Der Physiker und einstige CDU-Chef tritt für die Freien Wähler an
Bad Kreuznacher Polit-Veteran: Der politische Freigeist Herbert Drumm bleibt am Ball
Er war lange Jahre ein loyaler Christdemokrat in Bad Kreuznach. Nun aber ist er bei den Freien Wählern eine Hausnummer: Dr. Herbert Drumm (75) schaffte vor drei Jahren den Sprung in den Landtag. Foto: Robert Neuber
Robert Neuber

Dieser Mittsiebziger ist ein Unikum, das dürfte in der lokalpolitischen Szene niemand bestreiten: Dr. Herbert Drumm, der im Jahr 1949 in Baumholder geboren wurde, 1959 nach Kreuznach zog und hier auf dem Stadtmauer-Gymnasium sein Abitur ablegte, ist ein Freigeist. Auch politisch - und deshalb tritt er für die Freien Wähler an.

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Dass er ein Freigeist ist, sorgte bei Herbert Drumm zwar politisch immer wieder für Anerkennung, auch bei seiner einstigen Partei, der CDU. Doch wie das bei Freigeistern immer unvermeidlich ist: Das Anecken ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Und so überwarf er sich als CDU-Kreisvorsitzender mit seinen Parteikollegen und sprang ab. Die Kooperation mit Werner Klopfer in der Bürgerliste klappte auch nicht besonders: Drumm lässt sich ungern dirigieren.

Für die Freien Wähler ins Landesparlament

Er schloss sich den Freien Wählern an, und siehe da – er zog im Jahr 2021 sogar in den Landtag ein, wurde stellvertretender Landesvorsitzender. Als Stadtrat arbeitet er mit liberalen Veteranen wie Jürgen Eitel zusammen, der ja von den Freidemokraten abgewandert ist. Drumm ist promovierter Physiker, und die letzten zwanzig Jahre seines Berufslebens bildete er Lehrer am Mainzer Studienseminar in Informatik, Physik und Mathematik aus. Doch er ist beileibe kein dröger Naturwissenschaftler, der sich nur an Sachthemen abarbeitet. Unvergessen sein Tränenausbruch im Sitzungssaal des Kreuznacher Stadtrats, als er den Tod seiner geliebten Katze erwähnte.

Christian Flohr

Doch natürlich ist Drumm auch ein Denker, der sich mit Verve in Sachthemen einarbeitet. Und zu welcher Erkenntnis er dann kommt, das mag nicht immer auf „Parteilinie“ liegen, das räumt er ein. Doch eben deswegen ist er zu den Freien Wählern abgewandert, hier müsse er nicht „stromlinienförmig“ daherkommen. „Die Partei steht für mich im Hintergrund“, sagt Drumm: „Und das entspricht ja schließlich auch dem Grundgesetz, nach dem der gewählte Abgeordnete letzten Endes seinem Gewissen verpflichtet ist und sonst niemandem.“

Die Sachentscheidung zum Wohl der Stadt, das stehe für ihn über jeder „Parteiorder“, so Drumm. Und das sei der Vorteil der Freien Wähler, es werde in der Fraktion natürlich diskutiert, aber es stehe jedem frei, wie er abstimme.

Für Drumm von höchster Bedeutung ist die Finanzausstattung der Kommunen. Es müsse mehr vom Land kommen. Das wäre das eine, also das altbekannte „Konnexitätsprinzip“: Wer bestellt, bezahlt. Stattdessen würden von oben Aufgaben auf die Gemeinden verteilt, aber ohne dass ihnen die steuerlichen Mittel zur Bewältigung zur Verfügung stünden.

Endlich das Jugendamt aufgeben

Zweitens, und hier geht Drumm natürlich auf Kontra zu SPD, Linken und Bündnis 90/Grünen, müsse gespart werden, ganz einfach durch die Abgabe des Jugendamts. Fünf Millionen Euro müssten dafür pro Jahr getragen werden. Und es spräche doch auch nichts dagegen, trotz Amtsabgabe die Angebote des Jugendzentrums in der „Mühle“ auf eigene Kosten beizubehalten. Der rekommunalisierte ÖPNV, der nun aus öffentlichen Mitteln getragen werde, müsse „sinnvoll optimiert“ werden, und was Drumm sehr wichtig ist: mehr Personal für Sicherheit und Sauberkeit. Unbedingt müssten auch mehr Wohnungen für sozial schwache Bürger gebaut werden.

Als größten Fehler der vergangenen Jahre bringt Drumm „den „fehlenden Sparwillen“ auf den Punkt: Jugendamt, ÖPNV und der Kauf des Sparkassenhauses als Verwaltungssitz seien Beispiele. Gut gelaufen ist aus seiner Sicht der „offene Stadtrat“ in den vergangenen Jahren, auch wenn es noch „Optimierungsbedarf“ gebe. Sein größter Wunsch im Hinblick auf die politischen Entwicklungen: mehr Fachleute in den Aufsichtsräten der städtischen Gesellschaften, etwa bei der Gewobau. Die Aufsichtsräte hätten an einigen Stellen „versagt“, so seine Anspielung auf die städtische Wohnbaugesellschaft. Hätte er einen Wunsch frei, so wäre es ein Konzertsaal für die Stadt. Kein Wunder, Drumm ist im Chorwesen schon jahrelang aktiv.

Drumm rechnet „realistischerweise“ mit zwei Sitzen für die Freien Wähler im Stadtrat. „Ich erhoffe uns natürlich drei.“

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