Über die schlimmen Zustände im markanten Hochhaus am Bad Kreuznacher Agnesienberg berichtete der Oeffentliche Anzeiger bereits mehrfach. Während der Eigentümer des Wohnhauses mit der Anschrift „Agnesienberg 1“, die Benner Holding aus Wiesbaden, nun den Austausch der Mülltonnen in größere Müllcontainer veranlasst hat und damit seinen Mietern in den 40 Wohnungen ein erstes Entgegenkommen signalisiert, plagen viele Mieter die hohen Nebenkostenabrechnungen.
So berichtete der Vorsitzende des Miet- und Pachtvereins Bad Kreuznach, Rechtsanwalt Paul Trauth, von dem Fall eines Mieters, der für seine 75 Quadratmeter große Wohnung Heizkosten in Höhe von 3860 Euro zahlen soll. Wenn man dann noch seinen Lebensunterhalt von Transferleistungen bestreiten muss, sei das der finanzielle Super-GAU, da gibt sich Trauth keiner Illusion hin. Bleibt eigentlich nur der Weg zum Sozialamt, um zusätzliche Heizkostenbeihilfe zu beantragen. Doch Hilfe gibt es hier nicht. Obwohl „durch hilfesuchende Mieter die Situation in dem genannten Mehrfamilienhaus am Agnesienberg bekannt ist“, wie Sozialdezernenten Markus Schlosser auf Anfrage mitteilte.
„Als Sozialamt können und dürfen wir keine Nachzahlungen aus Nebenkostenabrechnungen leisten, die nicht nachprüfbar sind.“
Sozialdezernent Markus Schlosser
Die Krux liege an der Nebenkostenabrechnung der Firma Benner selbst. „Als Sozialamt können und dürfen wir keine Nachzahlungen aus Nebenkostenabrechnungen leisten, die nicht nachprüfbar sind“, informierte Schlosser. Somit liegt der Ball wieder im Spielfeld von Benner. Wenn schon das Sozialamt abwinkt, scheint die Nebenkostenabrechnung des Vermieters alles andere als schlüssig. In den letzten Jahren kam niemand mehr in die Wohnungen um den tatsächlichen Verbrauch an den Heizkörpern abzulesen, teilen Mieter dieser Zeitung mit. Namentlich wollen sie nicht in Erscheinung treten.
„Ich glaube auch nicht, dass der Verbrauch via Funkübertragung übermittelt wird", vermutet Rechtsanwalt Trauth. Er fordert im Auftrag seiner zehn Mandaten, die er am Agnesienberg 1 vertritt, seit Langem Einsicht in die genauen Verbrauchsdaten. Auf Einzelfälle wollte Sozialdezernent Schlosser aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht eingehen. Er rät den Mietern, Widerspruch gegen die Abrechnungen ihres Vermieters einzulegen. Viele von hohen Nachzahlungen Betroffene fürchten, dass Benner bei Nichtzahlung ihnen die Wohnungen kündigen könnte.

Termine für die Betroffenen, um beim Sozialamt ihre Nöte deutlich zu machen, gibt es kaum. Laut Schlosser arbeiten die Mitarbeiter des Sozialamtes seit Jahren über der Belastungsgrenze. Durch die Flüchtlingskrise aus der Ukraine und die hohen Zuweisungszahlen von Flüchtlingen und Asylbewerbern in den letzten Jahren hat sich diese Situation weiter verschärft. Dies führe zu dauerhaften Erkrankungen und Personalabgängen. „Es gibt bereits Überlastungsanzeigen", teilte Schlosser mit.
Nathalie Bertels, Prokuristin der Benner Holding hat zwischenzeitlich auf unsere Anfrage reagiert. Aktuell liefen zwölf Räumungsklagen, weil Mieter ihre Miete nicht gezahlt hätten. Reparaturkosten würden nicht umgelegt, das Treppenhaus werde nun zweimal pro Woche gereinigt. Auch seien die Mieten nicht sprunghaft gestiegen, widerspricht das Unternehmen. Die Nebenkostenvorauszahlung hätte wegen den gestiegenen Energiekosten erhöht werden müssen. Auch die Gegensprechanlage werde für einige Mieter repariert – beim Großteil funktioniere diese aber. Dies war auch einer der Kritikpunkte.