Aufseher streichen Ansätze und fordern Sparkurs
Bad Kreuznacher Kreishaushalt in der Kritik: ADD lässt kein gutes Haar an den Finanzen
Stefan Munzlinger (Archiv)

Er erinnert an Will Smith' Backpfeife am Sonntagabend bei den Oscars – der Klartext der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die sich den Kreuznacher Kreishaushalt 2022 vorgenommen hat.

Die darin eingeplanten Investitionskredite in Höhe von 10,023 Millionen Euro werden gestutzt („vorläufig versagt“) – auf 7 Millionen Euro. Es dürften nur jene Summen via Kredit beschafft werden, die „nachweislich die dauernde Leistungsfähigkeit des Kreises nicht beeinträchtigen“. Eine Forderung, die sich durch das ADD-Haushaltsschreiben vom 22. Februar wie ein dunkelroter Faden zieht.

Am 13. April tagt erneut eine interfraktionelle Haushaltskonsolidierungsgruppe des Kreistags, die sich nicht öffentlich mit dem Zahlenwerk 2022, aber immer wieder auch mit dem Blick in die finanzielle Zukunft des Kreises befasst. Aufgabe der einst von SPD-Fraktionschef Carsten Pörksen vorgeschlagenen Gruppe: Sparvorschläge/-potenziale benennen und idealerweise neue Wege von Projektfinanzierungen aufzeigen.

Das Schreiben der ADD-Haushaltsaufsicht liegt dem „Oeffentlichen“ vor. Daraus zitieren wir heute. Um es vorweg zu sagen: Was da steht, klingt nicht nur nicht ermutigend, es verdunkelt die (finanzielle) Perspektive des Kreises Bad Kreuznach nahezu vollständig.

Forderung: Liquiditätskredite tilgen

Vor Wochen hat das Land den Kommunen eine einmalige Hilfe bei den Liquiditätskrediten zugesagt, auch dem seit Jahrzehnten hoch verschuldeten Kreis Bad Kreuznach. Zwar klingt die Ansage der ADD für den Laien verklausuliert, aber diese Landesgelder müssten exakt dafür verwendet werden und dürften nicht in die Finanzierung anderer Vorhaben einfließen. Einnahmen und Rückflüsse aus Beteiligungen und Kapitaleinlagen seien ebenso für die Minderung der Liquiditätskredite einzusetzen, betonen die Aufseher.

Niederschmetternde Bewertung

Niederschmetternd das, was folgt: „Der Ergebnishaushalt des Kreises Bad Kreuznach verstößt in allen Planungsjahren 2022 bis 2025 gegen das Haushaltsausgleichsgebot.“ Eine Formulierung, die Wasser auf die Mühlen nahezu aller Fraktionen ist, die die Hilfe bei den Liquiditätskrediten als Strohfeuer bezeichnen und stattdessen schon lange einen gerechten Landesfinanzausgleich fordern; der solle sich an den Aufgaben und Strukturen und nicht an den nackten Haushaltszahlen orientieren.

Andere Kreistagsleute stellen Projekte wie die Kommunalisierung des ÖPNV infrage; am 17. Oktober 2022 wird die Kommunalverkehr Rhein-Nahe – Gesellschafter sind neben dem Kreis KH die Stadt Bad Kreuznach und der Kreis Mainz-Bingen – starten und werde wohl ein ewiger Zuschusskandidat bleiben. Zwar sei der ÖPNV laut Landesgesetz künftig Pflichtaufgabe der Kommunen und damit raus aus haushalterischen Vorgaben, doch die Sinnfrage wird vor dem Hintergrund der aktuellen ADD-Kreisetatbewertung weiter gestellt, auch von Anhängern einer sicheren ÖPNV-Busversorgung der Dörfer.

Zurück zum Haushaltsschreiben: Die Bilanz des letzten Haushaltsjahres, für das ein Abschluss vorliege (Stichtag: 31. Dezember 2018) weise einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 84,592 Millionen Euro aus, schreibt die ADD und kommt zum Ergebnis: „Dies stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen das normierte Verbot der bilanziellen Überschuldung dar.“ Und mehr noch: „Dem Gebot der Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung wird nicht Rechnung getragen.“

Intergenerative (Un-)Gerechtigkeit

„Die Haushalts- und Finanzplanung steht nicht im Einklang mit dem Grundsätzen einer geordneten Haushaltswirtschaft.“ Ferner, so die ADD: Die finanzielle Entwicklung des Kreises verstoße massiv gegen das Prinzip der intergenerativen Gerechtigkeit: „Es wird zu Lasten künftiger Generationen gewirtschaftet.“ Den Gemeinden sei außerdem gesetzlich verboten, sich zu überschulden. Das Jahr 2022 ist für die Aufsicht schon mal abgehakt. Ein Funken Hoffnung für die Zeit danach? Nein, auch die Jahresergebnisse der „Planjahre 2023 bis 2025 sind besorgniserregend“.

KEF: Vertragliche Pflichtverletzung

Die ADD fordert, alle verbleibenden Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen und eine hohe Ausgabendisziplin zu wahren. Das gelte auch für die Pflichtaufgaben der Selbstverwaltung und für Auftragsangelegenheiten. Dabei müsse die Möglichkeit, Standards zu reduzieren, geprüft werden.

Da die durch Gesetze und Tarifverträge bewirkten Steigerungen der Personalausgaben von den Kommunen nur begrenzt beeinflusst werden könnten, „ist es umso wichtiger, die Personalausstattung an den Anforderungen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit auszurichten“, schreibt die ADD.

Kritischer Punkt ferner: die vertragliche Verpflichtung des Kreises, laut Kommunalem Entschuldungsfonds (KEF) jährlich eine Mindestnettotilgung in Höhe von 3,321 Millionen Euro zu erwirtschaften. Dem komme der Kreis Bad Kreuznach aber nicht nach – „eine vertragliche Pflichtverletzung, die Maßnahmen nach sich ziehen kann“.

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