Von unserem Redakteur Stephan Brust
Andreas Hofmann hat Recht behalten: Wenn Kaufland zum 1. Januar 2015 den Real-Markt im Schwabenheimer Weg in Bad Kreuznach übernimmt, wird es erstmals in der Geschichte des Standorts keinen Betriebsübergang für die knapp 120 Mitarbeiter geben.
Das hatte der Verdi-Gewerkschaftssekretär für den Handel im Bezirk Rhein-Nahe-Hunsrück bereits im März im Gespräch mit unserer Zeitung vermutet. Anders konnte er sich die „Hinhaltetaktik von allen Seiten“, so Hofmann, und die Ankündigung von Kaufland, ein Jahr lang den Markt umbauen zu wollen, nicht erklären.
Doch das letzte Wort ist für ihn noch nicht gesprochen. „Wir werden für die Mitarbeiter kämpfen“, betont Hofmann – und hofft auf die Unterstützung der Kunden. Denn ab Mitte Juni, kündigt der Gewerkschaftssekretär an, werde es öffentliche Aktionen rund um den Markt geben.
Verantwortung will keiner übernehmen – weder Kaufland noch Real. Im Gegenteil: Beide beschuldigen sich gegenseitig. Zuletzt attackierte die Real-Geschäftsführung Kaufland und warf dem Mitbewerber sogar „wahrheitswidrige Äußerungen“ vor. Hintergrund war die Behauptung von Kaufland, schon 2011 hinsichtlich einer vorzeitigen Betriebsübernahme an Real herangetreten zu sein – worauf Real aber nicht reagiert habe (wir berichteten). Für den Verdi-Gewerkschaftssekretär ein klares Indiz für das „typische Schwarze-Peter-Spiel“.
Dabei sei klar, dass sich beide nicht aus der Verantwortung stehlen dürften: Real, weil bereits seit 2007 feststünde, dass Kaufland den Markt übernehmen will und „man nichts unternommen hat, was darauf hindeutet, dass der Standort gehalten werden soll“, sagt Hofmann. Und Kaufland, „weil sie die Übernahme so günstig wie möglich gestalten wollen“. Um es noch milde auszudrücken. Denn: „Das Vorgehen hat nichts mit sozialer Verantwortung zu tun“, kritisiert der Gewerkschaftssekretär, der auch große Bedenken vor der Signalwirkung hat. „Wenn es Schule macht, dass man einen Betriebsübergang vermeiden kann, indem man einfach vorschiebt, ein Jahr lang den Markt umzubauen, dann haben wir ein Riesenproblem im Einzelhandel“, verdeutlicht Hofmann. Deshalb sieht er auch die Politik gefordert: „Sie muss sich so schnell wie möglich Regularien überlegen, die das verhindern.“ Zum Schutz der Mitarbeiter, die am Ende der Kette stehen und wie jetzt in Bad Kreuznach Ende des Jahres ihre Stellen verlieren.
Das betrifft in erster Linie die knapp 120 Festangestellten von Real. Darüber hinaus ginge es aber auch um 15 Beschäftigte einer Leiharbeitsfirma, die nachts Regale mit neuer Ware bestücken sowie um die Mitarbeiter der kleineren Geschäfte im Eingangsbereich des Marktes, die ebenfalls wegen des Umbaus ein Jahr lang schließen müssen: Bäcker, Metzger, Reisebüro, Zeitschriftenladen. „Das sind noch mal 40 bis 50, die in der Luft hängen“, sagt Hofmann. Der einzige Markt, der in der Umbauzeit geöffnet bleiben könnte, sei Expert Klein, der direkt nebenan liegt und über seinen Haupteingang erreichbar bleibt.
Real hat indes dem Betriebsrat drei Termine vorgeschlagen, um über einen Sozialplan zu verhandeln, berichtet Hofmann. Gleichzeitig hat sich der Verdi-Gewerkschaftssekretär an die Landesregierung gewandt, Gespräche mit Kaufland zu führen und sich für einen Betriebsübergang stark zu machen. Auch Kreuznachs OB Heike Kaster-Meurer hat er in einem Brief um Unterstützung für die Mitarbeiter gebeten. Außerdem steckt Hofmann mitten in den Vorbereitungen für erste öffentliche Aktionen rund um den Bad Kreuznacher Markt. Unter anderem werden Flyer, Banner oder auch T-Shirts für die Mitarbeiter vorbereitet, um vor allem die Kunden aufzuklären.
Auf einem T-Shirt hat Hofmann bereits den Real-Werbeslogan „Einmal hin, alles drin“ umgewandelt in „Einmal drin, alles hin“. Dazu passt auch eine Postkarte, die Verdi in fünfstelliger Auflage drucken will, adressiert an Kaufland und mit der Kundenaussage versehen: „Wir fordern die Übernahme aller Real-Mitarbeiter. Wenn nicht, werden wir auch keine Neukunden von Kaufland.“