„Skandal“ und „Zumutung“?
Bad Kreuznach erspart den Hoteliers die Bettensteuer
Bäderhaus, Crucenia-Thermen und die Hotels sind für Bad Kreuznach ungemein wichtig. Ob allen klar ist, wie wichtig deren Zusammenspiel ist? Man weiß es nicht.
Marie Breitenbach

Bettensteuer in Bad Kreuznach? Nein, der Stadtrat hat sie abgelehnt. In der Debatte ging es heiß her. Das fehlende Geld kommt nun von erhöhten Parkgebühren.

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Es war der erwartete finanzpolitische Showdown im Bad Kreuznacher Stadtrat am Dienstagabend – mit glimpflichem Ausgang für die Hotel- und Übernachtungsbranche: Mit 21 Nein-Stimmen hat der Bad Kreuznacher Rat die Einführung einer Beherbergungssteuer (Bettensteuer) abgelehnt. Die Partnerschaft aus CDU (eine Enthaltung), SPD und FDP stand geschlossen. Pro neue Steuer votierten 17 Räte, unter anderem die Fraktionen von Grünen, AfD, Linke/PBK, Büfep/Faire Liste, Freie Wähler und FWG. Mit scharfen Worten wurde dabei nicht gegeizt. Jürgen Locher (Die Linke) sprach von einem Skandal, Wilhelm Zimmerlin (Büfep) von einer „Zumutung“.

ADD: Behörde besteht nicht auf die Einführung einer Bettensteuer

Damit fand eine kurze, aber intensiv geführte Debatte ein Ende. Fahrt hatte diese aufgenommen, als sich der Branchenverband, der Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) Rheinland-Pfalz, eingeschaltet hatte. Dieser hatte die Einführung der Bettensteuer klar und deutlich abgelehnt. Einen Tag bevor diese im städtischen Finanzausschuss beschlossen werden sollte, hatte Dehoga-Präsident Gereon Haumann zu einer Pressekonferenz eingeladen und mächtig Druck aufgebaut. Die Branche verkrafte eine einseitige Bestrafung wie diese neue Steuer nicht mehr. Fast alle Hoteliers hatten dazu einen Protestbrief unterschrieben. Die Folge: Im Finanzausschuss wurde die Abstimmung darüber vertagt. Ein gemeinsamer Termin bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), Haumann und IHK-Vize Matthias Ess hatten Bürgermeister Thomas Blechschmidt (CDU) dorthin begleitet, hatte dem Vernehmen nach vor allem eines zutage gefördert: Die Behörde besteht mitnichten auf die Einführung einer solchen Abgabe.

Es war geplant, dass Hotels und Übernachtungsbetriebe künftig 5 Prozent pro Übernachtung in die Stadtkasse abführen. Mit dem Geld aus dieser Abgabe wollte die Stadtspitze die jährliche Alimentierung der städtischen Holding BGK (Gesellschaft für Beteiligungen und Parken in Bad Kreuznach mbH) von 1 Million Euro leisten. Mit diesem Geld hält die BGK über ihre Tochtergesellschaft, die Bad, Bäderhaus und Therme offen. Nachdem im Gespräch mit der ADD aber recht schnell klar geworden sei, so ist zu hören, dass der vermeintliche Druck, der sich auf die Formel „Geld in die BGK oder Bäder zu“ reduzieren lässt, hausgemacht sei und die BGK mit dem neuen Parkmodell deutlich mehr Geld einnehme als vorher gedacht, wurde dann Anfang der Woche deutlich, dass es wohl für die Bettensteuer keine Mehrheit gibt.

„Und genau das ist ein Skandal. Sie wollen eine Vorlage streichen, die die Leute zur Kasse bittet, die am meisten von den touristischen Einrichtungen der Stadt profitieren.
Jürgen Locher (Die Linke)

So wollte Thomas Blechschmidt, der den erkrankten Oberbürgermeister Emanuel Letz (FDP) vertrat, die Vorlage zur Einführung der Steuer, eben weil keine finanzielle Notwendigkeit mehr Bestand, gern von der Tagesordnung nehmen. Doch dann nahm die Kritik-Kaskade ihren Lauf. Die Hoteliers deren Branchensprecher Haumann und auch der Bürgermeister bekamen eine Breitseite Kritik ab, die in ihrer Deutlichkeit kaum zu überbieten war. „Und genau das ist ein Skandal. Sie wollen eine Vorlage streichen, die die Leute zur Kasse bittet, die am meisten von den touristischen Einrichtungen der Stadt profitieren. Ein weiterer Skandal ist es, dass der Dehoga-Boss mit zur Haushaltsberatung nach Trier fährt. Ich kann jedem großen Verein nur raten: Macht das genauso!“, echauffierte sich Jürgen Locher (Die Linke). Der Tagesordnungspunkt wurde folglich behandelt.

„Ich gehe nicht zu Lobbyisten. Da bin ich klar.“
Gerhard Merkelbach (Faire Liste)

Gerhard Merkelbach (Faire Liste) wollte wissen, warum die Branchenvertreter überhaupt mit zur ADD gefahren seien. Thomas Blechschmidt antwortete, dass dies in dem Arbeitsgremium, das aus den Fraktionsvorsitzenden, dem Stadtvorstand sowie Dehoga und IHK plus BGK-Geschäftsführer Christoph Nath bestanden habe, beschlossen worden sei. Getagt hat man in der Dehoga-Geschäftsstelle in der John-F.-Kennedy-Straße. Merkelbach dazu: „Ich gehe nicht zu Lobbyisten. Da bin ich klar.“ „Was soll das für ein Beschluss gewesen sein? Das ist Hinterzimmerpolitik“, befand Wilhelm Zimmerlin. „Das ist eine Zumutung für die Bürger der Stadt“, sprach Zimmerlin . „Da sagen die Hoteliers, bevor sie eine Bettensteuer bekommen, verzichten sie lieber auf Bäderhaus oder Crucenia-Thermen. Haben das überhaupt alle mitbekommen?“, fragte er rhetorisch. „Und hier wird so getan, als ob diese so wichtig für die Stadt und die Hoteliers wären“, ärgerte er sich. Und um diese nun zu erhalten, erhöhe man die Parkgebühren. Es sei der Hammer, dass der Stadtvorstand sich vor diesen Karren spannen lasse.

Gereon Haumann macht in der Pressekonferenz des Dehoga gegen die Bad Kreuznacher Bettensteuer mobil. Für ihn ist diese Steuer eine einseitige Bestrafung eines kleinen Segments einer Branche.
Marian Ristow

Der Dehoga freut sich natürlich über das Nein zur Bettensteuer. Chef Haumann, der selbst nicht anwesend war bei der Sitzung und sich von Landesgeschäftsführerin Anna Roeren-Bergs vertreten ließ, spricht von einer „wegweisenden Entscheidung für den Tourismus“. „Wir wollen alle touristischen Leistungsangebote der Stadt und der städtischen Gesellschaften auf den Prüfstand stellen, um die Attraktivität des Tourismusstandorts Bad Kreuznach auszubauen. Wir sind bereit, dafür die Ärmel hochzukrempeln und aktiv an einer nachhaltigen Entwicklung von Bad Kreuznach mitzuwirken“, so Haumann in einer Pressemeldung.

„Generell gegen eine Beteiligung der Branche spricht nichts. Das habe ich immer gesagt. Wir sind bereit“, so Haumann gegenüber dieser Zeitung. Konkret kann sich der Dehoga-Boss vorstellen, dass man sich in Form einer Erhöhung des Gästebeitrags auf 4,50 Euro einige – wenn damit eine Attraktivierung des Standorts einhergehe.

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