. Die anhaltende Konsumlaune lässt Frank Schönleber aber hoffen, dass die Bilanz bis zum Ende des Jahres doch wieder einigermaßen stimmt.

Bloß kein zweiter Lockdown: Das hoffen Schönleber, Eckes und Höfer stellvertretend für ihre Kollegen inständig. „Denn dann wird's für viele existenzgefährdend“, wie Eckes meint. Eine Horrorvision wäre es für Schönleber auch, wenn wegen neuer Corona-Herde die Saisonkräfte nicht kommen dürften. „Wir selbst tun unser Bestes, um Infektionen zu vermeiden.“ Zu den Gewinnern der Corona-Krise gehört in der Weinbranche der Handel, der sich laut Höfer über zweistellige Zuwachsraten freuen darf.

Das Problem: Bei den Winzern, die ihren Wein im Fass an die Kellereien verkaufen, kommt davon nichts an. Schon seit etlichen Jahren liegt der Literpreis unter einem Euro. „Davon kann man nicht leben“, weiß Wolfgang Eckes. „1,20 bis 1,30 Euro müssten es schon sein.“ Die Discounter, die vor allem auf billige Angebote setzen, aber kalkulieren ganz knapp. „1,49 Euro für einen deutschen Wein: Das ist einfach nur ungesund“, kritisiert der Vorsitzende von Weinland Nahe. Und wie wird der Weinjahrgang 2020? Nach übereinstimmender Meinung sieht es an der Nahe, wenige Tage vor Beginn der Müller-Thurgau-Lese, gut aus. „Wer im Weinberg alles richtig gemacht hat, darf sich auf den dritten guten Jahrgang hintereinander freuen“, frohlockt Höfer.

Trockenheit bleibt großes Thema

„Die Trauben sind zurzeit noch topgesund“, bekundet VdP-Chef Schönleber. Während er wie im vorigen Jahr von einem sehr bescheidenen Ertrag ausgeht, rechnen Höfer und Eckes mit durchschnittlichen Mengen. Die Trockenheit ist und bleibt ein großes, existenzielles Thema: Während die Niederschläge an der mittleren und oberen Nahe im August laut Schönleber ausreichend waren, fiel beispielsweise an der unteren Nahe mancherorts „nicht viel mehr als nichts“.

Was sich die Winzer der Region nun wünschen ist ein wenig Regen und etwas Sonne, um noch ein paar Öchslegrade herauszukitzeln. „Wie kommen wir auf Dauer mit der Trockenheit zurecht?“ Das wird nach Einschätzung von Fachmann Thomas Höfer zukünftig eine „riesige Herausforderung“.

Von Kurt Knaudt

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