Modellausstellung in der Dominikschule zieht wieder mehr als 500 Besucher an
Anschauliche Heimatkunde zum Thema Kirn: Modellausstellung in der Dominikschule
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Die Kirner Kerb hatte es den Buben Joschua (links) und Leon Bott und ihrem Opa Karlheinz besonders angetan. Fotos: Armin Seibert
Armin Seibert

Die Modellaussstellung in der Kirner Dominikschule zog mehr als 500 Besucher an. 

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Joschua ist drei Jahre alt und schaut seit über zwei Stunden staunend auf Augenhöhe, was sich auf Tischen in der Sporthalle der Kirner Dominikschule alles dreht und leuchtet, Musik oder Krach macht. Manfred Kuhnert ist 83. Er reiste aus Thüringen zur Modellausstellung an, betrachtet mit seinem Mainzer Freund Jürgen Stapelmann (82) die detailgetreu nachgebauten Stadtmodelle seiner Heimatstadt. Das weckt Erinnerungen an die Kindheit, etwa an den Spielplatz im verwinkelten Gerberviertel.

Die Ausstellung der Modellbaufreunde um den Wahl-Münchner und Ur-Kirner Armin Holzhäuser (78) bietet allen Altersgruppen Anschauungsunterricht. „Alle sind begeistert“, sagt Karlheinz Bott, der mit seinen Enkeln Joschua und Leon (6) und deren Eltern angereist ist. Die Buben sind von den Miniatur-Fahrgeschäften der Kirner Kerb und dem Feuerwehr-Einsatz mit Miniatur-Digitalautos begeistert sind. Ur-Kirner oder vor Jahrzehnten Zugereiste finden in den Modellen stets neue Details.

Modelle der Kirner Kyrburg

Die Modelle der Kirner Kyrburg früher und heute vermitteln einen Eindruck der einst mächtigen Schlossanlage. Da gab es Geheimgänge (einer am Modell ist begehbar), eine Ritterwiese, riesige Stallungen. Als Bauplan dienten Zeichnungen, die über die Kirner deutsch-französische Freundschaft von den Franzosen stammen. Auch beim Bau der Park- und Schlossanlage Amalienlust führt die Spur nach Frankreich.

Den Schlosspark in Kirn mit Pavillons an der Nahe (einer steht am Hahnenbach) und der Zentrale der alten Kellerei treibt Betrachtern Tränen in die Augen. So schön war Kirn? Kellerei, Amalienlust, Pizzeria und Kinderarztpraxis stehen noch – der Rest wurde als Steinbruch verbaut. Viel Beachtung fanden die neuen Modelle von Kirche und Spielmanns Mühle mit der benachbarten Autowerkstatt von Leo Schenz und dem Nahe-Holzsteg. „Das gab viele Diskussionen“, schildert Armin Holzhäuser. „Da sind wir als Kinder drüber gegangen und haben bei Spielmanns Milch geholt“, fügt Manfred Kuhnert an. Das Anwesen hieß damals Funkstation, erinnert er sich.

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Das alte Fachwerkhaus am Hahnenbach war einst eine Kneipe, dann jahrelang eine Brandruine.
Armin Seibert

Erinnerungen werden wach

Der Steg wurde oft vom Hochwasser weggeschwemmt, dann nicht mehr aufgebaut. Der gebürtige Kirner Kuhnert ist als Amtsrichter nach der Wende nach Thüringen gegangen. Zur Ausstellung kommt er stets heim, trifft Freunde. Das Gerberviertel hat es Jürgen Stapelmann angetan. Der Psychologe wuchs im Haus Matzenbach auf. „Als Kinder haben wir im Teich gebadet“, erinnert er sich. „Überall waren noch die alten Gruben mit dem Lohkäse und vielen Ratten“. Hygienisch war das nicht. Bei der Lederproduktion muss es bestialisch gestunken haben im Viertel. Die Häute wurden mit Lohrinde in Gruben gegerbt. Mit nackten Füßen wurde der Lohkäse getrampelt, mit Hundekot versetzt. Das Zeug wurde aus Mainz und Frankfurt mit Sonderwaggons angekarrt. Nach dem Gerben wurde das Gemisch aus Eichenrinde und Kot getrocknet und verheizt.

Die Erinnerung soll nicht verblassen. Etwa im Hinblick auf die geplante Kirner Stolperstein-Aktion, die an die vertriebenen und ermordeten jüdischen Mitbürger Kirns erinnert. So auch an Familie Nonnweiler im Haus Matzenbach. Eine solche Heimatkundefunktion übernimmt die Modellausstellung ebenfalls. Sie blendet zurück in die Zeit mit vielen Flüchtlingen nach dem Ersten Weltkrieg mit der Bahnwaggonsedlung Pickendorf oder das Eisenbahnunglück mit dem Lazarettzug und 40 Toten 1918.

Geeignete Ausstellungsräume gesucht

All das gilt es zu erhalten. Seit Jahren sucht man geeignete Ausstellungsräume, wirbt um Nachwuchs. Holzhäuser hat einen weiteren Kellerraum zur Verfügung, aber das Auf- und Abbauen ist mühsam. Schon am Donnerstagabend ging es los. Und dabei gabt’s Schäden, wenn ein Modul ungeplant anstieß. Vielleicht gelingt es mit vereinten Kräften, ein paar Quadratmeter in den Rathäusern freizuräumen. Dann könnten wechselweise Stadtansichten gezeigt werden. „Nicht dauerhaft und endgültig, sonst bräuchten wir die große Oktoberausstellung ja nicht mehr“, sagen die Modellfreunde.

Nach verhaltenem Auftakt am Samstag war's am Sonntag teils brechend voll. Die weit über 1500 Betrachter standen in Zweierreihen, die Küche musste nachordern, die Kuchentheke war ausverkauft. Die Modellausstellung ist ein festes Event im Kirner Terminkalender. Keine Hallenveranstaltung zieht mehr Gäste an.

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