Michael Altmoos vom Naturmuseum Staudernheim kennt sich mit den Bedürfnissen der Falter aus
Biergarten für Falter: Warum Schmetterlingsflieder gar nicht gut für Schmetterlinge ist
Im Staudernheimer Schmetterlingsgarten gibt es auch unbekanntere Arten wie den Schachbrettfalter.
Silke Jungbluth-Sepp

Überall in den Gärten blühen in diesen Tagen die Sommerflieder, botanisch Buddleja. Weil oft ganze Schmetterlingsscharen um die lilafarbenen Blüten tanzen, wird der Strauch auch Schmetterlingsflieder genannt. Doch anders als es scheint, sind Buddleja im Garten für die bunten Falter eher schädlich.

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Daher findet man im Schmetterlingsgarten der Naturmuseums „Nahe der Natur“ in Staudernheim konsequenterweise kein einziges Exemplar dieser Pflanze. Obwohl Buddleja wegen ihrer großen Anziehungskraft auf Falter wie ein Schmetterlingsparadies wirken, sind sie alles andere als das, weiß Michael Altmoos, der das Naturparadies in einem alten Steinbruch oberhalb des Barfußpfads gemeinsam mit seiner Frau Ursula angelegt und zu einem offenen Ort für Besucher gestaltet hat.

„Schmetterlingsflieder sind wie ein Biergarten für Falter. Sie bekommen dort nur billigen Nektar, aber nicht das, was sie tatsächlich brauchen.“

Michael Altmoos

Wasserdost, links im Bild, ist eine hervorragende Schmetterlingspflanze, sagt Biologe Michael Altmoos. Auch die Distelart Wilde Karde, in der Bildmitte, ist eine Alternative zum Sommerflieder.
Silke Jungbluth-Sepp

„Schmetterlingsflieder sind wie ein Biergarten für Falter“, beschreibt er. „Sie bekommen dort nur billigen Nektar, aber nicht das, was sie tatsächlich brauchen.“ Hinzu kommt, dass die wegen des betäubenden Dufts beduselten Schmetterlinge oft unvorsichtig werden, dort mit ausgebreiteten Flügeln sitzen – und damit zu einem Buffett für Vögel werden. Darüber hinaus hat Buddleja für die meisten Schmetterlingsraupen nichts zu bieten, so dass diese auf geeignete andere Pflanzen in der Umgebung angewiesen sind.

In der Schweiz als invasive Art verboten

Und schließlich gehört die ursprünglich aus China stammende Pflanze zu den invasiven Arten, die sich in wärmeren Gegenden Europas immer stärker aus den Gärten auswildert, sich stark in der Natur verbreitet und wertvolle heimische Arten verdrängt. Die Schweiz hat bereits reagiert und vor einiger Zeit ein Verkaufsverbot für Sommerflieder und ebenso für die bei uns ebenfalls sehr beliebten Kirschlorbeersträucher erlassen. In einigen Regionen sind Gartenbesitzer zudem dazu aufgefordert worden, diese Pflanzen zu entfernen, wie Altmoos berichtet.

„Schmetterlingsflieder sind also eher ein Showeffekt für uns, aber nichts für die Falter.“

Michael Altmoos

„Schmetterlingsflieder sind also eher ein Showeffekt für uns, aber nichts für die Falter.“ Trotzdem ist der Naturschützer und studierte Biologe nicht dogmatisch: „Wer einen Sommerflieder im Garten hat und mag, soll ihn stehen lassen.“ Aber die Pflanzen sollten unbedingt durch heimische Arten ergänzt werden, mit denen die Falter etwas anfangen können. „Ganz wichtig sind auch ein paar kleine wilde Ecken in den Gärten.“

Schmetterlingsflieder (Buddleja) findet sich in vielen Gärten.
Silke Jungbluth-Sepp

Und welche Pflanzen können Hausbesitzer auswählen, wenn sie aus ihrem Garten ein Schmetterlingsparadies machen wollen, das seinen Namen verdient? Da gibt es laut Michael Altmoos allerlei Alternativen, die auch im Staudernheimer Schmetterlingsgarten angeschaut werden können, in dem sich zur Mittagszeit Hunderte Falter in der Sonne tummeln.

Wasserdost und Wilde Karde

Zum Beispiel gibt es dort Wasserdost-Sträucher. Sie haben große Blütendolden in rosa-lila-Farbtönen, werden ebenfalls übermannshoch und kommen anders als der Name vermuten lässt, auch mit wenig Wasser zurecht.

Ist es im Garten sehr trocken, ist auch die Wilde Karde, eine Distelpflanze, ein guter Tipp, ebenso andere heimische Distelarten. Auch wilder Oregano, der kniehoch wird, passt in einen solchen Garten. Oder Nachtkerzen, deren gelbe Blüten sich erst in den Abendstunden entfalten. Heckenkirsche, Haselnuss, Weißdorn, Liguster – und wenn der Platz reicht – auch Salweide, Eiche und Wildobstbäume sind Pflanzen, die für die Schmetterlingsraupen wichtig sind.

Auf der Liegeweise des Museums hat das Ehepaar Altmoos kleine Bereiche beim Mähen ausgespart. Dort siedeln sich Pflanzen an, die zur Heimat für Falter und andere Insekten werden.
Silke Jungbluth-Sepp

Denn ohne Raupen, betont Michael Altmoos, gibt es auch keine Schmetterlinge im Garten. Auch Hummeln, Bienen und andere Tiere profitieren davon. Er plädiert zudem dafür, Rasen nicht komplett abzumähen, sondern beispielsweise in Kreisförmigen oder herzförmigen Bereichen die Gräser und Wiesenblumen einfach wachsen zu lassen. Im Laufe der Zeit siedeln sich in diesen Feldern ganz von selbst und kostenlos Pflanzen an, die für Schmetterlinge und ihre Raupen nützlich sind.

Wilde Ecken in den Gärten sind wichtig

„Wir wollen natürlich niemandem vorschreiben, was er in seinen Garten pflanzt“, betont der Naturschützer. Er ärgere sich aber, wenn den Leuten vorgegaukelt werde, sie würden mit den Buddleja-Sträuchern etwas Gutes für die Natur tun. „Denn das stimmt nicht.“

Auch Lavendel und der echte Flieder seien nicht so vorteilhaft, wie es oft dargestellt werde. Zugleich kann er verstehen, wenn man diese attraktiven Gewächse im Garten haben will. „Ich liebe meinen Flieder auch und lasse ihn mir nicht nehmen“, verrät er. Wichtig sei, sie durch Pflanzen mit reichem Blüten- und Nektarangebot und Möglichkeiten zur Überwinterung der Puppen zu ergänzen.

Ein weiterer Tipp von ihm, um Eiern, Puppen und Raupen Überlebensmöglichkeiten zu geben: Niemals alle Sträucher und Büsche im Garten auf einmal und radikal zurückschneiden, sondern nur einzelne Pflanzen und auch nur schrittweise. So hängen oft Puppen an den Außenzweigen von Hecken, denen zu radikalen Schnitte den Garaus machen. Überhaupt gilt laut Altmoos: „Nicht zu viel aufräumen im Garten“. Und den Garten nach einer Faustregel erst ab der zweiten Aprilhälfte für den Sommer in Form bringen machen. „Im März lieber noch eine Tasse Tee trinken und abwarten, auch wenn es schon in den Fingern juckt“, rät er Gartenbesitzern.

Denn was nütze ein schöner Garten mit schönen Pflanzen, wenn es dort keine Tiere gibt? Solche entfaunisierten Grundstücke fänden sich in vielen Wohnsiedlungen – obwohl schon kleine Tricks helfen könnten, Gärten zur Heimat für Falter und Insekten zu machen.

Wo sich Schmetterlinge wohlfühlen, gibt es auch andere Gartengäste.
Silke Jungbluth-Sepp

Dass Altmoos Biologe geworden und sich dem Naturschutz verschrieben hat, auch das liegt an den Schmetterlingen. Schon in seiner Kindheit in Mannheim faszinierten sie ihn, weil sie so zart und so vielfältig sind. Als er dann gemeinsam mit seiner Frau in den Alpen Bergwiesen mit unzähligen Faltern entdeckte und sich fragte, warum es in unseren Breiten kaum noch Schmetterlinge gibt – da war sein Interesse endgültig geweckt und einer der Schwerpunkt für das Naturmuseum gelegt. Dort sind Besucher herzlich eingeladen, sich im Schmetterlingsgarten umzuschauen und sich zu informieren, wie ein Garten zu einem guten Lebensraum für die zarten Falter wird.

10.000 Besucher jährlich

Michael und Ursula Altmoos haben ihr Naturschutzmuseum in einem 7,6 Hektar großen ehemaligen Steinbruch 2012 eröffnet und stetig ausgebaut. Inzwischen gehören auch ein Hofcafé und eine Ausstellung im Hauptgebäude dazu. Kamen anfangs nur 300 Besucher täglich, so sind es heute 10 000 – Tendenz weiter steigend. Neben dem Schmetterlingsgarten haben sie einen schattigen Moosgarten angelegt, der zu den Hauptanziehungspunkten gehört. sjs

Kontakt: Museum Nahe der Natur, Schulstraße 47, in Staudernheim, www.nahe-natur.com oder Telefon 06751/8576370

So sieht das Schmetterlingsgarten-Paradies in Staudernheim aus.
Silke Jungbluth-Sepp

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