Stadt schneidet bei ADFC-Umfrage schlecht ab
Bad Kreuznach: Kein Paradies für Radfahrer
Hermann Holste ist Vorsitzender der Rad AG Bad Kreuznach, einem Zusammenschluss von Radfahrern, die für ihre Interessen im Straßenverkehr eintreten. In Kreuznach liege noch einiges im Argen, findet nicht nur er. Foto: Silke Bauer
Silke Bauer

Bad Kreuznach. Jeder, der schon einmal in Bad Kreuznach Rad gefahren ist, weiß, wie gefährlich und frustrierend das oftmals sein kann. Eine Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, der ADFC-Fahrradklima-Test, hat nun ergeben, dass die Kurstadt tatsächlich nicht gut bei den Radfahrern abschneidet. 254 Kreuznacher Radler nahmen im Herbst 2020 an der bundesweiten Umfrage teil und bewerteten die Situation in der Stadt. Das Ergebnis ist keins, das sich sehen lassen kann, die Note lautet 4,13.

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Hermann Holste, der zusammen mit Andreas Geers der Rad AG Bad Kreuznach (Zusammenschluss und Interessenvertretung von Radfahrern) vorsteht, sagt dazu: „Leider finden sich im bundesweiten Vergleich viele Städte in Rheinland-Pfalz auf den hinteren Rängen wieder. Auch Bad Kreuznach schneidet nicht gut ab und belegt bundesweit Platz 69 von 110 bei den Städten zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern. Die Note von 4,13 hat sich zwar gegenüber 2018 leicht verbessert (Anmerkung der Redaktion: Damals lag sie bei 4,4), stellt jedoch kein gutes Zeugnis aus und sollte Anlass zum Nachdenken geben.“

Die 254 Teilnehmer bemängeln Probleme wie die folgenden: An Baustellen werde nicht daran gedacht, sichere Führungen oder Umleitungen für Radfahrende einzurichten, die Ampelschaltungen seien nicht auf Menschen, die per Rad unterwegs sind, eingerichtet und das Parken von Autos auf Radwegen werde kaum kontrolliert. Das Radverkehrsnetz sei nur lückenhaft, viele Radwege endeten plötzlich oder seien in einem schlechten Zustand. Generell fühlten sich viele der Radler als Verkehrsteilnehmer nicht wirklich akzeptiert.

Holste, seit vier Jahrzehnten passionierter Radfahrer, schwingt sich beinahe täglich auf den Sattel und kann das alles bestätigen. Auch das Verhältnis zwischen Auto- und Radfahrern sei kompliziert: „In Bad Kreuznach Fahrrad zu fahren frustriert.“ Er habe schon Schläge angedroht bekommen, nur weil er an einer roten Ampel neben einem Auto anhielt. Trotz allem ist Holste, der auch für die Grünen im Stadtrat sitzt, überzeugter Radfahrer: „Selbst in einer Stadt wie der unseren, in der keine optimalen Bedingungen herrschen, ist das Rad das beste Verkehrsmittel, um von A nach B zu kommen.“

Hermann Holste stört unter anderem, dass es in Kreuznach kein durchgängiges Radwegenetz gibt, was regelmäßig zu gefährlichen Situationen führe. „Wenn man etwa von der Bosenheimer Straße in den Fleischhauer-Kreisel fährt und dann in Richtung Ochsenbrücke abbiegt, dann hört 20 Meter vor der Ampel einfach der Radstreifen auf. Wenn man weiterfahren will, muss man sich wieder in den Straßenverkehr einordnen, was sehr gefährlich ist.“ Um das zu vermeiden, führen die meisten Radfahrer verbotenerweise auf dem Gehsteig weiter: „Da gibt es dann viele Konfrontationen mit Fußgängern.“

Auch das in der Umfrage thematisierte Problem der Falschparker regt Holste auf. An unzähligen Stellen in der Stadt parkten Autofahrer einfach auf den Radwegen, sagt der 69-Jährige. So zum Beispiel am Friedhof in der Mannheimer Straße. „Wenn man das parkende Auto umschifft, muss man aufpassen, dass man beim Ausweichen nicht mit einem auf der Straße fahrenden Auto kollidiert.“ Hermann Holste kann nicht verstehen, dass dies oftmals keine Konsequenzen hat: „Ich wünsche mir vom Ordnungsamt, dass sie wie in anderen Städten auch mit Fahrradstaffeln durch die Stadt fahren und richtige Kontrollen durchführen.“ Auch das Einrichten von mehr Tempo-30-Zonen samt Kontrollen sei wünschenswert: „Denn da ist es dann nicht unbedingt nötig, einen Radweg zu bauen.“

Holste will aber nicht nur meckern: „Es sind in Bad Kreuznach einige Verbesserungen zu erkennen.“ Einige Einbahnstraßen seien inzwischen für Radfahrer, die in die Gegenrichtung unterwegs seien, geöffnet worden, wie zum Beispiel vor einem Jahr die Gymnasialstraße am Stama. „Anfangs gab's da noch viele Hupkonzerte.“ Inzwischen hätten sich die Autofahrer jedoch an die neue Regelung gewöhnt. Auch die neue Mobilitätsstation am Bahnhof bewerten sowohl Holste als auch die Umfrageteilnehmer als positiv, genauso wie die Teilnahme der Stadt an der Aktion „Stadtradeln“.

Die Rad AG Bad Kreuznach trifft sich alle drei Monate mit Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer und Team, um über Verbesserungen zu sprechen. „Das ist keine schlechte Zusammenarbeit“, sagt Holste. Doch da sei noch reichlich Luft nach oben.

„Ein generelles Umdenken und ein zielgerichtetes Handeln haben in Bad Kreuznach leider noch nicht wirklich stattgefunden“, sagt auch Andreas Geers. Der Stadt sei zu wünschen, dass Politik und Verwaltung mehr Mut zu echten Lösungen entwickeln. Dass es am Geld mangele, sei im Übrigen kein Totschlagargument mehr, sagt Hermann Holste. Denn das Bundesverkehrsministerium hat im März das 45-Millionen-Förderprogramm „Radnetz Deutschland“ ins Leben gerufen. „Da kann sich auch eine Kommune wie Bad Kreuznach bewerben“, sagt der Vorsitzende der Rad AG.

Von unserer Redakteurin

Silke Bauer

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