Problemhaus in Staudernheim
Abriss ist schief gegangen
Die Feuerwehren Staudernheim und Bad Sobernheim sicherten am Mittwochabend den teilweise abgerissenen Bau.
Silke Jungbluth-Sepp

Im Staudernheimer Neubaugebiet Am Ursberg muss ein Rohbau wegen Statik-Mängeln abgerissen werden. Doch die Abrissarbeiten laufen so unprofessionell ab, dass sie gestoppt werden - und die Feuerwehr eingreifen muss.

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Im Staudernheimer Neubaugebiet Am Ursberg ist am Mittwoch der geplante Abriss eines Einfamilienhaus-Rohbaus derart schiefgegangen, dass die von Nachbarn alarmierten Behörden einen Stopp der Arbeiten ausgesprochen haben, und die Feuerwehren von Staudernheim und Bad Sobernheim sowie ein Vertreter des Technischen Hilfswerks ausrücken mussten, um das einsturzgefährdete Gebäude zu sichern.

Das Haus in Hanglage sollte vom Eigentümer wegen statischer Mängel abgerissen werden, wie die Kreisverwaltung verfügt hatte. Die Kreis-Bauabteilung ist als zuständige Behörde für das Problemhaus verantwortlich und hatte ursprünglich auch die Baugenehmigung erteilt.

Rohbau mit statischen Mängeln

Als sich am späten Nachmittag abzeichnete, dass das Abrissteam unprofessionell vorging, hatten die Anwohner zunächst die Polizei alarmiert. Es bestand die Gefahr, dass Teile des Hauses abstürzen könnten – entweder auf das unterhalb gelegene Grundstück der Nachbarfamilie Schappert oder auf die Straße sowie andere Nachbargrundstücke. Die Bauabteilung der Verbandsgemeinde Nahe-Glan stoppte dann wegen „Gefahr in Verzug“ die Abbrucharbeiten, und die VG-Feuerwehren leisteten mit zwölf Kräften durch ihre Sicherungsmaßnahmen „Amtshilfe für die Kreisverwaltung“, wie Wehrleiter Max Kraushaar erläuterte.

Die Feuerwehr setzte eine Drehleiter ein, um an das teilweise eingestürzte Dach des Rohbaus zu kommen und die gefährlichsten Trümmer zu beseitigen.
Silke Jungbluth-Sepp

Alexander Kalus von der Kreis-Bauabteilung, der am Abend ebenfalls vor Ort war, erläuterte, dass der Rohbau statische Mängel hatte und „nicht sach- und fachgerecht“ erbaut worden sei. Daher hatte der Bauherr in diesem Frühjahr eine Abrissanordnung bekommen. Der Abriss hätte wegen der Topografie und der Lage des Gebäudes durch einen geordneten Rückbau erfolgen müssen, so Kalus.

Rückbau falsch angegangen

Stattdessen, so berichteten Anwohner, seien in den vergangenen Tagen einzelne Arbeiter vor Ort gewesen, die mit Hämmern auf die Wände eingeschlagen haben. Am Mittwoch sei dann ein Bagger mit verlängertem Arm angerollt, der „wild auf das Haus eingehämmert“ hätte, und als erstes eine tragende Säule weggeschlagen habe. Ergebnis: Teile der Betondecke stürzten unkontrolliert zu Boden, und der Abriss wurde zur Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Nach Angaben von Michael Wolf von der VG Nahe-Glan hat der Abrisstrupp auch den gepflasterten Gehweg und die asphaltierte Straße vor dem Grundstück beschädigt.

Das Neubaugebiet Am Ursberg in Staudernheim liegt idyllisch am Hang. Doch der Rohbau, der inzwischen teilweise abgerissene wurde, ist zum Problem für die Nachbarn geworden.
Silke Jungbluth-Sepp

Die Geschichte dieses Einfamilienhauses ist von Anfang an von Baumängeln und Problemen begleitet – und der gescheiterte Abriss passt nach Angaben der Nachbarn im Baugebiet Am Ursberg ins Bild. Denn so unfachlich wie der Abbau sei auch der Bau abgelaufen, berichten sie übereinstimmend.

Nachbarf amilie lebt seit Jahren in Angst

Familie Schappert, deren Haus und Garten direkt unterhalb des Problemhauses liegen, lebt seit Jahren in Angst, dass der Rohbau für sie zur Gefahr werden könnte. Schon kurz nach Baubeginn hatten sie 2023 zum ersten Mal Alarm geschlagen. Denn es seien selbst für sie als Laien gravierende Baumängel erkennbar gewesen. „Damals gab es nur die Bodenplatte und eine Seitenwand“, erinnert sich Kathrin Schappert.

Doch ihre Warnungen verhallten ungehört, das Haus wurde weitergebaut. Drei Jahre lang. Ebenso entstand eine Stützmauer auf der Grenze zu ihrem Grundstück – ohne ausreichendes Fundament.  „Die Mauer hat sofort angefangen, sich zu neigen.“ Kathrin und Simon Schappert gingen privatrechtlich gegen die Mauer vor, und bekamen vor Gericht das Urteil, dass der Hausbesitzer die Mauer zurückbauen muss. Doch die Mauer steht bis heute, der Bauherr ignorierte sämtliche Fristen. Seither lassen sie keine Kinder mehr in ihrem Garten spielen.

Kathrin und Simon Schappert sind mit ihrer Familie vorerst in eine Ferienwohnung gezogen. Sie leben am Hang direkt unterhalb des Abrisshauses und fühlen sich erst wieder sicher, wenn der Bau abgetragen ist.
Silke Jungbluth-Sepp

Außerdem beauftragten sie ein Gutachten. Das bescheinigte, das Haus sei statisch instabil und vom Gebäude gehe Gefahr aus. Immer wieder wandten sie sich an die Kreisverwaltung, doch vom Leiter des Bauamts sei die Lage anders beurteilt worden. Erst als sie über viele Monate nicht locker ließen, auch die rheinland-pfälzische Aufsichtsbehörde einschalteten und die Landrätin direkt kontaktierten - und nach einem Vor-Ort-Termin von Landrätin und Bauamtsleiter - änderte sich das Blatt. Ein vom Kreis beauftragtes Gutachten bestätigte laut Schapperts anschließend die statischen und baulichen Mängel, und letztlich ordnete der Kreis den Abriss an.

Weil Familie Schappert sich noch unsicherer fühlt, solange nun der teilabgerissene Rohbau über ihren Köpfen thront, haben sie sich am Mittwochabend kurzerhand eine Ferienwohnung gemietet. Sie hoffen, dass das Gebäude jetzt möglichst rasch komplett abgetragen wird – und zwar durch eine Fachfirma, die das Abrisshandwerk beherrscht.

Nach Informationen dieser Zeitung Kreisverwaltung soll der Abriss noch am Donnerstag weitergehen und vermutlich rund zehn Tage dauern. Dem Bauherrn wurde zur Auflage gemacht, eine Fachfirma zu beauftragen, die das Haus fachgerecht zurückbaut. Die Kreisverwaltung bestätigte, dass der Rückbau unmittelbar erfolgen muss.

Pressesprecherin Simone Mager kündigte an, dass der Kreis die Kosten für die Unterbringung in der Ferienwohnung für die Nacht übernehmen wird. Der Familie sei zur Sicherheit angeraten worden, sich nicht in ihrem Haus aufzuhalten. „Letztlich hätte die Familie ohne Bedenken in ihrem im Haus schlafen können, das wurde (am)  Mittwochabend auf der Baustelle von einem Prüfingenieur bestätigt. Allerdings lag diese Information erst sehr spät vor.“

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