Kirn
„Aufstehen für Freiheit und Demokratie“: Mehrere Hundert Menschen bei Demo auf Kirner Marktplatz
Auf dem Kirner Marktplatz wollten am Samstagnachmittag mehrere Hundert Menschen ein Zeichen für Demokratie und Freiheit setzen.
Markus Kilian

Mit Schildern und stillem Protest haben am Samstagnachmittag mehrere Hundert Menschen auf dem Kirner Marktplatz für Freiheit und Demokratie demonstriert.

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Auf dem Kirner Marktplatz wollten am Samstagnachmittag mehrere Hundert Menschen ein Zeichen für Demokratie und Freiheit setzen.
Markus Kilian

„Nazis auf den Mond, weil da keiner wohnt“, „Rechts wird nur gestrickt“ und „Nie wieder“: Mit zahlreichen Plakaten und schlicht ihrer Anwesenheit haben mehrere Hundert Menschen am Samstagnachmittag auf dem Kirner Marktplatz gegen Rechtsextremismus demonstriert. Die Verbandsgemeinde Kirner Land, die Stadt Kirn und die hiesigen Glaubensgemeinschaften hatten zum friedlichen Protest „Aufstehen für Freiheit und Demokratie“ aufgerufen und mehrere Rede- und Musikbeiträge organisiert.

Auch diese beiden Merxheimerinnen nahmen an der Demonstration teil.
Markus Kilian

Das Datum der Demonstration am 24. Februar war indes kein Zufall: Auf den Tag genau vor zwei Jahren hatte Russland die Ukraine überfallen. Zudem war vor wenigen Tagen Kremlkritiker Alexej Nawalny gestorben, woran VG-Bürgermeister Thomas Jung erinnerte. „Das sind furchtbare Ereignisse, die zeigen, was möglich ist, wenn Freiheit und Demokratie fehlen. Wir müssen aufstehen und Flagge zeigen.“ Er appellierte für eine Gesellschaft, die präventiv und vorausschauend denkt.

Wer in einer Demokratie einschläft, muss damit rechnen, in einer Diktatur aufzuwachen.

Der Kirner Stadtbürgermeister Frank Ensminger zitierte mahnend Ex-US-Präsident Dwight D. Eisenhower.

Stadtbürgermeister Frank Ensminger hob das politische Engagement auf kommunaler Ebene als „Basis der Demokratie“ hervor und zitierte als Mahnung Ex-US-Präsident Dwight D. Eisenhower: „Wer in einer Demokratie einschläft, muss damit rechnen, in einer Diktatur aufzuwachen.“ Freiheit und Demokratie garantierten ein faires Miteinander, und dass sich Menschen frei entfalten könnten.

Dieses Paar aus Siesbach (Kreis Birkenfeld) machte dank seines auffälligen Schildes keinen Hehl daraus, wie es zur AfD steht. Fotos: Markus Kilian
Markus Kilian

Auch drei Vertreter der ortsansässigen Glaubensgemeinschaften traten ans Mikro. So mahnte Walter Fuß, Dekan im pastoralen Raum Idar-Oberstein, das gesellschaftliche Miteinander werde infrage gestellt. „Wer in einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft leben will, kann und darf in menschenverachtendem Gedankengut keine Heimat finden.“ Muhammed Eroglu, Vorsitzender der DITIB islamisch-türkischen Gemeinde Kirn, der seit 40 Jahren in Deutschland lebt, sagte mit Blick auf Freiheit und Demokratie: „Ich empfinde Dankbarkeit für diese Werte.“ Er appellierte für „eine Welt, in der Demokratie als Wegweiser gilt“.

Wer in einer freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft leben will, kann und darf in menschenverachtendem Gedankengut keine Heimat finden.

Walter Fuß, Dekan im pastoralen Raum Idar-Oberstein

Der Kirner Pfarrer Volker Dressel sprach von mehreren „Formen, Demokratie einzuüben“ – ob in der Familie, im Verein, Schule oder Kirche. „Demokratie ist anstrengend, aber notwendig.“ Persönliche Einblicke gab Auto Reiner Engelmann aus Schneppenbach, der von seiner in Südkorea geborenen Adoptivtochter erzählte, die inzwischen vermehrt Ausgrenzung und Hass erfahre. „Das ist etwas, dem wir entgegentreten müssen.“ Die AfD bezeichnete er als eine Partei, „die unsere Gesellschaft spaltet“.

Volle Bühne: Musik machten unter anderem Take Two (2. und 3. von rechts). VG-Chef Thomas Jung (5. von rechts) moderierte die Demo.
Markus Kilian

Künstlerisches gegen Extremismus

„Dein Kreuz gegen Hakenkreuze, damit fängt es an“, lautet eine Zeile aus „Our Bass Player Hates This Song“ von Die Ärzte, einen Song, den Edda Lanz und Helena Heinrich vom Kirner Gymnasium zum Einstieg der Demonstration „Aufstehen für Freiheit und Demokratie“ am Samstag auf dem Kirner Marktplatz singen. Denn neben mehreren Reden und einigen kreativen Plakaten sollte auch Musik zum friedlichen Protest beitragen. So schwenkten viele Handytaschenlampen mit, als die beiden Schülerinnen John Lennons Song „Imagine“ anstimmten.

Auch Walter Krass und Christoph Brühl alias Take Two appellierten mit Konstantin Weckers „Sag Nein“ und dem eigens dafür kreierten Song „Regenbogenfarben“ für mehr Vielfalt in der Gesellschaft. Und mit „Freiheit ist das einzige, was zählt“ endete schließlich ihre Interpretation von Marius Müller-Westernhagens Klassiker „Freiheit“. Berührt hat ebenso der Brückenchor Becherbach, der das Bürgerlied (Harnisch) aus voller Kehle über den Kirner Marktplatz erklingen ließ.

Für einen kurzen Moment wurde es im Stadtzentrum dann aber ganz still: In einer Schweigeminute gedachte man aller Menschen mit ausländischen Wurzeln, denen Unrecht angetan wurde. mki

Auch mehrere Erzieherinnen aus dem Kirner Raum schilderten ihre Erfahrungen, wenn Kinder und Jugendliche Ausgrenzung erfahren. „Mir ist wichtig, dass wir uns für die Zukunft unserer Kinder einsetzen“, forderte etwa Loredana Barletta, selbst Mutter von Kindern mit Migrationshintergrund. „Ich wünsche mir eine Welt, in der Kinder frei über die Straße gehen können.“

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