Tritt Ende des Monats (27./28. Mai) der Stadtrat in seiner Doppelsitzung zusammen, dürften das lange Abende für die ehrenamtlichen Stadträte und den Stadtvorstand werden. Zwar existiert noch keine Tagesordnung, aber orientiert man sich allein daran, was man alles am Donnerstagabend in der Sondersitzung nicht beschließen konnte und nun im Stadtrat nachholen möchte, schwant einem Böses.
Unten auf dem Kornmarkt tobten die Feierwütigen auf dem Feierabendmarkt, vier Stockwerke darüber tat sich der Finanzausschuss mit einigen Tagesordnungen plötzlich schwer. Der Dominostein, der die Finanzplanung der Stadt und die Beschlussfolge in den Gremien ins Fallen und damit durcheinandergebracht hat, war der offensichtlich über Nacht entstandene Beratungsbedarf in Sachen Bettensteuer. Es hatte schon etwas von politischem Umfallen: Mit Manfred Rapp (CDU) und Patrick Bruns (FDP) sprachen sich gleich zwei Fraktionschefs, beide bilden mit der SPD die frisch gegründete Partnerschaft für Bad Kreuznach, für eine Vertagung aus, was auch einstimmig beschlossen wurde.
Bei dieser Abstimmung enthielt sich Kämmerer Thomas Blechschmidt (CDU) im Beisein von Oberbürgermeister Emanuel Letz (FDP). Denn der Kämmerer sah nur ungern zu, wie seine Finanzplanung in Stücke zerbrach. Ohne die Einnahmen aus der Bettensteuer, keine Einlage der notwendigen 1 Million Euro in die BGK (Gesellschaft für Beteiligungen und Parken in Bad Kreuznach mbH) und damit auch keine über einen Weisungsbeschluss umgesetzten Zustimmung zum Wirtschaftsplan der BGK, der den Betrieb von Crucenia-Thermen und Bäderhaus sicherstellt. Damit fiel auch die Neufassung der Ansätze im städtischen Haushalt ins Wasser. Apropos städtischer Haushalt: Auch dem Letzten dürfte klar geworden sein, dass, egal, wie sehr sich die Stadt abstrampelt, das Defizit von 19,2 Millionen Euro im besten Fall auf 17,9 Millionen Euro gedrückt werden kann.

Dehoga kritisiert Kreuznacher Bettensteuer-Pläne massiv
Die Hoteliers sagen: Lieber eine Stadt ohne Crucenia-Therme und Bäderhaus als für deren Finanzierung zu Kasse gebeten werden. Zudem regt Dehoga-Chef Gereon Haumann an, die Existenz der GuT zu überdenken.
Es dürfte kaum Zufall gewesen sein, dass einen Tag vorher der Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) Rheinland-Pfalz öffentlichkeitswirksam zum Sturm gegen die Bettensteuer geblasen hatte. Diese sollte die Hoteliers 5 Prozent vom Übernachtungspreis kosten. Dagegen positionierte man sich eindeutig. Den Protestbrief (Tenor: Lieber Badeeinrichtungen dicht als Bettensteuer zahlen) an die Stadtspitze haben alle renommierten Beherbergungsbetriebe der Stadt unterschrieben – inklusive des Kurhauses. Das einzige Hotel im Übrigen, dessen Gäste sich über kostenlosen Eintritt in die Thermen freuen können.
„Wir schließen den Zugang des Kurhauses zu den Crucenia-Thermen sofort.“
Patrick Bruns, FDP-Fraktionschef
Das kam vor allem bei Patrick Bruns nicht gut an. „Ich war erschrocken, dass das größte Hotel am Platz mit unterzeichnet hat. Bitte notieren Sie sich: Wir prüfen den Erbbaurechtsvertrag und schließen den Zugang zu den Thermen sofort. Künftig können die Gäste dann den normalen Eingang benutzen und bezahlen“, forderte er. Kay Maleton (Liste Faires Bad Kreuznach) betonte, dass es die eigene Liste gewesen sei, die den Vorschlag zur Bettensteuer gemacht habe. Nach den Berechnungen von GuT-Chef Michael Vesper könnten es um die 290.000 Übernachtungen sein, die bettensteuerpflichtig wären.

Im Vorfeld hatte Thomas Blechschmidt beklagt, dass Haumann die Stadt aufgefordert hatte, die Existenz der defizitären GuT (Gesundheit- und Tourismus für Bad Kreuznach) zu überdenken. „Ich kann die sachliche Diskussion gut nachvollziehen und verstehe die Dehoga. Ich kann aber nicht akzeptieren, wenn hier über die Schließung von städtischen Gesellschaften gesprochen wird.“

Besagte GuT nimmt nun Einsparungen beim Posten Gradierwerkspflege vor. Der geborene Verlustbetrieb der Stadt erhält statt 1,9 Millionen Euro Kapitalzuführung künftig nur noch 1,7 Millionen. „Die Gegenfinanzierung der vorgenannten Reduktion soll über eine Verminderung der Unterhaltungsaufwendungen der Gradierwerke erfolgen“, heißt es in der Vorlage. „Es wird sichtbare Unterhaltungsmängel geben, und einige Werke werden etwas länger Not leidend bleiben“, formulierte Michael Vesper. Das kritisierte Kay Maleton. Er, Andrea Manz und Juliane Rohrbacher (Die Grünen) stimmten ebenso dagegen. Langfristig sei die Verkürzung des gesamten Volumens der Gradierwerke weiterhin denkbar.
Die Erhöhung der Grundsteuer, die der Finanzausschuss mit 13 Ja- bei fünf Neinstimmen (AfD, Faire Liste, Freie Wähler und FWG) beschlossen hat, muss nun der Stadtrat noch finalisieren. U nbebaute Grundstücke und bebaute Wohngrundstücke werden künftig mit 650 von Hundert (v. H.), bebaute Nichtwohngrundstücke (also Gewerbeeinheiten) mit 1.300 v. H. – statt vormals 550 v. H. – besteuert. Damit setzt die Stadtverwaltung die differenzierten Hebesätze um.
Ist der steuerliche Querverbund ohne die Stadtwerke denkbar?
Gilt die städtische Holding BGK selbst als Energieversorger? Kann man den steuerlichen Querverbund nur aufrechterhalten, wenn die Stadtwerke Teil davon sind? Die Fragen rund um den nur schwer durchdringbaren Konzern- und Beteiligungsdschungel beschäftigt die Stadtpolitik. Juliane Rohrbacher (Die Grünen) hatte es bereits in der letzten Finanzausschusssitzung andiskutiert und wiederholte nun ihr Anliegen. Die Neuaufstellung dieser Verflechtungen steht an. „Uns fehlt hier im Stadtrat die Grundlage, um diese Entscheidungen in ihrer Tragweite begreifen zu können. Wenn man solche Konstrukte für die Zukunft festsetzt, muss man die einzelnen Interessenslagen kennen“, formulierte Juliane Rohrbacher. Immerhin: Den Gewinnabführungsvertrag der Stadtwerke will man nun den Stadträten und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.