Antikes Glas in der Römerhalle
Bad Kreuznachs Glasschätze aus der Römerzeit
Diese dünnwandige Schale aus transparentem blauen Glas, aufwendig gestaltet mit Rippenstruktur und aufgelegtem Faden, wurde in einem Gräberfeld am heutigen Schwabenheimer Weg in Bad Kreuznach gefunden. Sie wurde vermutlich in der ersten Hälfte bis Mitte des 1. Jahrhunderts in Oberitalien hergestellt.
W.P. Lhotzky, Museum Römerhalle

Es sind ganz zerbrechliche Stücke, trotzdem haben sie Jahrtausende überdauert: Im Museum Römerhalle finden sich interessante Glasobjekte aus der keltischen, römischen und fränkischen Zeit.

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Mit den Römern kamen Glasgefäße und das Know-how der Glasproduktion nach Mitteleuropa. Im Museum Römerhalle in Bad Kreuznach sind daher teils kunstvolle Gläser zu sehen, die sich durch römische Bestattungsriten in Steinsarkophagen erhalten haben. Die Bad Kreuznacher Archäologin Gabriele Harter hat einen Bestandskatalog der Glasobjekte erstellt, der den Besuchern des Museums Informationen liefert.

Ein keltischer Armreif verschwand 1969 aus einer Vitrine des damaligen Karl-Geib-Museums in der Kreuzstraße. Von diesem ungelösten Kriminalfall hatte Gabriele Harter in einem Vortrag 2024 berichtet.
Archiv Christine Jäckel. Christine Jäckel

Diebstahl im Museum

Die erhaltenen Fundstücke erlauben Einblicke in das alltägliche Leben der Menschen dieser Zeit. Glas kannten auch schon die Kelten, aber in einfachen Produkten wie Glasperlen und nahtlosen Armringen aus Glas. Dabei ist aus der Bad Kreuznacher Museumsgeschichte auch ein ungeklärter Diebstahl eines keltischen Armreifs bekannt. Das nahtlose Schmuckstück aus blauem Glas war eine Grabbeigabe für eine keltische Frau. Ihre letzte Ruhestätte wurde bei Grabungen an der Alzeyer Straße entdeckt. Der gläserne Armreif verschwand am 29. August 1969 aus einer Vitrine im damaligen Karl-Geib-Museum in der Kreuzstraße. „Erste Glasfunde gibt es aus dem dritten Jahrtausend vor Christus in Mesopotamien und Ägypten. Glas ist wohl zufällig erfunden worden, vermutlich bei der Metallbearbeitung“, erläutert die Wissenschaftlerin.

Die Bad Kreuznacher Archäologin Gabriele Harter hat die antiken Glasobjekte in der Römerhalle katalogisiert.
Christine Jäckel

Die Fundstücke in der Römerhalle dokumentierten auch Entwicklungssprünge: Eine hellblaue Schale aus einem  Kreuznacher Gräberfeld Mitte des ersten Jahrhunderts nach Christus. Dieses Glas ist nicht transparent. „Die späteren römischen Glasprodukte waren durchsichtig, in der Spätantike gab es noch einmal opakes Glas, aber es war eher selten“, erklärt Harter. Für das daneben ausgestellte Objekt, eine Rippenschale aus dünnwandigem, transparentem Glas in kräftigem Ultramarin, waren dagegen mehrere Arbeitsschritte erforderlich. Eine erste Rezeptur für Glas ist aus der auf 650 vor Christus datierten Bibliothek des assyrischen Königs Assurbanipal überliefert. In Ägypten und in den Ländern des östlichen Mittelmeerraumes entwickelte sich die Glasherstellung weiter.

Neue Glasprodukte verbreiteten sich mit den Römern

Ein Innovationsschub war die Erfindung der Glasmacherpfeife, mit der die Herstellung größerer Gefäße und neuer Formen möglich wurde. Ein Zentrum war der östliche Mittelmeerraum. Mit den Eroberungszügen der Römer fanden sowohl Glasprodukte als auch die Glasproduktion weite Verbreitung bis nach Mitteleuropa. In der Römerhalle findet sich eine große Vielfalt: Kleine Fläschchen, die als Salbgefäße in verschiedenster Form Grabbeigaben waren. Urnen aus Glas, Transportflaschen, Trinkgläser und Krüge. Sie stammen zum Teil aus Bad Kreuznach, wo etwa der Antiquar Philipp Müller im 19. Jahrhundert ein großes Gräberfeld im Gelände des heutigen Energieversorgers Eon bearbeitete. „In seinen Grabungstagebüchern führt Müller etwa 260 Glasgefäße auf“, berichtet die Wissenschaftlerin, die mit der Dissertation „ Römische Gläser des Landesmuseums Mainz“ promoviert wurde.

Ein römischer Krug mit birnenförmigem Körper und kunstvoll ausgearbeitetem Kragen wurde 1896 in einem Steinsarg in Weinsheim gefunden. Die Herstellung ist auf das 4. Jahrhundert nach Christus datiert.
W.P. Lhotzky, Museum Römerhalle

Ein originelles Stück ist ein kleiner Krug, der wie ein Kopf mit Gesicht geformt ist. Gefunden wurde er im Gebiet der heutigen Heidemauer, wo die Römer im 4. Jahrhundert ein Kastell bauten, um die Germanen abzuwehren. Dort war im 19. Jahrhundert auch der Standort der Kreuznacher Glasfabrik, bei einer Erweiterung 1888 fand man einen römischen Handmühlstein. Auch im Kreis stieß man immer wieder auf römisches Glas, unter anderem in Gutenberg, wo zwei kunstvoll gearbeitete Glasurnen aus dem 2. Jahrhundert vor Christus gefunden wurden. In Weinsheim wurde 1896 ein römischer Steinsarg entdeckt, der - wie passend für das Dorf des „Beere“-Weins - einen exquisiten birnenförmigen Krug enthielt.

Antikes Souvenir aus Glas

Der nur 2,2 Zentimeter hohe Miniaturkrug aus Glas ist ein vermutlich Andenken an eine Pilgerreise ins Heilige Land. Gefunden wurde das Objekt in der Gemarkung "Auf Seeb" in Bad Kreuznach.
W.P. Lhotzky, Museum Römerhalle. Museum Römerhalle

Fein gearbeitet, en miniature, ist ein weiteres spätantikes Stück, ein 2,2 Zentimeter hoher Mini-Krug mit Zickzack-Dekor. Bei dem 1985 zwischen Planig und Bosenheim „Auf Seeb“ gefundenen Stück handelt es sich vermutlich um ein Reiseandenken an eine Pilgerfahrt. Denn die Miniaturkrüge wurden vor allem in Palästina und Israel gefunden und weit verstreut in Westeuropa, wie Gabriele Harter ausführt. Wenn man in der Römerhalle dort hinuntersteigt, wo eine römische Fußbodenheizung unter dem Gladiatorenmosaik nachgebaut wurde, entdeckt man auch ein Fragment einer Fensterscheibe. Die Palastvilla, die im 2. Jahrhundert nach Christus ein wohlhabender Römer im Bereich des heutigen Museums an der Hüffelsheimer Straße errichtete, hatte gehobene Ausstattung, zu der auch verglaste Fenster gehörten.

Aus der Villa stammen außerdem die Spielsteine aus Buntglas und einfarbigem Glas, die zu einem römischen Gesellschaftsspiel gehörten. Abgerundet wird die Sammlung der Glasobjekte im Museum Römerhalle mit fränkischem Glas. „Die meisten Exemplare stammen aus Langenlonsheim, wo 1970 ein merowingerzeitliches Reihengräberfeld ausgegraben wurde“, merkt Harter dazu an. Auffällig ist an den fränkischen Trinkgläsern, dass sie einen spitzen oder gewölbten Boden haben. Die Vermutung der Forscher: „Es war wohl Sitte, das Glas in einem Zug zu leeren.“ Und Gabriele Harter hat noch die weitere Vermutung, dass man sich so vor Vergiftungen schützen wollte.

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