Migrationsbeirat befasst sich in jüngster Sitzung mit Abschiebung von bereits integrierten Asylsuchenden
Appell für den Kreis Bad Kreuznach: Integration fördern, statt verhindern
Landesaufnahmebehörde für Asylsuchende
Asylsuchende sollen im Kreis besser integriert statt abgeschoben werden, so der Appell des Kreisbeirats für Migration und Integration.
Julian Stratenschulte. Julian Stratenschulte/dpa

Der Migrationsbeirat hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit der Abschiebung von bereits integrierten Asylsuchenden befasst. Die Meinungen gingen dabei auseinander.

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Dem Kreis sind bei der Abschiebung abgelehnter Asylsuchender oft die Hände gebunden. Ist ein Asylsuchender abgelehnt, dann kann die Kreisverwaltung laut geltendem Recht die Abschiebung nicht verhindern. Auch dann nicht, wenn die abzuschiebende Person sich während des laufenden Asylverfahrens vorbildlich verhalten hat, möglicherweise sogar schon eine Lehre begonnen hat. Darüber informierte Vorsitzende Anna Kunz während der jüngsten Sitzung des Migrationsbeirats des Kreises.

Kunz berichtete, dass es unterschiedliche Gründe für eine Abschiebung gibt. Während bei Menschen, die als Intensivstraftäter verurteilt wurden, der Kreis einen Ermessensspielraum hat, wie schnell abgeschoben wird, bleibt ihm bei abgelehnten Asylsuchenden nur die Abschiebung. Dieser Abschiebung geht die Ablehnung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Trier voraus, gegen die die abgelehnte Person juristisch vorgehen kann. Entscheiden die Gerichte in zwei Verfahren im Sinne des BAMF, muss der Kreis abschieben.

Es gibt mehre Hilfsangebote im Vorfeld der Anhörung

Deutlich wurde im Ausschuss, dass dies gleichermaßen für alle Kreise gelte. Im Rahmen der aufkeimenden Diskussion war zu hören, dass sich mancher Asylbewerber bei der Anhörung durch das BAMF undeutlich ausgedrückt hat, was letztlich Grund zur Ablehnung sein kann. Darum sollten sich Asylbewerber unbedingt im Rahmen ihres Verfahrens an das Diakonische Werk oder den Internationalen Bund (IB) wenden und um Unterstützung bitten. Den Beiratsmitgliedern ist klar, dass es für die Betroffenen, die auf bestem Weg sind, sich zu integrieren, bitter ist, abgeschoben zu werden.

„Aber Recht ist nun einmal Recht“, unterstrich die Beiratsvorsitzende. Aus Sicht der Beiratsmitglieder dürfte die finanzielle Unterstützung, die Betroffene im Rahmen der freiwilligen Ausreise erhalten, sicher nur ein schwacher Trost sein. Im Rahmen der Diskussion wurden Vorwürfe laut, dass abgelehnte Asylbewerber im Rahmen eines Besuchs bei der Ausländerbehörde des Kreises sofort abgeschoben wurden. Gegen die Kritik verwahrte sich allerdings die Beiratsmehrheit. „War einer dabei und hat den Vorfall beobachtet?“, fragte Kunz. Martina Hassel riet davon ab, dieses Thema öffentlich zu diskutieren. „Dadurch erzeugen wir unnötig Angst der Betroffenen vor der Ausländerbehörde“, erklärte die SPD-Politikerin. Zumal der Chef der Ausländerbehörde, Timo Müller, zugesagt hatte, im Beirat Stellung zu besagtem Vorfall zu beziehen.

Warum der Kreis Bad Kreuznach sich so schwer tut, vollgültige Ausweisdokumente für afghanische Flüchtlinge auszustellen, wollte Beiratsmitglied Uwe Schu wissen. Für Schu geht es um die Personengruppe, die im Kreis integriert ist, aber keinen Reisepass hat, und darum nicht eingebürgert werden kann. Da es offiziell keine Kontakte zwischen Deutschland und dem Talibanregime in Afghanistan gibt, haben die Menschen keine Botschaft ihres Herkunftslands in Deutschland, um sich die nötigen Dokumente zu besorgen. Uwe Schu fürchtet, wenn schon die Eltern keine Identität haben, wird sich das mit ihren Kindern fortsetzen.

Nachbarlandkreise handhaben Dokumente mitunter anders

„In manch anderen Landkreisen wird ganz anders verfahren“, sagte Schu. Schon der Nachbarkreis Birkenfeld sei bei der Ausstellung amtlicher Dokumente wesentlich flexibler. Dabei gebe es fünf Stufen, die Identität nachzuweisen. Angefangen von der Geburtsurkunde über Heiratsurkunde oder Führerschein bis hin zu einem DNA-Test, informierte Schu. Er habe Müller gefragt, warum er auf den Pass besteht, und bekam zur Antwort, weil er das könne. „Dass es in dieser Sache im Kreis Bad Kreuznach nicht weitergeht, gefällt mir nicht“, erklärte Schu.

Auch Beiratsvorsitzende Kunz hatte bei Müller nachgefragt und erfuhr, dass dies geltendes Recht sei. Im Beirat kam manch einer zu dem Schluss, dass es möglicherweise Ermessensgrundlage ist, da andere Kreise zu anderen Lösungen finden. Schu möchte nun genauer feststellen, wie die Einbürgerung von afghanischen Flüchtlingen ohne Pass andernorts geregelt ist. Er spreche hier von Menschen, die in Deutschland fest integriert sind. „Wir sollten Integration fördern und nicht verhindern“, erklärte auch Hassel.

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