Gern hätte das Paar, das 1988 nach Bad Kreuznach kam, um ein Schuhgeschäft in der Mannheimer Straße zu eröffnen, einen Nachfolger gehabt: „Leider haben wir niemanden gefunden“, erzählen sie und können es sich nicht erklären. „Sicherlich muss man Fleiß und Engagement sowie Kenntnisse aus dem Einzelhandel mitbringen, und bereit sein, samstags zu arbeiten. Aber das Geschäft lässt sich wirtschaftlich führen“, sagt Siegfried Blaschko.
Es brauche ein Konzept: „Ich muss wissen, an wen ich etwas verkaufen will“, sagt er. Das Paar hat erlebt, dass wirkliches Bemühen von der Kundschaft langfristig honoriert wird. „Nicht jeder will den lieblosen und seelenlosen Einkauf in Riesenmärkten und im Internet“, haben sie erfahren. Siegfried Blaschko konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als selbstständig zu sein.
Wandel der Innenstadt erlebt
Gemeinsam haben sie den Wandel der Innenstadt aus nächster Nähe erlebt. „1990 hatten wir in der Innenstadt noch zwölf Schuhgeschäfte und eins im Industriegebiet. 15 Jahre später waren es noch vier oder fünf Schuhgeschäfte in der Innenstadt und bereits sechs im Gewerbegebiet.“ Hierfür stellt er der Politik kein gutes Zeugnis aus. „Sie hat das durch immer neue Ausweisungen von Einzelhandelsflächen außerhalb der Innenstadt forciert.“
Der Handel brauche die Stadt nicht, aber die Stadt den Handel, lautet Blaschkos Credo. Die Innenstadt müsse gut erreichbar sein und günstige Parkgebühren anbieten. Sauberkeit, Kulturangebote und eine vielfältige Gastronomie würden dem Einzelhandel auf die Beine helfen, ist Blaschko überzeugt.
Ausverkauf läuft auf Hochtouren
Sollte die Stadt solche Pläne in der Schublade haben, kommen sie zu spät. Der Ausverkauf läuft derzeit auf Hochtouren, und ab 1. Juli ist eines der letzten traditionsreichen Schuhgeschäfte in Bad Kreuznach Geschichte. Annette Bauer vom Verein „Klein Venedig Bohème“ bedauert das. Ihr Verein kümmert sich um die Belebung der historischen Neustadt. Da tut es besonders weh, wenn eine Institution schließt. Darüber tröstet auch nicht das Paar Schuhe hinweg, das sie im Ausverkauf günstig erworben hat. Wobei auch sie großes Verständnis dafür hat, dass man wie Siegfried Blaschko mit 72 Jahren in den Ruhestand geht. Bleibt nur die Frage, was die beiden mit der vielen Zeit anfangen werden? „Wir machen häufiger Ausflüge, langweilig wird uns nicht“, sagen die beiden angehenden Ruheständler.