Im Januar 2021 ging in dieser Sache ein Verfahren vor dem Landgericht Bad Kreuznach zu Ende, bei dem zwei 27 und 29 Jahre alte Männer aus Nordrhein-Westfalen wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs zu Freiheitsstrafen von drei Jahren und neun Monaten, beziehungsweise zu fünf Jahren verurteilt wurden. Gegen dieses Urteil hatten sowohl die Verteidiger als auch die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.
Am Montag begann nun der Prozess gegen die beiden Angeklagten erneut, die ihre Haftstrafen inzwischen verbüßt haben. Die Neuauflage vor der vierten Strafkammer mit der Vorsitzenden Richterin Claudia Büch-Schmitz musste allerdings schon am ersten Tag und nach wenigen Minuten für die Fortsetzung unterbrochen werden, da ein Verteidiger erkrankt war.
800 Euro in den Kosovo
Das Verfahren war ursprünglich bei der Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach gelandet, weil eine der geschädigten Personen aus der Verbandsgemeinde Birkenfeld stammt. Die Seniorin hatte kurz vor dem betrügerischen Anruf tatsächlich Lose bei einer bekannten Glücksspielgesellschaft gekauft und schöpfte daher keinen Verdacht. Sie folgte gutgläubig den Anweisungen des Anrufers und kaufte Rubbellose bei einem Internetportal, gab die Codenummern an die Betrüger weiter und transferierte damit 800 Euro in den Kosovo.
Dieser Vorgang wiederholte sich mindestens noch zweimal, nachdem die Frau bereits Anzeige bei der Polizei erstattet hatte. Sie händigte zudem einem Boten der Bande 50.000 Euro Bargeld aus.
Als Kuriere tätig
Ursprünglich waren in dem Verfahren drei Männer angeklagt, die in Deutschland für das Betrugskartell als Kuriere tätig waren. Der Fall eines damals 21-jährigen Syrers wurde schon im November 2020 von dem Verfahren abgetrennt. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt.
Im November 2020 gelang den Ermittlern auch die Zerschlagung des Callcenters im Kosovo, das offenbar mehrmals verlegt worden war. Die Staatsanwaltschaft im Kosovo durchsuchte 13 Objekte und nahm neun Tatverdächtige fest. Für den 29-Jährigen hatte die Staatsanwaltschaft 2021 eine Haftstrafe von achteinhalb Jahren gefordert.
Personen gezielt ausgewählt
In fast allen Fällen waren ältere Menschen zu Opfern des Betrugs geworden. Gezielt hatten die Anrufer Personen aus dem Telefonbuch ausgewählt, deren Vornamen hauptsächlich bei der älteren Generation vertreten sind. Die Anrufer gingen geschickt zu Werk. Ihre Identität verschleierten sie mit gefälschten Nummern. Sie sprachen meist akzentfreies Deutsch und setzten ihre Opfer mit fortgesetzten Anrufen unter Druck. In vielen Fällen lösten sie eine tragische Wende im bis dahin gut geregelten Lebensabend der Senioren ein.
Die Aussicht auf eine große Gewinnsumme, die vermeintlich aller Sorgen enthebt, ließ viele Opfer buchstäblich ihr letztes Hemd versetzen. Einige wurden ihr gesamtes Barvermögen los, andere verschuldeten sich, und in einem Fall wurde eine Betrogene selbst zur Täterin. Sie arbeitete auch als Kurierin für die Bande, nachdem sie ihr eigenes Guthaben und das Geld ihrer Angehörigen der Bande ausgeliefert hatte. Das Verfahren wird am Montag, 4. November, fortgesetzt.