Traditionsunternehmen steckt in der Insolvenz - Niederlassungen Bad Kreuznach und Ingelheim sind bereits geschlossen
Autohaus Honrath steckt in der Insolvenz – Niederlassungen Bad Kreuznach und Ingelheim sind bereits geschlossen
Aus und vorbei: Der Honrath-Standort Kreuznach ist geschlossen.
Rainer Gräff

Bingen/Bad Kreuznach/Ingelheim. Käufer werden in jedem Autohaus umworben. Im Falle der Heinrich Honrath Kraftfahrzeuge GmbH ist die Situation jedoch ebenso speziell wie dramatisch: Der traditionsreiche Betrieb, der Opel, Hyundai und Fiat vertritt, musste Insolvenz anmelden und steht zur Übernahme durch einen Investor.

Zuvor war seit Juni 2020 versucht worden, die Krise unter Aufsicht eines „vorläufigen Sachwalters“ in Eigenverwaltung zu überwinden. Vergeblich: Bereits im August wurde die Eigenverwaltung aufgehoben, aus dem „Sachwalter“, dem Koblenzer Rechtsanwalt Jens Lieser, wurde der vorläufige Insolvenzverwalter. Der nächste Verfahrensschritt in der Abwärtsspirale ließ nicht lange auf sich warten – am 29. September wurde endgültig das Insolvenzverfahren eröffnet.

Zuerst spürten die Kunden in den Niederlassungen Bad Kreuznach und Ingelheim, dass etwas nicht stimmte. Beide Häuser wurden geschlossen (Ingelheim Anfang August, Bad Kreuznach Anfang Oktober), die Fahrzeuge, Reifen und Ersatzteile an den letzten verbliebenen – und weitaus größten – Firmensitz in Bingen-Sponsheim verfrachtet. „Der Service und Verkauf geht dort unverändert weiter“, sagt die bei der Kanzlei Lieser zuständige Rechtsanwältin Mechthild Greve auf Anfrage. Opfer des Insolvenzverfahrens wurden bereits Teile der Belegschaft: 37 Kündigungen wurden laut Insolvenzverwalter ausgesprochen, verblieben sind 53 Angestellte (inklusive Auszubildende). „Alle Bereiche werden aufrechterhalten“, sagt Anwältin Greve. Vor allem Opel zeige sich sehr daran interessiert, den Standort Bingen als strategisch günstig zu erhalten. Der Hersteller unterhält in Sponsheim ein sogenanntes Konsignationslager, stellt Fahrzeuge zur Verfügung, bis diese verkauft werden. Starke Hoffnungen ruhen auf zukünftigen Modellen wie dem neuen Opel Mokka. Auch Hyundai würde gern am Ort bleiben, heißt es, bei Fiat sind die Vorzeichen wohl eher andere.

Allerdings waren die abnehmende Marktbedeutung von Opel mit sinkenden Absatzzahlen, zu hohe Fixkosten an den drei Standorten und dann auch noch Corona mit ursächlich für die Schieflage bei Honrath, wo seit September 2018 Sven Groetzner die Geschäfte führt. Die Gesellschafter der 1973 gegründeten GmbH entstammen dem Familienkreis, die Wurzeln reichen bis zur Gründung durch Heinrich Honrath in den 20er-Jahren zurück. Die GmbH erzielte im Geschäftsjahr 2018 noch einen Umsatz von 44 Millionen Euro, doch die Ertragssituation wurde immer schwieriger.

Das Ausmaß der finanziellen Probleme ist gewaltig. Es geht laut Insolvenzgutachten um 8,5 bis 10 Millionen Euro an Verbindlichkeiten. Die Gläubigerschaft ist vielfältig: Autohersteller zählen ebenso dazu wie regionale und überregionale Banken, denen branchenüblich teils Fahrzeuge zur Sicherheit übereignet worden waren. Die Forderungen seien „nicht gänzlich ungesichert“, umschreibt die Insolvenzanwältin auf Basis des Sachverständigengutachtens die finanzielle Situation. Übrigens: Das weitläufige Grundstück in Bingen-Sponsheim fällt nicht in die Insolvenzmasse – es ist in Familienbesitz und damit nicht Teil des Vermögens der GmbH.

Am 3. November endete die Anmeldefrist für Forderungen. Vor dem Insolvenzgericht des Amtsgerichts Bingen wird am 1. Dezember dann eine Gläubigerversammlung als Berichts- und Prüfungstermin abgehalten.

Verärgert reagiert Kfz-Innungsobermeister Friedhelm Lenhart (60), der die Innung mit rund 150 Betrieben seit 2012 als Nachfolger von Dieter Markgraf (Weinsheim) führt, über die Schließung Honraths mit den Marken Opel, Fiat und Hyundai. Allein in Bad Kreuznach seien acht Mitarbeiter entlassen worden, „einige wurden nach 30 Jahren Betriebszugehörigkeit und ohne Abfindung einfach auf die Straße gesetzt“. Dabei seien gerade sie es gewesen, die das Autohaus an diesem Standort mit aufgebaut hätten. Sicher, Corona und der nachfolgende und anhaltende Trend zum (Auto-unabhängigen) Homeoffice mache der gesamten Branche zu schaffen, weiß Lenhart, der aber auch die Geschäftspolitik von Opel kritisiert: Modelle wie „Karl“ oder „Adam“, beides wenigstens kleine Renditebringer, seien aus dem Programm genommen worden. Ferner habe man sich mit Fiat eigene Konkurrenz im Konzern geschaffen.

Generell: Die Branche verändere sich, Wandel sei angesagt, es würden weniger Autos verkauft und in vielen Fällen eher geleast. Heute hätten Themen wie Wohnmobile, alternative Antriebe oder steuerbegünstigende Programme wie „Job-Rad“ häufig Priorität, so der Innungsobermeister, und sieht in der E-Bike-Welle einen weiteren Aspekt des Wandels.

Von unserem Redaktionsleiter Rainer Gräff

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