Baumholder
Zivile Raumforschung: Rakete startet auf dem Truppenübungsplatz

Auf 1300 Meter Höhe fliegt die Rakete.

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Baumholder. Mit selbst entwickelten Kleinraketen Mini-Forschungssatelliten ins Weltall befördern: Das ist das erklärte Ziel der Forschungsgemeinschaft Alternative Raumfahrt (FAR), die am Montag, 8. Dezember, auf dem Truppenübungsplatz Baumholder probeweise eine Forschungsrakete starten will.

Von unserem Redakteur Michael Fenstermacher

Das Ganze ist jedoch nicht so spektakulär, wie es zunächst klingen mag: Denn den Orbit wird die 25 Kilogramm schwere und 2,5 Meter hohe Rakete mit nur 16 Zentimetern Durchmesser nicht einmal ansatzweise erreichen.

„Die maximale Höhe wird etwa 1300 Meter betragen“, erklärt Dr. David Madlener, der Vorsitzende der FAR. Den Probestart haben er und seine Mitstreiter organisiert, um die Bedenken von beteiligten Behörden gegen Versuche im Bereich der zivilen Raumfahrt auszuräumen. Vertreter von Innenministerium, SGD Nord, Naturschutzbehörde, Landesbetrieb Mobilität, Bundeswehr und der Außenstelle Hahn der Luftaufsicht werden um die Mittagszeit das Abheben der Rakete beobachten – und zwar aus zwei Kilometern Entfernung.

„Das will die Bundeswehr so“, sagt Madlener, der diese Vorsichtsmaßnahme für übertrieben hält. „100 bis 200 Meter würden ausreichen. So wird man allenfalls einen kleinen Punkt und eine Rauchfahne erkennen und vielleicht ein leichtes Säuseln vernehmen können.“ Der Wissenschaftler, der im Hauptberuf am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie forscht, hofft dennoch, dass er am Montag die Beobachter von Ungefährlichkeit und Bedeutsamkeit der FAR-Pläne überzeugen zu können.

Seit mehr als acht Jahren bemüht sich der privat finanzierte Verein, um die Erlaubnis seine Trägerraketen auf dem Truppenübungsplatz testen zu dürfen – bislang ohne Erfolg. Immer wieder funkten verschiedene Behörden mit ihren Bedenken dazwischen. „Die Korrespondenz darüber umfasst mehrere Aktenordner“, berichtet Madlener, der sein Anliegen in wenigen Sätzen verständlich erklären kann.

Baumholder soll demnach zu einem nationalen Zentrum für Testläufe in der zivilen Raumfahrt werden, die hierzulande vor allem auf studentischen Initiativen fußt. „Es geht nicht darum, von dort aus ins All zu fliegen. Wir wollen lediglich eine Flughöhe von zwei Kilometern erreichen. Das reicht um Material und Technik zu testen“, erläutert der Rheinländer. Funktionieren Antrieb, Bordelektronik und Bergesystem? Decken sich die Flugeigenschaften mit den Modellberechnungen? Hält das Material dem Antriebsdruck stand? All diese Fragen lassen sich laut Madlener auch beantworten, wenn eine Rakete nur auf zwei statt auf 20 Kilometer Höhe fliegt, weil sie weniger Treibmittel an Bord hat.

Erspart blieben den verschiedenen Forscherteams zeit- und kostenaufwendige Fahrten nach Dänemark oder zum zivilen Raketenstartplatz Kiruna in Nordschweden, wo bisherige Testläufe stattfanden. „Künftig könnten wir einen Großteil der Tests mit geringeren Flughöhen in Baumholder durchführen, und erst dann nach Kiruna fahren, wenn alles ausgereift ist“, erklärt der Raketenforscher. Bislang habe man für die Tests immer mindestens bis nach Dänemark fahren müssen, wo sie innerhalb des kurzen Zeitfensters auch noch oft genug scheiterten oder gar nicht erst durchgeführt werden konnten. Bei der kürzeren Anreise nach Baumholder wäre das besser zu verschmerzen.

Der Truppenübungsplatz bietet aus Madleners Sicht ideale Voraussetzungen als dauerhaftes Testzentrum. „Selbst wenn eine Rakete vom Wind abgetrieben wird, ist es wegen der großen Ausdehnung praktisch ausgeschlossen, dass sie auf bewohntem Gebiet runterkommt“, betont er. Hinzu kommt die Flugverbotszone, die von der Bundeswehr jederzeit aktiviert werden kann. Gegenüber der Sprengkraft der MARS-Raketen, die bei Übungen in dem Sperrgebiet erprobt werden, hebt er außerdem die Harmlosigkeit der FAR-Raketen hervor, die keinerlei Sprengstoff an Bord haben und nach Erreichen der maximalen Flughöhe als leere Rohre an Fallschirmen zu Boden schweben.

Dass der Verein nach so langer Zeit nun wenigstens die Möglichkeit erhält, seine Absichten vorzustellen ist laut Madlener vor allem Landrat Matthias Schneider zu verdanken. „Seit er im Amt ist, hat er sich unermüdlich dafür eingesetzt“, berichtet er.

Aus Sicht von Wirtschaftsförderer Michael Dietz würde dem Landkreis das Alleinstellungsmerkmal eines zivilen Raumfahrttestzentrums in Baumholder nicht nur Prestige bescheren. „Es ist durchaus denkbar, dass sich eines Tages Unternehmen aus dem Bereich Triebwerksbau hier ansiedeln“, erklärt er. In jedem Fall würden sich aber Schnittpunkte mit Forschungen im Bereich Maschinenbau oder Informatik am Umwelt-Campus Birkenfeld ergeben.

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