Mit europäischem Selbstbewusstsein Brücken bauen! Das hörte man zum Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump als Handlungsdevise. Ach, so ist das also? Hat man das im einst weltweit beliebtesten US-Stützpunkt in Bad Kreuznach gehört? Brücken bauen! Da fangen wir mal an. Mit dem Neubau des Löwenstegs. Scherz beiseite. So einfach ist das nicht. Oder doch? Bad Kreuznach, „BK“ (Bee Kay) first. Geht nicht, gibt’s nicht.
So wie einst, als der wie eine Jeans genietete Löwensteg-Fußgängerweg über die Bahn als Verbindung von mittlerer und oberer Mannheimer Straße per Kran eingehoben wurde. Jahrzehntelang nutzten Berufsschüler den Steg, machten zu Dampflokzeiten bis Anfang der 1970er-Jahre Halt, um aus nächster Nähe den Ruß anfahrender Loks zu „schnüffeln“. Wie war das mit dem Neubau? Die Bahn hat was gegen einen Einfachbau, heißt es, weil eine höhere Durchfahrtshöhe nötig sei. Barrierefreiheit muss sein! Mehr Durchfahrtsplatz für die geplante Elektrifizierung hatte man an der Bahnbrücke der B41 (auf Höhe Michelin) damals schlicht vergessen. Macht ja nichts!

Aber die Durchfahrtshöhe bleibt Thema. Fällt deshalb die Ochsenbrücke? Machbarkeitsdebatten im Zuge der unsäglichen KH-Westtangente hatten tolle Brückenpläne von Architekten zur Folge. Alles Schnee von gestern, seit der „Ochs“ (der viel zu früh verstorbene Macher Peter Anheuser) nicht mehr da ist. Bis die Ochsenbrücke eines Tages baufällig ist und durchrostet. Sie war ein Verlegenheitsbauwerk, das als Behelfsbrücke bei Baumholder „herumlag“. Das verriet uns einst Straßenbauamtsleiter Karle. Er hatte die Ochsenbrücke entdeckt und nach Kreuznach vermittelt, wo sie bis heute trägt.
Einige weitere eiserne Brücken über die Bahn bestechen mit gleicher Bauweise. Am Bahnübergang Rheingrafenstraße gab es so ein (abgerissenes) Brücken-„Baugerüst“. BBS-Schüler sollten sie nutzen, wenn die Schranke unten ist. Streber kletterten drüber. Wer was auf sich hielt, ließ sich Zeit, kam später zum Unterricht. Ein paar Hundert Meter weiter steht noch so ein Kreiznacher Wahrzeichen: das Teufelsbrückelchen, das seine beste Zeit lange hinter sich hat.

Brücken verbinden. Das wussten die alten Römer, die in Bingen vor 2000 Jahren die Drususbrücke bauten. Die steht immer noch in Grundfesten, beherbergt gar eine Brückenkapelle – vielleicht der Grund für ihr Methusalem-Alter. Drusus ist die Ausnahme in Sachen Haltbarkeit. Einige Beispiele: Die Kreuznacher Landfuhrbrücke hat teilweise nur noch Schrottwert. Das sieht jeder, der die Unterführung zur Pfingstwiese benutzt. Noch kürzer war die Haltbarkeit (allerdings geplant) des legendären hölzernen Jahrmarktsbrückelchen. Das wurde eigens für den Rummel ins Flussbett gerammt. Für einen Groschen Brückenzoll konnte man „riwwer un niwwer“.
Viele Brücken im Naheland eint die bewegte Geschichte. Die Guldenbachbrücken an der Bretzenheimer Eremitage und die Kanalbrücke zwischen Bretzenheim und Kloningersmühle wurden vom Hochwasser ramponiert. Die Naheradweg-Brücke in Bretzenheim hält tapfer stand (bis sie mal von Treibholz weggeschwemmt wird), während die kaum 15 Jahre alte Schwesterbrücke in Gensingen seit Jahren gesperrt ist. Der Bau war ein „Holzweg“.

So wie die Sportplatz-Nahebrücke in Hochstetten-Dhaun. Die einstige Steinbrücke wurde 1945 von den Nazis gesprengt, dann mit Steinen, Stahlträgern und afrikanischem Eisenholz aufgebaut. Nach jahrelangen Renovierungsdebatten läuft an dem Baustoff-Tripple ein millionenteurer Neubau. Ein paar Kilometer weiter naheaufwärts wurde der Kirner Schillersteg von Jahr zu Jahr baufälliger im Hochwasser. Renovierungspläne wurden geschmiedet, doch zufällig stieß eine Baggerschaufel gegen den Pfeiler. Schon war geklärt: Neubau statt Renovierung.
Diskussionshilfen wie „zufälliger Abriss“ konnte man an Kreuznacher Nahebrücken nicht bringen. Nach jahrelangen Debatten, wie die Mühlenteichbrücke und die benachbarte Nahebrücke gestaltbar wären, liefen millionenteure Renovierungen an. An der Brückenhäuser-Brücke entdeckte man erst beim Asphaltieren der Straße, dass noch ein Keller drunter ist. Nun scheint es, als wäre für ein paar Jahre Ruhe. Oder nicht?

Darauf setzen Zehntausende Pendler, die die Nahebrücke in Hochstetten-Dhaun nutzen. Fast ein Jahr lang wurde die Brücke restauriert, halbseitig gesperrt und für den Schwerverkehr tauglich gemacht. Dann kam die Umgehung Hochstetten, eine Abfahrt Richtung Steinbruch wurde vergessen und plötzlich stand die Nahebrücke „falsch“. Der Kurvenradius war wegen der schnell eingezeichneten Steinbruch-Ausfahrt zu eng. Ups, kann passieren.

So wie bei der Kieselbrücke in Kirn. Zu enger Kurvenradius und falscher Straßenbelag sorgten für Unfälle in Serie. Die millionenteure neue benachbarte Fußgängerbrücke an der Stelle, wo einst die Nahebrücke am Bahnübergang den Kirner Verkehr zum Erliegen brachte, wird selten genutzt. Dafür öfter verschmutzt.
Auch in Kirn gab es eine Art „Jahrmarktsbrückelchen“: Ein Holzsteg auf Höhe der MTB-Tankstelle, den viele als Radwegbrücke wiederbeleben würden. Das käme zu teuer. In Notzeiten nach dem Krieg machte man nicht so viel Federlesens, der Zweck heiligte die Mittel. So wie der Nahe-Steg in Kirn zwischen Meckenbacher Weg und Industriestraße. Ein Knüppeldamm war’s. So wie er in Köln über den Rhein führte.
Mein Vater erzählte mir, dass Männer die Frauen auf den Armen über den Behelfs-Bohlensteg trugen, und die Rheinwellen die Knöchel überspülten. Die Kölner Brücken wurden neu aufgebaut - andere Rheinbrücken wie die Binger Bismarckbrücke 80 Jahre nach der Sprengung nicht. Seit Kriegsende dümpeln die Pfeilerreste, die Enten baden drumherum. Ein Neubau scheitert, weil die Wasservögel des Europa-Reservats sich den Kopf beim Fliegen stoßen könnten, sagt der Naturschutz. 130 Rheinkilometer zwischen Mainz und Koblenz ohne Brücke? Viele empfinden das als „Narrativ“ – ein Faschingsscherz?

Auch modernen Spannbeton-Bauwerke glänzen nicht durch Haltbarkeit. Man nehme die Talbrücken der A61, die bei Rheinböllen seit Jahrzehnten saniert werden. Dabei gibt’s gute Beispiele Brückenbau-Ingenieurskunst wie den Hochmosel-Übergang oder die Hunsrücker Hängeseilbrücke Geierlay. Da müsste zum Geier der Löwensteg in neuem Glanz erstehen und es dürfte nicht ein Jahr dauern, bis das Guldenbach-Brückelchen (B48) zwischen Bretzenheim und Langenlonsheim fertig ist. Das THW hätte eine Einspur-Behelfsbrücke legen können, damit wenigstens PKW-Fahrer zum Einkauf-, Arzt oder Apothekenbesuch keinen 20-Kilometer-Umweg fahren müssen. Aber das war zu viel verlangt. Oder nicht?