Kay Maleton, Bosenheimer Stadtpolitiker der Liste Faires Bad Kreuznach, brachte es auf den Punkt. In der notwendigen, schmerzhaften Schonungslosigkeit. „Selbst, wenn wir die Gewerbesteuer auf 500 von Hundert hochziehen würden, hätten wir 4,9 Millionen. Wenn wir bei der Grundsteuer auf 990 von Hundert gehen würden, hätten wir 9,6 Millionen Euro mehr. Das würde immer noch nicht reichen, um das Haushaltsdefizit zu beseitigen. Das ist der reine Wahnsinn! Wir werden von der ADD in diese Richtung gezwungen, bekommen so keinen Ausgleich, und den Bürgern und Unternehmern tut es dreimal weh“, fasste der Finanzexperte am Montagabend in der Sitzung des städtischen Finanzausschusses zusammen. Er betonte: „Wir finanzieren unsere laufenden Ausgaben mit toten Liquiditätskrediten, die wir in drei Jahren zurückzahlen müssen.“
„Das ist der reine Wahnsinn!“
Kay Maleton über die Steuererhöhungen, die die ADD vorschlagen könnte.
Und veranschaulichte das Dilemma der Stadt Bad Kreuznach. Der derzeitige Fehlbetrag des noch nicht genehmigten Haushaltes für das Jahr 2025 beträgt fast 20 Millionen Euro. Das gesamte Loch zu stopfen, ohne dabei Folgeschäden in Wirtschaft und Bevölkerung zu verursachen? Es scheint unmöglich. Das Genehmigungsverfahren seitens der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion des Landes in Trier (ADD) pausiert aktuell. Das teilte die Behörde in einem Aufklärungsersuchen am 19. März mit. Darin räumte man der Stadt die Möglichkeit (Frist: 2. April) ein, zu den „erhobenen Rechtsbedenken“ (damit meint die Behörde den Umstand, dass man einen nicht ausgeglichenen Haushalt eingereicht hat) Stellung zu nehmen.

Das hat Bürgermeister Thomas Blechschmidt (CDU) inzwischen getan. „Wir haben inhaltlich geantwortet. Es ist dringend geboten, dass uns das Land sagt, wie wir in der Sache verfahren sollen. Nur die Steuern zu erhöhen, wird nicht ausreichen. Selbst wenn wir an das oberste Maß der Steuererhöhung gehen, wird es nicht reichen“, ist sich der Kämmerer sicher, dass es ohne fremde Hilfe nicht gehen wird. „Sie haben gelesen, was in Mainz passiert ist. Eine solche Globalbeanstandung kann uns auch noch blühen.“ Das könnte bedeuten, dass es nochmaliger Haushaltsberatungen bedarf.
Die Möglichkeit getrennter Hebesätze für die Grundsteuer B will man auch in Bad Kreuznach prüfen. „Wir sind so weit fertig, Herr May hat mit seinem Team die Grundlagendaten erfasst. Jetzt fangen wir damit an, Probeberechnungen zu machen. Wir werden verschiedene Modelle vorbereiten und aufzeigen, wie es mit unterschiedlichen Hebesätzen aussehen würde, werden aber auch gesplittete Hebesätze vorbereiten. All das werden wir der Politik vorlegen“, kündigte der Kämmerer an.
Tariferhöhung im öffentlichen Dienst bereits eingepreist
Immerhin eine gute Nachricht gab es in der Sitzung. Der neuerliche Tarifabschluss inklusive Erhöhungen bereitet der Kämmerei kein Kopfzerbrechen, weil man clevererweise diese schon mit 3,5 Prozent jeweils für 2025 und 2026 eingepreist hat. „Damit sind auch noch Einmalzahlungen drin“, so Blechschmidt.
Faire-Liste-Mann Maleton war indes aber noch nicht fertig. Er bat Bürgermeister Blechschmidt, Oberbürgermeister Emanuel Letz Folgendes auszurichten: „Ich wünsche mir Krisenmanagement. Wir sind in der größten Finanzbredouille unserer Geschichte. Ich vermisse da die Führung.“
Aber hat die Stadt all ihre Hausaufgaben gemacht? „Wir brauchen eine Prioritätsliste. Wir müssen entscheiden, was steht oben, was in der Mitte und was ganz unten“, erinnerte Blechschmidt daran, was man bereits letzte Sitzung in Bezug auf kostspielige Einzelmaßnahmen in Bereich Bauen gesagt habe, zum Beispiel beim Brandschutz bei der Kita St. Matthäus. Hier müsse sich, so hieß es in der Finanzausschusssitzung im März, OB Letz mit der ADD verständigen, wie man mit der Maßnahme, die zwingend nötig ist, verfahren werde. Er gebe das noch mal weiter, so Blechschmidt.
Kommen 2 Millionen aus der VG Rüdesheim?
Irritationen, Ärger und Rätselraten gibt es indes im jahrzehntealten Streit mit der Verbandsgemeinde Rüdesheim um eine „Zweckvereinbarung zwischen der Verbandsgemeinde Rüdesheim und der Stadt Bad Kreuznach über die Aufnahme und Beseitigung von Abwasser“. Dessen Ursprung, eine Kapazitätserweiterung der Kanalisation im Bereich Hermannstraße, liegt im Jahr 1990. Bad Kreuznach könnte Geld aus Rüdesheim winken. Walter Kuhn, kaufmännischer Chef des Abwasserbetriebs, taxierte die Höhe der möglichen Forderung, bei der niemand weiß, ob sie rechtens ist, auf 2 Millionen Euro. CDU-Mann Norbert Welschbach war geschockt, dass das Thema immer noch nicht erledigt ist. „Da ist in den vergangenen Jahren nichts, null, nada passiert.“ Ein externer Rechtsanwalt ist mit der Angelegenheit betraut und soll sich zeitnah darum kümmern.