Weil er einen Mann damit erpresst hatte, dass er dessen gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierung seiner Familie offenbart, verurteilte das Amtsgericht Bad Kreuznach einen mehrfach vorbestraften 36-jährigen Bad Kreuznacher zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. An der Erpressung war ursprünglich noch ein 28-jähriger Bad Kreuznacher beteiligt. Das Verfahren gegen ihn war bereits abgetrennt und im Hinblick auf eine Betäubungsmittelstraftat, für die er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, eingestellt worden. Alle Beteiligten in diesem Fall gehören zur türkischstämmigen Bad Kreuznacher Gemeinschaft.
Der 28-Jährige soll von dem Schweigegeld von insgesamt 40.200 Euro einen Anteil von 10.000 Euro erhalten haben. Das erklärte jedenfalls der 36-Jährige. Sein ehemaliger Komplize wollte sich im Zeugenstand zunächst an nichts erinnern können. Weder daran, dass er im August 2019 zusammen mit seinem jetzt angeklagten Freund den Bad Kreuznacher unter Druck gesetzt hatte, noch dass man gemeinsam nach Mainz zu einer Bankfiliale gefahren war, wo er von dem erpressten Geld seinen Anteil bekommen hat. Das hätte ihm fast ein neues Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage eingebracht, wenn er nicht im letzten Moment auf den Rat des Verteidigers des 36-Jährigen gehört und sich zumindest halbwegs kooperativ gezeigt hätte.
Tatbeteiligung kleingeredet
Dabei war er krampfhaft bemüht, seine Beteiligung an der Erpressung kleinzureden, beharrte darauf, dass er sich an keine Details erinnern könne und behauptete, lediglich hin und wieder kleinere Beträge von dem Angeklagten fürs Tanken bekommen zu haben. Denn zu dieser Zeit hatte der 36-Jährige keine Fahrerlaubnis. Das ist eine der wenigen glaubhaften Aussagen des Ex-Komplizen. „Ich habe mir das einfach angewöhnt, ohne Führerschein zu fahren“, gab der Angeklagte auch unumwunden zu. Von den zehn Eintragungen in seinem Vorstrafenregister des vierfachen Familienvaters, gehen einige auf Fahrten zurück, bei denen er ohne Fahrerlaubnis erwischt wurde.
Trotzdem setzte er sich auch im März dieses Jahres ans Steuer, um seine Kinder in den Kindergarten zu bringen. Zu seiner Überraschung stellten ihn dort Polizeibeamte in Zivil. Gegen seine Festnahme setzte er sich zur Wehr, unternahm einen Fluchtversuch, wurde aber wieder eingefangen. Die letzte Verurteilung des 36-Jährigen geht darauf zurück, dass er bei einem Drogenscreening versuchte, mit Fremdurin zu schummeln und anschließend behauptete, man könne sich gegen 200 Euro von einem Mitarbeiter des Jobcenters ein Drogenscreening ohne Befund kaufen.
Mehrere Haftbefehle
Weil er erneut straffällig geworden war, wurden frühere Bewährungen widerrufen. Bei seiner Festnahme im März 2022 bestanden deshalb mehrere Haftbefehle gegen den 36-Jährigen, der allein mit dem Absitzen dieser früheren Freiheitsstrafen noch bis Dezember nächsten Jahres im Gefängnis sitzen wird.
Er zeigte jedenfalls erstmals Mitgefühl mit dem Erpressungsopfer, das nun schon seit drei Jahren unter den Auswirkungen der Straftat leidet. „Wir können dir helfen, dass das unter uns bleibt, aber das hat seinen Preis.“ Dieser Satz, der bei dem ersten Treffen mit den beiden Erpressern fiel, geht dem Geschädigten noch immer unter die Haut. Nachdem er drei Mal Schweigegeld gezahlt hatte, fürchtete er, dass er immer wieder zur Kasse gebeten würde. Er zog sich vollkommen zurück und wechselte seine Telefonnummer.
Als ihn ein Verwandter darauf ansprach, was los sei, vertraute er sich ihm an. Auf dessen Zureden sprach er auch mit seinem Vater und zeigte den Vorfall bei der Polizei an. Das Schöffengericht hielt in seinem Urteil fest, dass der Geschädigte nach wie vor damit leben muss, dass seine sexuelle Orientierung ein Tabuthema für sein soziales Umfeld ist. „Er musste mit dem Schlimmsten rechnen, dass man ihn völlig ausgrenzt. Das ist zwar nicht eingetreten, aber man akzeptiert ihn auch nicht, oder geht respektvoll mit ihm um“, unterstrich Richterin Völker.
Die Richter erkannten an, dass der Angeklagte ein Geständnis abgelegt hat, Reue zeigt und den Schaden wieder gut machen will. „Das Einzige, was ich heute sagen kann, ist, dass meine kriminelle Energie leer ist“, beteuerte er. Er hat in der Strafhaft eine Ausbildung zum Maurer begonnen und will nach der Haft vor allem für seine Kinder da sein.