Mittlerweile hat sie eine Zusage in der evangelische Kindertagesstätte in Tiefenstein, ein Platz für ein Kind, das zweite müsste weiterhin nach Weierbach gebracht werden. Nur: Das Ehepaar wohnt gar nicht mehr in Tiefenstein, es ist im März nach Göttschied umgezogen. Dort wären Mutter und Kinder in drei Minuten zu Fuß in der Kindertagesstätte. Aber auch dort sind keine Kitaplätze frei, sie muss wie bisher die beiden Kinder nach Weierbach fahren. Das kostet Zeit und Benzin, sagt sie, und es ist nicht gut für die Umwelt. Die beiden haben sich ein zweites Auto gekauft, das fast nur für die Kindertransporte genutzt wird.
In wenigen Tagen wird die Lage noch kritischer: Ende September kommt Kind Nummer drei zur Welt. Wie soll sie dann mit den Kindertransporten umgehen? Das Baby mit den beiden älteren zur Kita nach Weierbach mitnehmen, weil es ja nicht allein zu Hause bleiben kann, und das viermal am Tag? „Das wird ein enormer Aufwand“, sagt die 33-Jährige.
Sie selbst ist Lehrerin in Idar-Oberstein und seit August in Mutterschutz, ihr Mann (34) begann nach seiner Bundeswehrzeit eine Lehrerausbildung, ebenfalls in Idar-Oberstein. Ende Mai 2021 will Isabell Giehl wieder Vollzeit arbeiten. „Wie soll ich das schaffen? Erst zwei Kinder nach Weierbach fahren, eins nach Göttschied und dann zur Arbeit? Kaum vorstellbar.“ Sie hat sich bereits ans städtische Jugendamt gewandt, ans Landesjugendamt, das ihr zum Abwarten riet, ans Bildungsministerium – alles ohne Ergebnis. Auch mit Oberbürgermeister Frank Frühauf hat sie gesprochen. Ohne Erfolg. „Uns macht Sorgen, dass Eltern, die beide arbeiten müssen, keine adäquaten Plätze bekommen.“
Die Giehls sind nicht die einzigen, die keinen Kitaplatz für ihren Nachwuchs bekommen. In allen Tagesstätten gebe es derzeit lange Wartelisten, informiert der Pressesprecher der Stadtverwaltung, Michael Brill. Laut Kitabedarfsplanung (Stand 1. August 2020) gibt es derzeit 1128 Kitaplätze, erklärt Brill. Der zusätzliche Bedarf betrage derzeit 183 Plätze. Das gelte für alle Kitaplätze in der Stadt, für den kommunalen ebenso wie die kirchlichen Träger. Für das Ehepaar Giehl bedeutet das: Die beiden älteren Kinder müssen weiterhin nach Weierbach gebracht werden, das noch nicht geborene dritte könnte – mit ein wenig Glück – einen Platz in Göttschied erhalten.