Jetzt könnte Abstufung zum MVZ drohen - Müllers erinnern an "Bestandsgarantie"
Bleibt das Krankenhaus? Lauterbachs Klinikreform lässt Kirner Bürgerinitiative aufhorchen
Legen sich seit Jahren für ihr Krankenhaus ins Zeug: die Kirner, die auf allen Ebenen versuchen zu retten, was zu retten ist. Dieses Bild entstand bei der Krankenhausdemo im August 2019. Zwei Wochen später kam die Bestandsgarantie der Landesgesundheitsministerin. Foto: Armin Seibert (Archiv)
Armin Seibert

„Kein Krankenhaus darf mehr schließen!“, fordert Klaus Emmerich vom bundesweiten „Bündnis Klinikrettung“. Auf den ersten Blick scheint diese Forderung des Bündnisses, dem die BI „Rettet das Kirner Krankenhaus“ angehört, mit Minister Heiner Lauterbachs Klinik-Reformvorschlägen übereinzustimmen.

Doch die Kirner BI im Krankenhausförderverein (400 Mitglieder) um Ellen und Michael Müller sehen eine große Gefahr. Eine Abstufung zu einem größeren MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) könnte drohen. Deshalb forderte die BI schon vor Wochen (beim Handwerker- und Bauernmarkt Anfang Oktober) in einem Brief an Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) die Erneuerung der von dessen Vorgängerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler gegebenen Bestandsgarantie für Kirn.

Einige Fallstricke für Level 1

Schon lange sei durch interne Kanäle des Bündnisses Klinikrettung in Berlin klar gewesen, was Minister Lauterbach vorhat, sagt Michael Müller auf Nachfrage. Weil die Klinikreform aber step by step im Januar 2023 beginnen soll, sei es höchste Zeit mit der Bestandsgarantie. Im Grunde sei das Krankenhaus Kirn durch die Lauterbach-Novelle positiv zu bewerten, sagen Müllers. Das Krankenhaus würde in ein Haus der Grundversorgung eingestuft und müsse so nicht mehr über die umstrittenen Fallpauschalen abrechnen.

Das heißt: Medizinische und pflegerische Basisversorgung wie grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle werden hier geleistet. Level 2 (Regel und Schwerpunktversorgung) und Level 3 (Maximalversorgung wie an Uni-Kliniken) kämen für Kirn nicht in Betracht. Allerdings gebe es bei Level 1 einige Fallstricke, sagt Michael Müller. Denn es werde eine 24/7-Besetzung (24 Stunden an sieben Tagen) im Notfallbereich gefordert. Da liege der Hase im Pfeffer, und da befürchte auch das Bundes-Bündnis Klinikrettung um den langjährigen Klinikleiter Klaus Emmerich die Abstufung von bis zu 600 Kliniken zum MVZ. Kirn wäre eines davon.

Das Bundesministerium sagt zwar, dass Krankenhäuser des Levels 1 eine besondere Bedeutung hätten, weil sie die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung garantierten. Sie werden aber unterteilt in Krankenhäuser mit Notfallversorgung (Level 1/N) und solche, die integrierte ambulant/stationäre Versorgung anbieten (Level 1/I). Ihnen soll eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Überwindung der häufig noch stationär-ambulant getrennten Gesundheitsversorgung zukommen. Deshalb empfiehlt die Regierungskommission, sie Sektoren übergreifend zu planen, sie vollständig aus dem DRG-System (Fallpauschalen) herauszunehmen und über Tagespauschalen zu vergüten.

Belegung ist aktuell gut

Der Haken: Sie soll durch gesetzliche Änderungen unter pflegerischer Leitung stehen können. Aus dem Kirner Krankenhaus würde ein MVZ, folgert die BI daraus. Bislang untrennbar verknüpft ist das Kirner Diakonie-Krankenhaus mit der Zentrale in Bad Kreuznach. Aktuell ist die Belegung in Kirn gut, es gibt teils ein halbes Dutzend Operationen an einem Tag.

Noch immer ein Thema ist der Sicherstellungsbeitrag durch die Kassen. Weil Bad Kreuznach und Kirn bislang als Einheit galten und das Auseinanderrechnen der Leitungen auch wegen der personellen Verknüpfungen problematisch ist, erhält Kirn von Januar an eine eigene ID-Nummer, die die Zuteilung des Sicherstellungsbeitrags erleichtern soll. Die medizinische Versorgung des Kirner Landes, angefangen von Rettungswachen-Renovierung oder -Neubau, Hausarztversorgung, Notfalldienst bis hin zum Krankenhaus würde jedenfalls durch die Erneuerung der Bestandsgarantie als unverzichtbares Krankenhaus deutlich aufgewertet, argumentiert die BI „Rettet das Kirner Krankenhaus“ und wünscht sich klare Rückendeckung durch die Landespolitik.

Brandbrief an Gesundheitsminister

In einem neuerlichen Brandbrief an Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) fordert die Bürgerinitiative „Rettet das Kirner Krankenhaus“ auch von Landrätin Bettina Dickes, VG-Bürgermeister Thomas Jung und Stadtbürgermeister Frank Ensminger die unmissverständliche Zusage, „dass es in Kirn eine dauerhaft stationäre chirurgische und internistische Grundversorgungund eine 24-stündige Notfallversorgung geben muss“.

Das hatte Hochs Vorgängerin und Parteikollegin Sabine Bätzing-Lichtenthäler am 4. September 2019 als Folge der Demonstration vor dem von einer Schließung oder deutlich reduzierten Betriebs bedrohte Krankenhaus zugesagt.

Trotzdem sei man besorgt, dass durch Vorgaben der Krankenhausreform das Kirner Krankenhaus doch noch eines Tages geschlossen werde. Der klare Appell der Unterzeichner an den Minister: „Stärken Sie die Position des Trägers und somit auch unsere im Kampf um das Fortbestehen des Kirner Krankenhauses und bestätigen die Zusage ihrer Vorgängerin.“

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