Staudernheimer Problemhaus
Abrissarbeiten stehen seit Tagen still
Die Abrissarbeiten im Staudernheimer Neubaugebiet Am Ursberg stehen derzeit still, das Abrissunternehmen hat seinen Bagger und sein Team abgezogen.
Silke Jungbluth-Sepp

Die Rückbauarbeiten am Staudernheimer Problemhaus stehen seit Tagen still. Grund sind nach Informationen dieser Zeitung die hohen Entsorgungskosten für den Bauschutt, der durch den missglückten ersten Abriss nicht sachgemäß getrennt werden kann.

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Eigentlich sollte das Problemhaus im Staudernheimer Wohngebiet Am Ursberg inzwischen Geschichte sein. Doch der Abriss des mängelbehafteten Rohbaus und der Stützmauern ist zum Erliegen gekommen. Schon Ende vergangener Woche hat das Abbruchunternehmen Dominik Korz aus Sembach die Maschinen und Container fortgeschafft, seitdem herrscht Stillstand auf dem Steilhang-Grundstück, berichten die Anwohner.

Zwar ist das Haus selbst bis zum Stopp der Arbeiten weitgehend abgetragen worden. Aber die Bodenplatte ist noch an Ort und Stelle, ebenso stehen Teile der Mauern seitlich und auf der Rückseite. Auf der Bodenplatte türmt sich der Bauschutt. Und vor allem stehen die Mauerscheiben der Stützmauern im unteren Teil des Grundstücks noch immer.

Das heißt, dass die unterhalb des Abrissgrundstücks lebende Familie Schappert, die sich schon lange gegen die nicht fachgerecht gebaute Stützmauer an der Grundstücksgrenze wehrt, nach wie vor mit einem unguten Gefühl in ihren Garten schaut. Den hinteren Teil ihres Geländes haben sie weiterhin abgesperrt, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Mauerscheiben nachgeben – wie auch Gutachten bescheinigt haben.

Kathrin Schappert hofft darauf, dass die Arbeiten rasch weitergehen und die instabile Stützmauer zum Grundstück ihrer Familie bald entfernt wird. Auf dem Kletterturm kann ihr Sohn aus Sicherheitsgründen schon seit Jahren nicht mehr spielen.
Silke Jungbluth-Sepp

Doch warum hat das Abrissunternehmen die Arbeiten eingestellt? „Warum das Unternehmen diese Pause macht, kann ich ehrlich gesagt auch nicht genau sagen“, antwortet Bauherr Christian Bruch auf Anfrage dieser Zeitung. Er habe die Abschlagszahlungen wie vereinbart überwiesen, „einen relativ hohen fünfstelligen Betrag“. Dadurch sei bereits der „allergrößte Teil“ dessen, was im Vertrag mit der Firma vereinbart war, gezahlt worden. „Also haben wir unseren Teil erfüllt, und sogar überzahlt“, betont er und weist Vorwürfe zurück, der Stopp der Arbeiten hänge mit nicht von ihm geleisteten Zahlungen zusammen. „Da wird im Ort so viel verdreht und dazu gedichtet, das ärgert mich kolossal“, sagt er.

Die Kreisverwaltung, die wegen der statischen Mängel des Rohbaus eine Abbruchverfügung erlassen hatte, bestätigt auf Nachfrage den Stillstand der Arbeiten. „Die Gründe für die Unterbrechung der Arbeiten sind uns nicht bekannt. Wir gehen von einer baldigen Fortsetzung der Beseitigung aus“, so Pressesprecherin Simone Mager. Ob der Abriss aus finanziellen Gründen stockt, kann sie auf Nachfrage nicht sagen. „Dazu liegen uns keine gesicherten Erkenntnisse vor.“

Weil die L-Mauerscheiben kein ausreichendes Fundament haben, steht die Stützmauer nicht stabil. Die alte Gartenmauer von Familie Schappert hat sich durch den Druck bereits nach vorne geneigt.
Silke Jungbluth-Sepp

Nach Informationen dieser Zeitung hängt der Stopp mit dem missglückten ersten Abrissversuch zusammen, der den Rückbau nun aufwendiger und teurer macht als ursprünglich kalkuliert. Mitte Mai hatte ein anderes Unternehmen derart unprofessionell mit dem Abriss begonnen, dass der Rohbau teilweise zusammengestürzt war und die Feuerwehr zur Sicherung einschreiten musste. Tags drauf hatte die Kreisverwaltung dann angeordnet, den akut instabilen Restbau zur Gefahrenabwehr schnellstens abzutragen.

Üblicherweise werden Häuser geordnet zurückgebaut und dabei auch der Bauschutt getrennt gesammelt und nach Möglichkeit recycelt. Beton kann allerdings nur dann gut wiederverwertet werden, wenn keine Ytong-Porenbetonsteine untergemischt sind. Diese getrennte Entsorgung ist in Staudernheim kaum mehr möglich, was die Kosten für den Bauschutt deutlich ansteigen lässt.

Unternehmer Dominik Korz bestätigt auf Anfrage dieser Zeitung, dass große Teile des Bauschutts als Sondermüll entsorgt werden müssen. „Es sind sicherlich 90 Tonnen gemischtes Material“, schätzt er. Dafür kämen leicht 30.000 Euro für die Entsorgung zusätzlich zusammen. Ordentlich getrennt koste Bauschutt nur etwa ein Viertel.

Die Schwierigkeit sei gewesen, dass sein Team die Baustelle übernommen habe, als bereits Teile der Ytong-Mauern und der Betonteile in grob fahrlässiger Art und Weise eingerissen worden waren. „Im Kellerbereich war bereits alles vermischt“. Das Ausmaß sei anfangs unter den Trümmern nicht erkennbar gewesen. Und weil das Haus abzukippen drohte, sei auch beim weiteren raschen Rückbau die Trennung der Baumaterialien nur bedingt möglich gewesen, betont er.

Vom Grundstück der Schapperts aus sind nur noch die Überreste des Rohbaus zu erkennen - und die beiden Stützmauern aus L-Steinen.
Silke Jungbluth-Sepp

Eigentlich müssten die Zusatzkosten der Entsorgung vom ersten Abbruchunternehmen getragen werden, wenn Bruch sie nicht selbst übernimmt – doch auf beides kann und will Korz nicht warten. „Wir gehen für die Entsorgung nicht in Vorleistung, dafür ist uns das wirtschaftliche Risiko zu hoch.“ Also habe er sein Team vorerst abgezogen. Der weitere Abriss sei indes erst möglich, wenn der Bauschutt abtransportiert ist.

Aus Sicht der Kreisverwaltung besteht allerdings kein Zweifel daran, dass Bauherr Bruch alle Bauteile auf dem Grundstück komplett zurückbauen lassen muss, inklusive der Stützmauer. „Die Stützwinkelsteine können erst abgebrochen werden, wenn der gesamte Bauschutt abgeräumt wurde. Ihre Beseitigung ist also einer der letzten Arbeitsschritte“, so Mager.

Nur ein kleiner Teil des Baumaterials konnte beim Abbau des Rohbaus sortenrein getrennt werden. Wegen des missglückten ersten Abrissversuchs war in weiten Teilen kein geordneter Rückbau mehr möglich.
Silke Jungbluth-Sepp

„Natürlich kann der Schutt dort nicht liegen bleiben“, betont Bruch und versichert, dass er sich darum kümmern will, dass die Arbeiten rasch weitergehen. Als letzter Schritt würden dann die L-Steine der Stützmauer abgetragen.

Durch die unsachgemäßen Abrissarbeiten hat auch ein Nachbarhaus Risse in der Fassade davon getragen. „Die Nachbarn haben mir das mitgeteilt“, bestätigt Bruch. Er sei dazu in Kommunikation mit der Versicherung des ersten Abbruchunternehmens.

Das Grundstück besteht aus einem steilen Hang, so dass eine Bebauung nur mit großem Aufwand und massiven Fundamenten möglich ist.
Silke Jungbluth-Sepp

Nachdem der Baukörper selbst verschwunden ist, lässt sich vor Ort erst richtig erkennen, wie steil das Hanggrundstück tatsächlich ist. Dass es nur mit großem Aufwand und massiven Fundamenten überhaupt möglich ist, einen solchen Steilhang mit einem Wohnhaus zu bebauen, liegt auf der Hand. Daher fragt sich im Nachhinein nun so mancher Anwohner, warum dieses Grundstück überhaupt je als Baugrundstück ausgewiesen worden ist.

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