Ein großes Herz für Tiere
Auf Rüdesheimer Weide beim Ziegen-Yoga entspannen
Elke Herrmann liebt Tiere und hat schon etliche vor dem Schlachter gerettet. Nun gibt es auf ihrer Weide nicht nur ein angeleitetes Yoga zwischen Ziegen, sondern es steht auch eine Vereinsgründung an.
Cordula Kabasch

Statt Schnitzel auf dem Teller lieber Yoga mit Ziegen: Elke Herrmann rettet Nutztiere vor der Schlachtung und hält sie auf einer Weide in Rüdesheim. Sie ist überzeugt, dass man sich in Gegenwart der meckernden Vierbeiner wunderbar entspannen kann.

Lesezeit 4 Minuten

Wenn Elke Herrmann vor der grünen Maschendrahttür steht, die zu ihrem Grundstück in Rüdesheim am Kesselberg führt, kommt oft eine Ziege von der kleinen Herde auf der Weide angelaufen und wartet – darauf, dass Elke Herrmann die Tür öffnet und sie streichelt. Der Wind fährt durch die Bäume, ein Hahn schreit, und von der Straße weiter unten wehen ein paar Musikfetzen herüber. Ein idealer Platz, um Ziegen-Yoga anzubieten, findet Elke Herrmann.

Poldi heißt der neugierige Ziegenbock, vor dem die anderen ein bisschen Angst haben. Die Ziegen haben alle Namen. Lucky, Sissy, Lena und Pepina stößt er gern mal mit seinen Hörnern beiseite. Deswegen ist er so etwas wie der Chef auf dem malerischen Grundstück etwas oberhalb vom Freibad in Rüdesheim – außer dem Hahn, der dort auch lebt. „Er denkt, ich bin eins seiner Hühner, deswegen ist er so frech“, sagt die 62-jährige Hüffelsheimerin und lacht. Sie sitzt auf einem Mäuerchen am Rand des Grundstücks und schaut über die wilde Wiese, die von alten Bäumen eingefasst ist. Links von ihr liegen drei größere Futterhäuschen aus Holz verlassen da. Die Ziegen umringen Elke Herrmann, alle wollen ein paar Streicheleinheiten und kabbeln sich um den besten Platz. Auf der Wiese wird das Ziegen-Yoga stattfinden. Zum Entspannen und Ausspannen.

Ziegen als Fleischbeilage? Nein, Danke!

„Ein Kilo Ziege für 9 Euro“: Diese Anzeige hat Elke Herrmann vor Jahren auf einem Online-Marktplatz entdeckt. Ziegen als Fleischbeilage gefällig? Oder doch lieber lebendig? Je nach Kundenwunsch wurde beides angeboten. Die Hüffelsheimerin fackelte nicht lange, kaufte die sechs angebotenen Tiere in der Nähe des Bodensees und brachte sie nach Sommerloch auf eine Weide, damit sie dort noch eine schöne nutztierfreie Zeit haben.

Eine Rettungsaktion, die nicht die erste war und der sich weitere anschließen sollten. Im April 2021 rettete Elke Herrmann ihre ersten beiden Kühe vor der Schlachtung. Trudi gab nicht genug Milch, und Balduin wurde als männliches Kalb in der Milchindustrie nicht gebraucht. Beide leben heute noch in Sommerloch, und inzwischen sind dort noch zwei weitere Kühe untergekommen, Schneeweißchen und Röschen. Und weil das für einen allein etwas viel ist, hat Elke Herrmann Paten für die Kühe gesucht und gefunden, die sich um „ihre“ Kuh kümmern, etwas Geld zuschießen, wenn ein Tierarztbesuch ansteht oder auf einen Spaziergang vorbeikommen. Sie organisiert einmal im Jahr ein Patentreffen in Sommerloch, wo alle auf der Wiese zwischen ihren Kühen picknicken.

Ein frecher Hahn lebt inmitten der Ziegen auf einer Rüdesheimer Weide.
Cordula Kabasch

Während Elke Herrmann erzählt, dass sie dabei ist, einen Verein zu gründen, schnappt eine Ziege nach einem Zettel, den sie in der Hand hält. Darauf steht, wann das Ziegen-Yoga stattfindet und ein paar Details zum Verein. Eine Satzung ist beim Amtsgericht eingereicht worden, damit der Eintrag ins Vereinsregister erfolgen kann. „Viva KUHnterbunt“ soll er heißen. Sieben Gründungsmitglieder sind dabei, die Rollen der Vorsitzenden, des Schriftführers, des Kassenwarts und so weiter sind bereits vergeben worden. Da es 35 Paten für die Kühe und Ziegen gibt, werden sie, so hofft Elke Herrmann, Fördermitglieder. Weitere Zugänge sind ausdrücklich erwünscht.

Warum sie das alles macht? „Ich möchte Tieren eine artgerechte Haltung ermöglichen“, erklärt sie. Die Massentierhaltung sei leidvoll für die Tiere. „Wenn man Tieren gegenüber gefühllos ist, ist man es auch gegenüber Menschen“, glaubt sie. Sie selbst habe ein gutes Leben, und das wünscht sie sich auch für Tiere. Der Verein will Tieren eine Stimme geben, vor allem auch Nutztieren. In der Obhut des Vereins leben elf Ziegen, drei Kühe, einige Hühner und Kaninchen. Einige Tiere sind in Sommerloch daheim, einige in Hüffelsheim auf dem Marienhof und einige in Rüdesheim.

Neugieriger Vierbeiner: Beim Interview beißt eine Ziege etwas Papier vom Block ab. Die Tiere sind sehr zutraulich und freundlich.
Cordula Kabasch

Und so fördert Elke Herrmann auch gern den Kontakt von Familien zu den Vierbeinern. Wenn an ihrem Grundstück in Rüdesheim Spaziergänger vorbeikommen, treten sie schon mal durch das grüne Maschendrahttürchen und erleben selbst, wie zutraulich die Ziegen sind. Kuschelige, sanfte Vierbeiner, die sogar auf ihren Namen hören. Ideal, um sich bei ihnen zu entspannen.

Deswegen gibt es das Ziegen-Yoga mit Anne Senft, die die maximal 15 Teilnehmer im Yoga anleiten wird. Los geht es am Samstag, 24. Mai, um 17 Uhr. Die Teilnehmer legen sich auf die Wiese auf eine Yoga-Matte und die meditativen Übungen starten. „Ziegen sind neugierig, es kann gut sein, dass sie zu uns kommen und zuschauen“, sagt Elke Herrmann. Vielleicht aber auch nicht, denn sie haben ihren eigenen Kopf. Der Ruhe auf dem Grundstück, dem Wind in den Bäumen, dem Meckern der Ziegen und dem Krähen des Hahns tut das keinen Abbruch. „Die traditionellen Yoga-Übungen und die humorvolle Präsenz der Ziegen werden ein Erlebnis, das Körper und Geist erfrischt“, verspricht ein Werbezettel, den Elke Herrmann auf dem grünen Maschendrahttürchen zur Wiese angebracht hat.

Das Ziegen-Yoga findet statt am Samstag, 24. Mai, um 17 Uhr auf dem Kesselberg in Rüdesheim auf Elke Herrmanns Grundstück. Wer teilnehmen möchte, kann sich unter Telefon 0151/29527667 anmelden.

Top-News aus der Region