Bad Kreuznach
Bad Kreuznach: Puppenspiel gegen sexuelle Gewalt

Bad Kreuznach - Ein schwieriges Thema spielerisch leicht aufzugreifen, ist eine schwierige Kunst und erfordert eine ganz besondere Sensibilität und Fertigkeit. Die Tandera-Bühne aus Testorf verfügt über diese hohe Kunst und eine solche Begabung. In dem Figurentheater „Das Familienalbum“ wird vordergründig die Geschichte einer normalen Mäusefamilie erzählt, die in einem gemütlichen Sofa lebt. Das Stück ist aber auch ein Einstieg in das Thema „sexueller Missbrauch“ und als Präventionsprojekt für Grundschulen konzipiert: Es will Kinder stark machen – als wirksamen Schutz.

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Bad Kreuznach – Ein schwieriges Thema spielerisch leicht aufzugreifen, ist eine schwierige Kunst und erfordert eine ganz besondere Sensibilität und Fertigkeit. Die Tandera-Bühne aus Testorf verfügt über diese hohe Kunst und eine solche Begabung. In dem Figurentheater „Das Familienalbum“ wird vordergründig die Geschichte einer normalen Mäusefamilie erzählt, die in einem gemütlichen Sofa lebt. Das Stück ist aber auch ein Einstieg in das Thema „sexueller Missbrauch“ und als Präventionsprojekt für Grundschulen konzipiert: Es will Kinder stark machen – als wirksamen Schutz.

Für den Förderverein für das Frauenhaus Kreuznach und den Deutschen Kinderschutzbund Grund genug, erstmals gemeinsam eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Und das auch noch zu einem gemeinsamen „goldenen“ Jubiläum: 2011 feiert der Förderverein sein 20-jähriges Bestehen, der Kreuznacher Kinderschutzbund wird 30 Jahre alt. Zurück zur Mäusefamilie: Als eines Tages ein Kater auftaucht, wissen die Kinder sofort, dass dieser gefährlich ist. Aber was ist mit Onkel Watja? Der Mäuseonkel, der Töchterchen Nießchen eine Puppe gebastelt hat und dafür einen Kuss wollte. Der mit ihr ein Geheimnis hat, das sie niemandem verraten darf.
Das Stück bietet durch seine vielschichtige Art der Darstellung und den Wechsel von lustigen und spannenden Szenen kindgerechte Ansatzpunkte zum Gespräch über sexuellen Missbrauch. Die bewusst gewählte Form des Puppentheaters bietet zudem die Möglichkeit, sich auf einfühlsame Art und kindsgerecht dem Thema zu nähern. Sinnvollerweise sollte die Vorstellung ergänzt werden durch eine Lehrer-Fortbildung und einen vorbereitenden Elternabend.
Erreichen wollen Kinderschutzbund und Förderverein mit der Aufführung des Stücks, das Markus Dorner, Leiter des Museum für Puppentheaterkultur, empfohlen hat, zweierlei: Zum einen sollen die Kinder ermutigt werden, über sexuelle Belästigungen oder Missbrauch zu sprechen, zu sagen: „Das mag ich nicht!“ Zum anderen sollen Pädagogen und Eltern sensibilisiert werden, lernen, die Signale der Kinder früh genug zu erkennen. Seit zehn Jahren wird das Stück mit großem Erfolg gespielt. Auch die Gewobau hilft mit: Geschäftsführer Karl-Heinz Seeger sponsert die Vorstellungen im Puk-Theatersaal, so dass der Eintritt nur drei Euro kostet. Es ist nicht das erste Mal, dass seine Wohnungsbaugesellschaft sich in diesem Bereich engagiert. Zuletzt hat die Gewobau die Aufführung von Michael Endes „Der Wunschpunch“ unterstützt.
Am 13. und 14. April ist die Tandera-Bühne an der Nahe zu Gast: Am ersten Tag gibt es um 19 Uhr eine Vorstellung für Eltern und Pädagogen; am 14. stehen um 9.30 und 11 Uhr Aufführungen für Kinder auf dem Programm. Helga Baumann und Marianne Rabb-Ohlenforst vom Förderverein für das Frauenhaus und Steffi Meffert vom Kinderschutzbund schreiben im Januar dazu alle Grundschulen in Stadt und Kreis Kreuznach an. Etwa 200 Kinder können sich die Geschichte ansehen; das entspricht acht Grundschulklassen. „Den Termin haben wir bewusst in die letzte Woche vor den Osterferien gelegt, damit er sich besser in den Stundenplan einfügen lässt“, erklärte Sigrid Brandstetter vom Kinderschutzbund-Vorstand.
Die Geschichte endet gut, das macht Mut. Doch das Stück dokumentiert noch etwas anderes: 90 Prozent der Missbrauchsfälle an Kindern passieren im engen sozialen Umfeld. Das betont Steffi Meffert. Genau dies werde in dem Puppenspiel thematisiert. Sigrid Brandstetter ergänzt: „Es gibt immer noch den starken Drang, dies unter den Teppich zu kehren, weil man nicht weiß, wie man die Signale der Kinder deuten soll.“ Auch darüber will das Stücke aufklären. Denn: „Geschulte Leute erkennen die Signale schnell“, so Baumann.
„Der Beratungsbedarf im Kinderschutzbund hat sich hin zu Fragen des sexuellen Missbrauchs verschoben“, hat Steffi Meffert festgestellt. „Wir geben da erste Hilfestellungen“, betont sie und verweist auf die niederschwelligen Angebote im Kindercafé. „Wenn Gefahr im Verzug ist, dann handeln wird auch.“ Seit vier Jahren gibt es jetzt das Kindercafé. 25 bis 30 Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren nutzen die Angebote. Mit dem Elterntreff, der einmal im Monat stattfindet, will der Kinderschutzbund auch die Eltern erreichen, Kontakte herstellen und Vertrauen schaffen, betont Meffert. Zurzeit wird überlegt, damit in die „Mühle“ umzuziehen. (hg)

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