Dass es Fördermöglichkeiten gibt und diese auch – wenn auch mit zeitlichen Durststrecken, Tücken im Detail und teils Mängeln bei der Realisierung – Früchte tragen, zeigte und zeigt das sogenannte Weiße-Flecken-Programm der Bundesregierung zur Breitbandförderung in der Fläche. Doch das soll nicht das Ende der Fahnenstange gewesen sein: Es folgt das Graue-Flecken-Programm, das geringere Hürden setzt und die Versorgung mit Glasfaseranschlüssen weiter verfeinern soll.
Kritisches von der Basis
Darüber wurden die Bürgermeister der Kreise Bad Kreuznach und Birkenfeld in einer Videokonferenz informiert, zu der die Bundesministerin und Bundestagskandidatin Julia Klöckner eingeladen hatte. Als fachkundigen Referenten bot sie Dr. Tobias Miethaner auf, den Leiter der Abteilung „Digitale Gesellschaft“ im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Er konnte zahlreiche Fakten vermitteln, beantwortete Fragen – und hörte auch deutlich kritische Anmerkungen von der Basis in Person der Ortsbürgermeister, die von teils erheblichen Problemen beim Weiße-Flecken-Ausbau in ihrem Zuständigkeitsbereich berichteten. Bisweilen klemmte es an Details wie dem Einbeziehen einzelner Anwesen, aber die meiste Kritik entzündete sich an Ausführungsmängeln beim Tiefbau wegen unzureichend ausgestatteter und personell offenkundig unterqualifizierter Bautrupps. Marlene Hölz aus Dorsheim wusste ebenfalls ein Lied davon zu singen. Das Dorf nahe der Autobahn ist mittlerweile mit Glasfaser versorgt, doch auch sie berichtete von Arbeitern ohne deutsche oder zumindest englische Sprachkenntnisse und zahlreichen Nacharbeiten, die nach „Fertigstellung“ durch die Baufirmen verblieben und häufig an der Ortsgemeinde hängen bleiben. Dazu seien oft vorliegende Pläne fehlerhaft oder unvollständig. Ihr Rat an alle Amtskollegen: „Machen Sie regelmäßige Baubesprechungen mit den Firmenverantwortlichen.“ Zudem regte Marlene Hölz an, von den ausführenden Firmen vorab Kautionen einzufordern, um Nacharbeiten finanzieren zu können.
Der Tenor der Bürgermeisterstimmen war: „Den Ärger hat beim Bau und am Ende der Bürgermeister. Der ist im Zweifel an allem schuld“, wie auch Horst Albohr aus Kempfeld betonte. Von durchwachsenen Erfahrungen berichteten auch Bernd Alsfasser von der VG Baumholder, Karl-Otto Dornbusch aus Rehborn oder Joachim Jung aus Wilzenberg-Hußweiler. Experte Miethaner nahm all dies zur Kenntnis. Eine Verbesserung sieht er eventuell in „Trenching“-Verfahren, wo Gräben geschlitzt statt aufgebaggert werden.
Sein eigentliches Anliegen war jedoch die Darstellung der Wohltaten und Förderungen des Bundesministeriums. Die bisherige Breitbandförderung des Bundes (Weiße-Flecken-Programm) sei im Kreis Bad Kreuznach fast abgeschlossen, bestätigte Landrätin Bettina Dickes. Der Kreis fungierte als Koordinator für die Kommunen und bietet das auch für die nächste Stufe, das Graue-Flecken-Programm ab 2023, an. „Wir hoffen, dass das zweite Programm etwas besser läuft“, erinnerte Dickes an Geburts- und Abstimmungswehen der ersten Phase.
315 Millionen Euro flossen bislang nach Rheinland-Pfalz, 158.255 Anschlüsse konnten so gefördert werden. Entscheidend sind die Fragen, ob schon Netze von Privatanbietern vorliegen, und ob die jeweils aktuelle „Aufgreifschwelle“, also die vorhandene (oder fehlende) Versorgungsgeschwindigkeit, vorliegt. Diese Messlatte für die Förderung wird im Graue-Flecken-Programm deutlich auf 100 Mbit/s heraufgesetzt und entfällt ab 2023 völlig. So sollen noch viel mehr Haushalte und sonstige Abnehmer profitieren. Eine Rolle spielen auch die Kriterien „Sozioökonomische Schwerpunkte“, landwirtschaftliche Unternehmen, schwer erschließbare Einzellagen und Neubaugebiete.
Lotsen sollen Kommunen begleiten
Die Fördersätze vom Bund sind gestaffelt. An den Gemeinden bleiben 10 Prozent der Kosten hängen, die aber vom Land übernommen werden können – und zwar, das ist neu, unabhängig von der finanziellen Lage der Kommunen. Ministeriumsvertreter Miethaner glänzte mit Details und Zahlen, vor allem aber mit der gern gehörten Aussage: „Wir lassen die Kommunen nicht allein.“ Individuell zugeteilte „Lotsen“ sollen das Projekt und die Kommunen begleiten, verbindliche Musterverträge im Verhältnis zwischen Kommune und Telekommunikationsunternehmen Entlastung und Beschleunigung bieten.
Deutliche Verbesserungen soll auch die zukünftige Mobilfunkförderung des Bundes bieten. Schon bis Ende 2021 sollen demnach in jedem Bundesland 99 Prozent der Haushalte versorgt sein. Eine Mobilfunk-Infrastruktur-Gesellschaft (MIG) soll die Kommunen unterstützen. Problematisch bleiben vielerorts die Standortsuche für Sendemasten – und zunehmend der erwartete Widerstand von 5G-Skeptikern und Initiativen. Unverblümt empfahl hier der Experte aus dem Ministerium, in den Planungsphasen „Dialogformate statt Bürgerversammlungen“ anzubieten.