Es ist ein würdiges Andenken an Herbert Mertin: Die Woche der Justiz, die von dem im Februar 2025 unerwartet verstorbenen Justizminister von Rheinland-Pfalz initiiert wurde. Es war ihm ein wichtiges Anliegen, die Justiz und den Rechtsstaat in die Öffentlichkeit zu tragen. Unter dem Motto „Wir leben Rechtsstaat“ öffneten Gerichte, Staatsanwaltschaften, Justizvollzugseinrichtungen und das Ministerium der Justiz vergangene Woche ihre Türen, um Schulklassen, interessierten Bürgerinnen und Bürgern sowie Vertreterinnen und Vertretern der Medien spannende Einblicke in die Arbeit im Dienste des Rechtsstaats zu geben.
Auch in Idar-Oberstein standen die Türen des Amtsgerichtes einem jeden Bürger offen. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Richter Johannes Pfeifer mit den Worten: „Rasante technologische Entwicklungen, globale Herausforderungen, Krisen und Kriege schaffen Unsicherheit. Umso wichtiger ist ein funktionierender Rechtsstaat. Er schützt vor Willkür, gewährleistet ein friedliches und gerechtes Miteinander und bietet die Grundlage für Vertrauen, das eine Gesellschaft zusammenhält. Durch unabhängige, faire und transparente Verfahren schützt die Justiz die Demokratie.“

Mit mehreren Vorträgen informierten Richter, Rechtsanwälte und Rechtspfleger über Themen, die früher oder später für viele von uns relevant werden könnten: Betreuungsrecht, Vorsorgevollmacht, Restschuldenbefreiung, Erbrecht, aber auch elektronischer Rechtsverkehr und E-Akte. Der Weiße Ring e.V., die größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität in Deutschland, informierte mit einem Video und war auch mit einem eigenen Infostand vertreten. Jährlich werden von den ehrenamtlichen Mitarbeitern etwa 10.000 Opfer von Gewaltkriminalität, aber auch von Einbruch, Betrug, Schockanrufe bis zum Handtaschendiebstahl betreut. Es geht dabei nicht nur um finanzielle Hilfe, sondern auch um eine psychologische Betreuung. Gerade ältere Menschen geraten durch Schockanrufe oder den Enkeltrick, bei dem von skrupellosen Betrügern Geld gefordert wird aufgrund eines vorgegaukelten Unfalls von Verwandten, in tiefe seelische Not.
„Drei Viertel aller Fälle sind Opfer häuslicher Gewalt“
„Allerdings sind etwa drei Viertel aller Fälle Opfer häuslicher Gewalt“, erzählt Mareike Gross vom Weißen Ring. Als Betroffene ist sie mittlerweile nicht nur als Sprecherin gefragt, sondern schrieb auch ein Buch, „um Frauen Mut zu machen, sich aus toxischen Beziehungen zu befreien. Denn das Leben hat mehr zu bieten als nur Schläge und Erniedrigungen“, wie sie mit kraftvoller Stimme sagt. Passend dazu gab es auch einen Infostand vom Frauenhaus. Andrea Konrad-Allmann vom Verein Frauen helfen Frauen berichtet, dass seit Jahren die Zahl der Betroffenen steigt. Und es gibt auch eine immer größere Nachfrage nach Beratung. „Mit den vier Belegzimmern in Idar-Oberstein sind unsere Möglichkeiten schnell ausgeschöpft. Dabei erhalten wir Anfragen aus ganz Deutschland, erst neulich aus Berlin, ob wir Betroffene unterbringen können“, erzählt Konrad-Allmann. Die von vielen Mitarbeiten des Amtsgerichtes gebackenen Kuchen gab es kostenlos. Die freiwilligen Spenden gingen komplett an das Frauenhaus zur Unterstützung ihrer Arbeit.
Wo die Schuldenfalle lauert
Tatjana Jacobs von der Schuldnerberatung informierte mit einem Fragebogen über die Schuldenfalle, in die immer mehr Menschen, auch hier in Idar-Oberstein, geraten: die Lebenshaltungskosten steigen, die Inflation nimmt zu. Kleine Ratenkredite summieren sich zu einem nicht mehr zu bewältigenden Schuldenberg, unter dem häufig schon junge Menschen zusammenbrechen. Umso wichtiger ist es, dass sie rechtzeitig die Schuldnerberatung aufsuchen, die vom Diakonischen Werk, der Landesregierung sowie der Kreisverwaltung finanziert wird.
Doch nicht nur die Bürger profitierten von den Informationen bei der Woche der Justiz. Auch das Amtsgericht erhofft sich davon einen Nutzen. Denn wie fast überall fehlt es an Nachwuchs, bei der Justiz mangelt es an Rechtspflegern und Justiz-Fachwirten. Und so wurden an zwei Tagen mit knapp 100 Schülern der Klassen 9 und 12 von Gymnasium und von der Berufsfachschule in Idar-Oberstein die Berufsfelder der Justiz vorgestellt. Parallel dazu gab es unter Anleitung von Richtern und Richterinnen ein Rollenspiel: Die Schüler spielten Gericht. Sie stellten die Angeklagten, die Verteidiger, die Staatsanwälte und die Richter – ein informatives Lehrstück, dass den Schülern die Arbeit und das Vorgehen eines Gerichtsprozesses anschaulich und kurzweilig vermittelte.
Nicht nur die 15-jährige Lilia fand das gut und interessant. Auch Dirk Wirtz, Lehrer für Pädagogik und Psychologie an der Fachschule und Höheren Berufsfachschule in Idar-Oberstein, gefiel die Aktion: „Ich fand die Idee sehr gut, wie die Aufgaben und Berufe der Justiz in die Öffentlichkeit getragen wurden. Und auch, dass die Schulen als Kooperationspartner mitmachen konnten.“ Somit war diese erste Woche der Justiz sicher ein Erfolg. Einzig die Kommunikation nach außen muss nach Ansicht von Justizrechtsrat Bernd Jungmann besser werden. Damit sich mehr Menschen angesprochen fühlen, sich bei dieser Gelegenheit über die Arbeit der Gerichte und Justiz zu informieren.