Bad Kreuznach
Anonymer Hinweis: Heimliche Bilder aus dem Lehrerzimmer - Pirsch auf einen Kaffeedieb
Wildkamera an einem Baum

Zum Beobachten von Tieren in freier Wildbahn ist so eine Kamera eigentlich gedacht. An einer Bad Kreuznacher Berufsschule soll anderes heimlich beobachtet worden sein. (Symbolfoto)

Arno Burgi/Archiv. dpa

Bad Kreuznach.Verschwundener Kaffee, eine Wildkamera im Lehrerzimmer und ein anonymer Brief: Das sind die Zutaten zu einem ganz speziellen Fall, in dem derzeit die Polizei ermittelt. Alarmiert wurde sie durch ein anonymes Schreibens, das auch unserer Zeitung vorliegt.

Der Verfasser behauptet, dass an der Berufsbildenden Schule TGHS in Kreuznach über Wochen heimlich Filmaufnahmen von Lehrern, Reinigungskräften und möglicherweise anderen Personen gemacht wurden.

Der Grund: Aus einem der drei Lehrerzimmer sei wiederholt unberechtigt Kaffee konsumiert bzw. entwendet worden. Was einen Pädagogen offenbar so ärgerte, dass er beschloss, sich selbst als Ermittler zu betätigen – wobei er möglicherweise die Grenzen des Erlaubten überschritt. Denn er installierte in dem Raum eine Wildkamera.

Aufgrund der Fotos sei schließlich eine Junglehrerin als „Täterin“ verdächtigt worden – und zwar nach Informationen unserer Zeitung auch noch fälschlicherweise. Sie sei geschockt gewesen, als sie mit dem Beweismaterial und dem Vorwurf, die gesuchte Diebin zu sein, konfrontiert wurde.

Whistleblower aus den Reihen des Lehrerkollegiums

Der Inhalt des anonymen Briefes lässt darauf schließen, dass es sich bei dem Whistleblower, der das Kaffee- und Kamera-Gate öffentlich machte, um einen Lehrer der Schule handelt. Er ist nach eigenen Worten ebenso wie die meisten Kollegen „schier entsetzt, dass aus ihrer Mitte heraus ihre Würde und ihre Persönlichkeitsrechte derart vergewaltigt wurden“. Der Vertrauensverlust im Kollegium sei immens. Der Vorfall war, wie der „Oeffentliche“ erfahren hat, auch Thema bei einer Personalversammlung vor wenigen Tagen.
Dort soll sich der Lehrer, der die Kamera eingesetzt hat, für sein Vorgehen bei allen Beteiligten entschuldigt haben. Dafür habe es Applaus gegeben. Für die Schule sei der Fall damit erledigt, heißt es.

Nicht aber für die Polizei sowie die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, die sich aufgrund des anonymen Schreibens jetzt weiter mit dem Fall beschäftigen. Dabei geht es nicht um die immer noch ungeklärte Frage, wer den Kaffee geklaut hat. Arndt Hebel, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Bad Kreuznach, bestätigt, dass wegen „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ (Paragraf 201a des Strafgesetzbuches) und wegen Verstoßes gegen das Recht am eigenen Bild ermittelt wird. Die Ergebnisse gehen an die Staatsanwaltschaft Bad Kreuznach.

Schulleiter sieht alles nicht so dramatisch

Ob der Fall auch disziplinarrechtliche Konsequenzen hat, will die ADD davon abhängig machen, was die Justizbehörde die Sache bewertet. Für Simon Lauterbach, den Leiter der BBS, ist alles längst nicht so dramatisch wie von dem anonymen Enthüller dargestellt. Es seien im Übrigen nur Foto- und keine Filmaufnahmen gemacht worden – und das auch nur in einem kleinen Nebenraum, der den Ü60-Lehrkräften vorbehalten sei.

Lauterbach ärgert sich über das Schreiben, weil dadurch indirekt die viel wichtigere pädagogische Arbeit der Schule mit ihren rund 100 Lehrern und 2000 Schülern diskreditiert werde. Für den Verfasser hingegen sind die heimlichen Aufnahmen „nicht nur kriminell, sondern auch niederträchtig und für ein Kollegium verheerend“. Er selbst halte seit dem Vorfall ständig unwillkürlich Ausschau nach verborgenen Kameras. „Ich fühle mich beobachtet und nicht mehr wohl an meiner Schule.“

Kurt Knaudt

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