Von Vera Müller, Andreas Nitsch und Stefan Conradt
Die Flüchtlinge hätten Vertrauen gefasst, seien froh gewesen, dort den ein oder anderen THWler wiederzusehen. Per Farbleitsystem mit bunten Karten wurden die Zimmer zugewiesen. Die Belegung hatten die Flüchtlinge zuvor unter sich ausgemacht. „Wir hatten da einige Leute, die solche Aufgaben übernommen haben. Das war klasse.“ Wenn er zurückblickt, steht für ihn fest: „Wir können das. Ich bin stolz auf meine Mannschaft.“ Die sei allerdings jetzt „kaputt“, müsse all das, was auf die Schnelle über sie hereingebrochen ist, erst einmal verarbeiten: „Ich trage Verantwortung. Unter meiner Führung wird es erst einmal keine Flüchtlinge mehr in der THW-Unterkunft geben. Die Betten werden abgebaut“, sagte Hartrampf.
Viele Erfahrungen gemacht
Kritik an der Unterbringung beim THW im Allgemeinen, wie sie in manchen Verbänden erfolge, habe es in seinem Ortsverband nicht gegeben. Gut sei gewesen, dass die islamische Gemeinde sich schnell am Rilchenberg eingebracht habe: „Das hat Ruhe reingebracht.“ Viele Erfahrungen habe das Team gemacht: Wasser ohne Kohlensäure wird benötigt, Toilettenpapier benutzen nicht alle, auch Tampons sind eher unbekannt. Da gibt es kulturelle Unterschiede, die erst nach und nach auffielen. Und natürlich wurde kein Schweinefleisch angeboten. In Birkenfeld hat das DRK die Regie, Unterstützung gibt es unter anderem von der Feuerwehr und den THW-Ortsverbänden Freisen und Nohfelden.
Viermal war der Bus gestern Morgen im Pendelverkehr zwischen Idar-Oberstein und Birkenfeld unterwegs, um die bislang beim THW untergebrachten Flüchtlinge in die Hertz-Kaserne zu bringen. Am Nachmittag kamen weitere 100 Menschen in die Kaserne. „Bis Ende der Woche dürften alle derzeit 700 Plätze belegt sein“, kündigte gestern Morgen Karsten Schultheiß, der Pressesprecher der Kreisverwaltung, an.
Kein TBC, keine Legionellen
Aufgrund der Tatsache, dass große Teile der militärischen Liegenschaft seit Jahren leer standen, wurde bei einer ersten Trinkwasserbeprobung an einigen Stellen eine geringe Belastung mit E-Coli- und verwandten Keimen festgestellt. Gemäß den Empfehlungen des Umweltbundesamts (UBA) wurden entsprechende Maßnahmen – vor allem Spülungen des Leitungssystems – vorgenommen. Untersuchungen am Wochenende zeigten keinerlei Belastungen mehr. Am Sonntag gab das Gesundheitsamt die Wasserversorgung frei. Gefährliche Legionellen wurden entgegen Meldungen im Hörfunk zu keinem Zeitpunkt festgestellt. Die Ergebnisse der Warmwasserproben stehen noch aus. „Diese werden im Laufe der Woche erwartet“, so die Kreisverwaltung. „Unabhängig vom Ergebnis kann aber geduscht werden, da technische Vorsichtmaßnahmen ergriffen wurden.“ Entgegen anderslautender Gerüchte gibt es unter den Asylbewerbern auch keine Tuberkulosefälle. Röntgenuntersuchungen ergaben lediglich Abklärungsbedarf wegen eines Lungenleidens. Bislang wurde laut Gesundheitsamt aber bei niemanden TBC nachgewiesen.
THW-Chef Hartrampf und seine Mitarbeiter machen auch gestern noch einen besonnenen, souveränen Eindruck. Im Eingangsbereich des Blocks 17 wird Bettwäsche ausgegeben, kurz zuvor waren weitere Betten aufgebaut worden. Im Flur hat sich eine Brandwache einquartiert, die achtet darauf, dass im Gebäude kein offenes Feuer entzündet und nicht geraucht wird. Ein kleiner Junge steht in einem leeren Pappkarton und spielt, während wenige Meter weiter ein junger Syrer auf seinem Bett liegt. 18 Jahre ist er alt, in seinem Heimatland hat er Ingenieurswesen studiert. Zehn Tage lang hat er bis Deutschland gebraucht, unterwegs hat man ihm sein gesamtes Hab und Gut gestohlen, erzählt er in gebrochenem Englisch. „Germany ist very, very good“, fügt er hinzu. Seine drei Brüder sind ebenfalls in Birkenfeld angekommen.
Essen kommt aus der Elisabeth-Stiftung
Währenddessen werden im Mannschaftsheim 50 Festzeltgarnituren aufgestellt, das Essen, das in der DRK-Elisabeth-Stiftung zubereitet wird, soll jeden Moment eintreffen. Schnell bildet sich in der Kantine eine Menschenschlange, um Nudeln mit Hackfleischsoße in weißen Plastikschalen in Empfang zu nehmen. Joghurt und Babynahrung gibt es auch. 400 Portionen kann die Mensa der Stiftung zubereiten. Dann sei deren Kapazität erschöpft, erläutert DRK-Geschäftsführer Jörg Schmitt.
In einem großen Lagerraum unter der Kantine sind derweil Helfer beschäftigt, gespendete Kleidung zu sortieren – nach Größe und Geschlecht. Die Regale sind voll, werden sich aber bald schon wieder leeren. Das scheint klar zu sein. Auch wenn die Kreisverwaltung gestern noch von 700 Flüchtlingen sprach, die in der Heinrich-Hertz-Kaserne Zuflucht finden sollen, DRK-Geschäftsführer Jörg Schmitt ist überzeugt: „Ich rechne mit 1300 – und vielleicht noch mehr.“