Tim Sieper aus Eckenroth
19-Jähriger ist Deutschlands jüngster Bürgermeister
Tim Sieper wurde mit 19 Jahren zum Eckenrother Bürgermeister gewählt und ist damit der jüngste Ortschef Deutschlands. Berühmt werden will er deswegen gar nicht, sondern sich einfach nur für sein Dorf engagieren.
Markus Kilian

Dass der junge Mann seit Kurzem die Geschicke seines alten Dorfs führt, war eine spontane Idee. Für seine Heimat hat er schon einige Ideen im Gepäck. Aber wegen seines Alters bekannt zu werden, war nicht geplant.

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Tim Sieper hört am liebsten US-amerikanischen Untergrundhiphop, sammelt ausgefallene Parfüms und liest gern klassische Literatur – und er ist der neue Ortsbürgermeister von Eckenroth. Mit seinen 19 Jahren ist er damit der jüngste Ortschef Deutschlands – das führt im kleinen Dorf zum großen Presserummel. „Ich mache es mit, um den Ort bekanntzumachen. Ich weiß aber nicht, ob es mein Ding ist, berühmt zu werden“, sagt der ruhige junge Mann im Gespräch mit unserer Zeitung und erzählt, er hätte ohnehin demnächst für den Gemeinderat kandidieren wollen. „Jetzt bin ich eben schon der Chef“, fügt Tim Sieper an und kann sich ein Lächeln nicht verkneifen.

„Als junger Mensch möchte ich einen anderen Blick auf die Themen werfen.“
Tim Sieper

Doch wie kam es überhaupt dazu? Vater Michael Sieper war vor rund einem halben Jahr Oberhaupt des verschlafenen Dorfs geworden, musste sich nun jedoch aus gesundheitlichen Gründen zurückziehen. „Es hat sich sonst niemand gefunden“, begründet der junge Mann seine spontane Kandidatur. Mit dem Amtsantritt hat er im bundesweiten Verzeichnis der jüngsten Bürgermeister eine ebenfalls 19-jährige Ortschefin aus der Eifel auf Platz zwei verwiesen.

Dabei hatte Sieper ein durchwachsenes Wahlergebnis. Dass zwei der sechs Gemeinderäte gegen ihn gestimmt haben – obwohl Sieper der einzige Kandidat war –, sieht der 19-Jährige als Ansporn. „Es gibt noch Leute, denen ich etwas beweisen muss.“ Klar: In Gemeindeordnung und Bürokratisches muss er sich noch etwas einlesen, daraus macht der neue Ortschef keinen Hehl, aber sein Vater steht ihm da zur Seite. Auch seine Visitenkarten sind zum Beispiel noch im Druck.

Engagiert, mutig und ein wenig eigensinnig

Von der Erfahrung der Alteingesessenen im Rat will er sich dennoch nicht einschüchtern lassen – übrigens auch nicht von seinem Vater. „Als junger Mensch möchte ich einen anderen Blick auf die Themen werfen.“ Ein Ortschef müsse engagiert, mutig und ein wenig eigensinnig sein, meint der Hobbyfootballspieler. „Man muss schon seinen eigenen Kopf haben.“

Tim Sieper sitzt dabei in hellblauer Baggyjeans und schwarzem T-Shirt im Gemeindesaal; während er spricht, blitzt manchmal ein Kaugummi zwischen seinen Zähnen hindurch. Der 19-Jährige ist in Eckenroth aufgewachsen, gehört der hiesigen Feuerwehr an und kennt (fast) jeden der 225 Einwohner. Ab Juli möchte er Sport- und Bewegungstherapie in Saarbrücken studieren, „das ist aber größtenteils online“. Keine Frage: Sein Lebensmittelpunkt ist und bleibt Eckenroth, hier genießt er die gute Luft, die Ruhe, „und hier gibt es Alpaka-Wanderungen“. Das laute Großstadtleben kommt für den Abiturienten zurzeit nicht infrage.

„Ich mache es mit, um den Ort bekanntzumachen. Ich weiß aber nicht, ob es mein Ding ist, berühmt zu werden.“
Tim Sieper über einen gewissen Presserummel

Und seine Pläne für seine Heimatgemeinde? „Social-Media“, kommt da wie aus der Pistole geschossen. „Es gibt noch nichts Offizielles. Das möchte ich machen.“ Auch eine Solaranlage auf dem Dach des Gemeindehauses und mehrere neue Streuobstwiesen schweben dem motivierten Eckenrother vor. Sorgen bereitet ihm die klamme Gemeindekasse – „Ohne Moos – nix los!“ Hier möchte er weitere Fördermittel und neue Einnahmequellen suchen.

Zu Hause ist es am schönsten

Seinen Lieblingsort hat er bereits gefunden, wie der junge Mann ganz bodenständig erzählt: „Einfach nur auf dem Bett in meinem Zimmer.“ Da liest er zwischendurch gern mal Werke wie Moby Dick und Dracula. „Ich finde, das gehört zur Allgemeinbildung.“ Oder er hört Rapmusik aus der amerikanischen Untergrundszene. Mit dem „Mainstream“ kann er eben „nicht so viel anfangen“.

Zudem besitzt er sechs Flacons mit unterschiedlichen Düften. „Aber nicht von den bekannten Marken, sondern Unbekanntes, Nachhaltiges“, erzählt Sieper. Auftragen tut er sie alle – je nach Jahreszeit, Anlass und Stimmung mal etwas Winterliches, mal etwas Blumiges. Noch ist die Sammlung klein, „ich habe ganz viele Parfüms auf meiner Wunschliste“. Welcher Duft davon wohl am besten zu seiner ersten Gemeinderatssitzung als Ortsbürgermeister passt? Das kann sich Tim Sieper noch in Ruhe überlegen, denn die ist wohl erst im Sommer.

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