Lizenz erhalten
Cannabis Social Club Bad Kreuznach startet mit Anbau
Der B-420 Social Club Bad Kreuznach hat seine Anbaulizenz erhalten und seine eigene Produktionsstätte eingerichtet.
Lena Reuther

Der B-420 Social Club Bad Kreuznach startet mit dem Anbau von Cannabis. Etwa sieben Monate hat der Vorstand auf die Lizenz gewartet.

Nach etwa sieben Monaten Wartezeit hat der B-420 Social Club Bad Kreuznach seine Anbaulizenz für Cannabis erhalten. Der Vorstand, bestehend aus Sakda Stenzhorn (Vorsitzender), Can Christ (Zweiter Vorsitzender) und Fabien Spreitzer (Schatzmeister) hatte im Juli vergangenen Jahres den Antrag gestellt, der nun Anfang Februar bestätigt wurde.

In Bingen haben die drei Männer eine Halle plus Außenbereich angemietet. Ursprünglich war geplant, die Produktionsstätte in Wöllstein an der B420 aufzubauen. „Alle Grundwände und Decken standen schon“, berichtet Spreitzer. Doch dann musste der Vermieter der dortigen Halle den dreien mitteilen, dass ihnen doch nicht so viel Strom zur Verfügung stehe wie zuvor mitgeteilt. Damit war für sie klar: Der Standort eignet sich nicht. Das mussten sie erst mal sacken lassen.

Der Vorstand (von links): Schatzmeister Fabien Spreitzer (26 Jahre alt), Erster Vorsitzender Sakda Stenzhorn (30 Jahre alt) und Zweiter Vorsitzender Can Christ (27 Jahre alt).
Annabelle Betz

Über Ebay-Kleinanzeigen sind sie dann auf die Halle in Bingen aufmerksam geworden. Hier sind sie richtig glücklich, auch wenn es zu Beginn mit dem Bauamt viel zu klären gab. Etwa musste eine Nutzungsänderung beantragt werden, erklärt der 26-Jährige weiter. „Im Endeffekt sind wir wirklich zufrieden“, betont Christ, der wie Spreitzer als Sozialarbeiter tätig ist. Für das Vorhaben hat der Vorstand einen Privatkredit aufgenommen. Die drei Männer möchten möglichst unabhängig agieren, dazu gehört auch, dass sie über eine Wasserzysterne und eine Photovoltaikanlage verfügen, die sie für den Anbau nutzen, erklärt Christ.

Aktuell pflanzt der Social Club Cannabis für 250 Personen an, eine Erweiterung sei jederzeit möglich. Christ kümmert sich aktuell hauptsächlich um den Anbau. Derzeit baut der 27-Jährige sechs Sorten an, acht sollen es insgesamt werden. Wenn alles nach Plan läuft, dann soll die erste Blütenabgabe am 1. Juli stattfinden. Unabhängig davon, ob man Mitglied ist, können Interessierte Stecklinge erwerben. Vier Sorten hat der Social Club zur Auswahl.

Der Vorstand hat sich dazu entschieden, das Cannabis erst an mindestens 21-Jährige zu vergeben, sie fühlen sich damit wohler, denn gesetzlich möglich ist es zwar bereits ab 18 Jahren, allerdings mit Sonderregelungen, etwa in Bezug auf den THC-Gehalt, erklärt Christ.

Im Anzuchtraum gedeihen aus den Samen die Keimlinge.
Lena Reuther

Bis aus dem Samen letztlich das getrocknete Cannabis entsteht, dauert es einige Zeit. Im Anzuchtraum wachsen zunächst die Keimlinge und bleiben dort neun Tage. Die Samen bezieht der Social Club von der Royal Seed Bank aus den Niederlanden, berichtet Christ.

Nach dem Anzuchtraum kommen die Pflanzen in den Vegetationsraum, wo sie etwa 40 Tage bleiben. Gewässert wird bisher noch von Hand. „Um ein Gefühl dafür zu bekommen, was die Pflanzen brauchen“, erklärt er. Auf zwei Etagen stehen hier die unterschiedlichen Sorten. Darunter beispielsweise zwei amerikanische und eine südafrikanische. Letztere weist mit 90 Prozent einen sehr hohen Sativa-Anteil auf. Dieser führt eher zu sogenannten „Kopf-Highs“, also die Konsumenten fühlen sich eher belebt als müde. Bei einem „Körper-High“ trete eine entspannende Wirkung ein, die eher von Indica-Arten hervorgerufen werde. Das Spektrum des THC-Gehalts erstreckt sich von 18 bis 26 Prozent.

Christ betont, dass sie für den Anbau ausschließlich organischen Dünger verwenden. Mittels spezieller Lampen, die über eine App gesteuert werden können, kann zudem der Sonnenauf- und Sonnenuntergang künstlich nachgestellt werden. Die Lichtstärke wird je nach Wachstumsphase angepasst. In dieser Phase werden die Pflanzen etwa 30 Zentimeter hoch. Ihre richtige Größe entfalten die Cannabis-Pflanzen aber erst im Blüteraum. „Während der Blütephase legt die Pflanze das Doppelte bis Dreifache zu“, erläutert Christ. Übrigens: Um Fremdkörper und Bakterien von den Pflanzen fernzuhalten, richten sie eine Luftschleuse und eine Kabine zum Umziehen ein, sodass die Räume nur mit sauberer Kleidung betreten werden.

Im Blüteraum stehen zwei große Tische bereit - zwei weitere sind bei Bedarf einsatzfähig.
Lena Reuther

Im Blüteraum ist es mit 26 bis 28 Grad deutlich wärmer als in den anderen Räumen. Hier geht es nicht nur deshalb in die „heiße Phase“, wie es der 27-Jährige nennt, denn letztlich wird dort auch das Endprodukt produziert. Der Verein hat ein spezielles Klimasystem für Jungpflanzen installiert, bei dem sich die Luft sanft auf die Pflanzen legt. Die Pflanzen bleiben dort acht bis zwölf Wochen, anschließend werden die Blüten getrocknet. Während in jedem anderen Raum spezielle Lampen installiert sind, bleibt es im Trocknungsraum komplett dunkel, weil es sonst den Blüten Schaden könnte.

Um Feedback, etwa in Bezug auf die Sorten zu bekommen, hat der Vorstand einen Anbaurat eingerichtet. „Wir wollen die Mitglieder mitnehmen“, betont Christ. Derzeit hat der Social Club etwa 100 Mitglieder, überwiegend aus dem Kreis Bad Kreuznach. 1 Euro des Mitgliedsbeitrags spendet der Verein für soziale Zwecke, aktuell in einem dreimonatigen Rhythmus – zuletzt an die Tafel und das Tierheim in Bad Kreuznach. Die Mitgliederverwaltung wird über die sogenannte Hanf-App organisiert. Dort sind auch etwa die einzelnen Chargen und Pflanzen gelistet.

Auf Suche nach einem Vereinsheim

Im Moment sind die drei noch auf der Suche nach einem Vereinsheim. Vor Kurzem haben sie sich eins der Brückenhäuser in Bad Kreuznach angesehen, was aber wegen der Abstandsregelung, die sie einhalten müssen – 200 Meter zu Schulen, Spielplätzen sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen – nicht infrage kommt. Das Brückenhaus hätte ihnen gut gefallen: „Wir wollen keine Klischees bedienen und in einem dunklen Eck verschwinden“, erklärt Christ. „Jeder soll sich wohlfühlen“, fügt Spreitzer hinzu. Bereits im Gespräch mit unserer Zeitung im Juli betonte Christ, dass sie Cannabis-Konsumenten saubere Produkte bieten und sie „weg von der Straße holen“ wollen.

Blick in die Zukunft: Falls Friedrich Merz (CDU) Kanzler wird, befürchten die drei dann die Aufhebung der Legalisierung? Der Politiker hat in der Vergangenheit geäußert, die Legalisierung rückgängig machen zu wollen. „Es wäre gelogen, wenn wir sagen würden, dass wir uns keine Sorgen machen“, sagt Christ. Es stecke viel Herzblut und Arbeit drin. Besonders betonen sie auch die Unterstützung seitens ihrer Familien.

Der Appell des Social Clubs: Bevor man die Legalisierung rückgängig macht, sollte man erst mal testen, was wie gut funktioniert, finden sie. Der Verein will als Vorbild dienen, um zu zeigen, warum Cannabiskonsum erlaubt sein sollte. Zuletzt haben die drei Männer an einer Sucht-Präventionsschulung in Mainz teilgenommen. Zusätzlich möchten sie Aufklärungsarbeit betreiben, indem sie etwa im Vereinsheim Workshops anbieten.

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