So voll war es bei einer Ratssitzung in der alten Schule in Hennweiler schon Jahre nicht mehr. Schließlich barg die vorweihnachtliche Tagung einigen Zündstoff. In der Einwohnerfragestunde wurde es wie erwartet und teils befürchtet persönlich.
Informationsbedarf gab es für die meisten Zuhörer nicht aufgrund der Tagesordnung, sondern eher wegen der durch ein Flugblatt verbreiteten Vorwürfe gegen Ortsbürgermeister Michael Schmidt und seine Familie. Ein damit zusammenhängendes Thema, die Baupläne seines Sohnes für ein Wohnhaus und eine Halle für den 300-Hektar-Landwirtschaftsbetrieb, wurden einstimmig von der Tagesordnung genommen. Es fehlten Verwaltungsunterlagen.
Prekäres Thema vertagt
Was blieb, war die zum 1. Januar 2024 seitens der Landesregierung verpflichtende Umstellung bei den Straßenausbaubeiträgen auf wiederkehrende Beiträge. Hier plädierte der Ortsbürgermeister nach längerem Vortrag von VG-Bauamtsmitarbeiter Jahn Threin auf Vertagung bis zum Zeitpunkt, wenn tatsächlich eine Straße in Hennweiler ausgebaut werden soll.
Hennweiler gehört in der VG Kirner Land zu den Vorzeigegemeinden. Kita und Grundschule, Glasfaserversorgung, Dorfladen, gute Infrastruktur, intaktes Vereinsleben mit 24-Stunden-Wanderevent: Das Dorf, in dem Michael Schmidt schon 20 Jahre Ortsbürgermeister ist, hat die Fusionsmitgift des Landes ...Kommentar zu den Vorwürfen an Ortsbürgermeister Michael Schmidt: Sich die Hand geben
Threin erklärte die Unterschiede zwischen bisheriger Abrechnung und künftiger solidarischer Kostenbeteiligung und machte an einer Beispielrechnung klar, dass bisher Anlieger der betreffenden Straße viel zahlten, künftig aber alle im einzigen Hennweilerer Abrechnungsgebiet herangezogen werden. Wer kürzlich erst zahlte, der wird verschont.
Allerdings werde der Gemeindeanteil auf rund 25 Prozent sinken. Bisher waren es teils 60 Prozent. Da die meisten Straßen in Hennweiler ausgebaut sind, sei in nächster Zeit nichts zu befürchten. Verlierer der neuen Regelung seien Kreisstraßenanwohner, die künftig für Nebenstraßen mitzahlen müssen. Bisher wurden sie nur für Gehwege und Straßenbeleuchtung belastet.
Neue Straßenreinigungssatzung
Einstimmig wurde die neue Straßenreinigungssatzung beschlossen. Künftig darf wieder Salz verwendet werden. Wenn es im Ort hinsichtlich Reinigung und Heckenschnitt viele nicht genau nehmen, muss die VG-Ordnungsverwaltung ran. Das habe sie in einigen Fällen auch getan, merkte Michael Schmidt an.
Zu den Debatten im Dorf über seine Amtsführung, unter anderem über Vorwürfe, er habe Entscheidungen am Rat vorbei getroffen, Fotovoltaikanlagen verschandelten die Landschaft, und der Umgang mit dem langjährigen Gemeindearbeiter sei ein Skandal, verlas Schmidt eine Erklärung. Darin wies er die von einer Initiative um Neubürger Dieter Kissel thematisierten angeblichen Fehler und Unterlassungen teils als Worthülsen und Verleumdungen, Hetze und Neid und teils erwiesenermaßen als schlicht falsch zurück.
Man könne über alles reden und müsse nicht hinter der Hecke diskutieren, so der Ortsbürgermeister. Jeder dürfe sich 2024 wählen lassen. In Sachen Windkraft habe er Privatinitiativen eher noch gebremst, er mache sich VG-weit für Solaranlagenerlöse an Dörfer ohne eigene Flächen stark. Für Hennweiler seien das 70.000 Euro im Jahr. 5 Prozent Flächenverbrauch seien angesichts der Energiekrise vertretbar, seien kein Mammutprojekt und keine Landschaftsverschandelung.
Keine Ton- und Handyaufzeichnungen!
Gleich zu Beginn der Sitzung hatte Schmidt klargemacht, dass Tonaufzeichnungen und Handyaufnahmen untersagt seien, dass in der Einwohnerfragestunde Fragen und Antworten und keine Generaldebatte angesagt seien. Als sich Kissel aus dem Nebenraum meldete und zur Begrüßung ansetzte, statt zu fragen, war das der Auftakt einer turbulenten Viertelstunde.
Kissel fragte, ob Schmidt Einfluss auf die Formulierung von Ratsprotokollen genommen habe. Das wies der Ortsbürgermeister vehement zurück und fragte seinerseits, ob Kissel allen Beteiligten Unregelmäßigkeiten vorwerfen wolle. Es ging um die Planung des Wohnhauses und der Halle von Schmidt-Sohn Jan, für die ein Bebauungsplan in Arbeit sei. Die Baugenehmigung sei ohne Zutun des Rates möglich und üblich, weil die Kreisverwaltung für privilegierte landwirtschaftliche Vorhaben zuständig sei.
Genehmigung längst erteilt
Die Genehmigung sei längst erteilt, aber man habe dennoch, um nicht den Eindruck zu erwecken, etwas zu verheimlichen, den Weg über die Bebauungsplanung gewählt und das kommuniziert, jedenfalls niemand hintergangen. Kissel wollte das so nicht gehört haben. Schmidt betonte, er habe in 25 Jahren seiner kommunalpolitischen Tätigkeit stets demokratische Regeln eingehalten, und in all den Jahren seien die Ratssitzungen immer für alle zugänglich gewesen. Nie habe es außerdem einen Antrag auf Einwohnerversammlungen gegeben.
Dann kam die auch in unserer Zeitung thematisierte Kündigung des Gemeindearbeiters und Ratsmitglieds zwei Tage vor Weihnachten 2022 mit dessen anschließender Klage zur Sprache. Diese Aktion habe die Gemeinde gespalten, so etwas gehe gar nicht, wieso das überhaupt in der Zeitung stehe, wollte eine Bürgerin wissen. Die Argumente gingen hin und her.
Wer hat den Prozess gewonnen?
Es wurde schließlich persönlich zwischen dem angegriffenen Ortsbürgermeister und dem gekündigten Ratsmitglied. Da ging es etwa darum, ob die Gemeinde den Prozess gewonnen habe oder der Gekündigte. „Wer hat denn die Gerichtskosten bezahlt?“, fragte Schmidt. „Die Gemeinde jedenfalls nicht.“ Ratsmitglied Wagner wollte das Urteil verlesen. Doch das unterband Schmidt und schloss die öffentliche Sitzung, ehe es nicht öffentlich wieder um Personalentscheidungen ging.
Die Personalentscheidung von 2022 war draußen weiter Thema. So könne man das nicht machen, meinten die einen, „watschten“ die Berichterstattung laut ab. Die andere Seite, die die Leistung Schmidts für seine Gemeinde in den Vordergrund stellte und ihm kleine Fehler, wie sie jeder mache, nachsah, erwartet nun logischerweise von der Gruppe um Dieter Kissel nächstes Jahr bei der Kommunalwahl eine Liste und einen Ortsbürgermeistervorschlag.