Analyse Nies verliert mehr Stimmen, als die schwächere Wahlbeteiligung erklärt - VG Rüdesheim: Jeder Vierte wählt CDU
Analyse: Bettina Dickes mobilisiert ihre Klientel - Häme kein Thema
Geballte CDU-Prominenz: Bettina Dickes feiert mit (von links) Antje Letzius, Franz-Josef Diel, Erika Breckheimer und Julia Klöckner. Foto: Carsten Zillmann
Carsten Zillmann

Kreis Bad Kreuznach. Bettina Dickes (CDU) wird im Juli neue Landrätin. Hans-Dirk Nies (SPD) scheitert zum zweiten Mal – diesmal abgeschlagen: 58,7 zu 41,3 Prozent der Stimmen. Woher kommt dieser Vorsprung? Eine Analyse der vier wahrscheinlichsten Erklärungen.

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Geballte CDU-Prominenz: Bettina Dickes feiert mit (von links) Antje Letzius, Franz-Josef Diel, Erika Breckheimer und Julia Klöckner. Foto: Carsten Zillmann
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Auf den ersten Blick scheint es, als ob die Wähler der unabhängigen Kandidatin Anke Schumann den Ausschlag gegeben haben. Schuman holte im März 5856 Voten. Dickes baute ihren Vorsprung von 1592 Stimmen auf 5981 aus. Die Werte liegen also sehr dicht beieinander. Deshalb scheint die Schumann-These zunächst plausibel – gerade auf die Stadt Kreuznach bezogen. Hier erarbeitete sich Dickes ein Stimmenplus in Höhe der Schumann-Wähler. Doch ein Detail macht stutzig: die relativen Gewinne/Verluste.

Hans-Dirk Nies' Stichwahl-Ergebnis ist schlechter, als es die gesunkene Wahlbeteiligung erklären könnte. Ein Gedankenexperiment: Die Wahlbeteiligung ging in der Kreisstadt von 28,6 auf 25,7 Prozent zurück.Rechnerisch hätten Nies und Dickes also rund 2,9 Prozent ihrer Wähler einbüßen müssen. Das geschah aber nicht. Nies verlor insgesamt 426 Stimmen. Das sind knapp zehn Prozent.

Dickes legte dagegen deutlich mehr zu, als die reinen Schumann-Stimmen bewirkt hätten. Die vollständige Erklärung lautet wohl eher so: Dickes blieb stabil oder holte zusätzliche Stimmen, eroberte außerdem Schumann-Wähler zurück, und Hans-Dirk Nies schwächelte enorm. Illustrieren lässt sich das Phänomen beispielhaft am Wahllokal Reitschule II: Dickes kletterte von 36,4 auf 62,2 Prozent (plus 25,8 Prozentpunkte). Nies landet am Sonntag nur noch bei 37,8 statt 38,6 Prozent.

Für einen echten Schock bei den Genossen sorgten die Resultate im Westkreis. Alle SPD-Hochburgen sind gefallen. Genau genommen wurden sie sogar überrannt. „Das ist unfassbar“, hieß es am Tisch von Kreistagsmitglied und Urgestein Volker Schöffling (Bockenau) mehrfach. Dabei war das rote Terrain um Meisenheim und vor allem Kirn gerade für Dickes immer ein schwieriges Pflaster. Ihre Niederlage bei der Landtagswahl gegen Denis Alt (SPD) im Jahr 2016 hängt auch mit dem krachend schlechten Ergebnis von 26,5 Prozent in der VG Kirn-Land zusammen.

Zum Vergleich: Alt holte 46,3 Prozent. Am Sonntag entschieden sich allerdings 53,1 Prozent aller Wähler für die konservative Politikerin. Dabei räumt die offen ein, dort sehr gezielt Wahlkampf gemacht zu haben. Das Ziel lautete Demobilisierung. Motto: Bloß keinen Nies-Wähler zur Stichwahl an die Urne bringen. Ihre Strategie ging voll auf. Der Sozialdemokrat setzte sich in der VG nur noch in sechs Wahllokalen durch. Im März waren es noch 15 Siege. Dieser Wert hat sich praktisch umgekehrt: Dickes räumte ab, holte 16-mal die absolute Mehrheit. Das Gesamtergebnis: 53,1 zu 46,9 Prozent.

Bettina Dickes mobilisierte in CDU-Hochburgen ihre Wähler stärker als im ersten Wahlgang. Den größten Vorsprung sicherte sich die künftige Landrätin in der VG Stromberg. 65,5 Prozent aller Wähler machten das Kreuz bei ihr. Die Wahlbeteiligung blieb in der nördlichsten VG allerdings bei überschaubaren 33,5 Prozent. Die These untermauert eher die VG Rüdesheim. Dort entschied sich jeder vierte wahlberechtigte (!) Bürger für die Bad Sobernheimerin (62 Prozent, bei 42,9 Prozent Wahlbeteiligung). Der Wert in Wallhausen ist, dicht gefolgt von Dalberg, am extremsten: Dort stimmte fast jeder Zweite, der überhaupt zur Wahl gehen durfte, auch für die künftige Landrätin Bettina Dickes.
Von unserem Reporter Carsten Zillmann

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