Gersters Konzept hat einen konkreten Anlass: Der 50 Jahre alte Jurist will sich am 13. Juli im Mainzer Stadtrat ebenfalls zur Wahl als Verkehrs- und Umweltdezernent stellen – und das, obwohl er eigentlich gar keine Chance hat. Dann kürt der Stadtrat die Nachfolgerin der in die Landespolitik gewechselten Katrin Eder (Grüne). Nach dem Willen der Mainzer Grünen soll es die bisherige Frankfurter Referentin im Umweltdezernat, Janina Steinkrüger, werden.
Die Grünen können sich in der Mainzer Ampel-Koalition als stärkste Kraft auf eine breite Mehrheit stützen – eigentlich. Doch die Nervosität ist groß, die Erinnerung an den November 2018 hat sich tief eingebrannt ins politische Gedächtnis. Damals schmiss FDP-Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte zwei Tage vor seiner als sicher geltenden Wiederwahl völlig überraschend hin, seither ist die als chancenlos angetretene CDU-Unternehmerin Manuela Matz Mainzer Wirtschaftsdezernentin.
„Wir hatten keine Chance, aber wir haben sie genutzt“, sagte denn auch nun noch einmal CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig, und so werde die CDU auch dieses Mal wieder einen Gegenkandidaten aufstellen. „Wir sind die stärkste Oppositionskraft und haben viele Jahre die Geschicke der Stadt mitgestaltet“, betonte Schönig: „Was wir haben, ist eine Alternative, nicht nur in Form der Person, sondern auch bei den Inhalten.“ Die Alternative heißt Thomas Gerster, seit 20 Jahren in der Mainzer Kommunalpolitik aktiv, seit 2004 Mitglied des Stadtrats. „Politik lebt nun mal von Alternativen und vom Wechsel“, sagte Gerster bei der Ankündigung seiner Kandidatur. Im Gegensatz zur externen Kandidatin Steinkrüger kann Gerster mit fundierten Mainz-Kenntnissen und konkreten Vorstellungen zur Verkehrspolitik aufwarten, darauf gründete er sein Konzept.
Mainz muss dringend den Klimaschutz vorantreiben, dazu gehöre die energetische Sanierung der städtischen Gebäude, eine Solarsatzung sowie eine Dachbegrünungssatzung. Für große Parkplätze wie an der Mainz-05-Arena könnte er sich Solardächer vorstellen, ein Aktionsprogramm zur Bepflanzung von Balkonen in Mainz ebenso. „Wir brauchen Bäume, Brunnen und Bächle für Mainz“, forderte Gerster weiter.
Vor allem aber beim Thema Verkehr hat der CDU-Mann einen anderen Ansatz: „Es nützt nichts, wenn man wie die Grünen sagt, wir wollen keine Autos in der Stadt, man grenzt damit Menschen aus, die schlecht zu Fuß sind, und auch Menschen, die aus dem Rheinhessischen kommen.“ Er wolle ein pragmatisches Verkehrskonzept, das keine Verkehrsart benachteilige, mit schnellen und sicheren Radwegen, Radachsen mit Fahrradstraßen sowie einen zuverlässigen ÖPNV. Am Stadtrand könnte ein Ring aus Parkhäusern entstehen, von denen aus Busse und Bahnen in die Stadt fahren.
Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen lehne er hingegen ab, sagte Gerster: „Es führt nicht zur Reduzierung von CO2, es wirkt einfach nicht.“ Die versprochene Verstetigung des Verkehrsflusses sei bis heute nicht umgesetzt und womöglich gar nicht zu erreichen. Gerster will den Durchgangsverkehr durch den Ausbau des Mainzer Rings und einer zusätzlichen Rheinbrücke aus der Stadt halten – und am liebsten die Kaiserstraße in einen Tunnel darunter verlegen, Tunnel-Rheinquerung inklusive.