Nach Protest von Naturschützern: Vorzeigeprojekt soll entstehen
Was passiert eigentlich mit dem Hinüberweg? Rhaunener Forstamtsleiter beantwortet Fragen
Christoph Strouvelle

Hinzerath/Morbach/Rhaunen. Radfahrer beklagten den neuen Schotterboden, Naturschützer Schäden am Moor: Der Umbau des Hinüberwegs bei Morbach-Hinzerath stieß Anfang 2023 auf Widerstand (wir berichteten). Seither hat sich zwar baulich noch nichts geändert, doch der Forst hat Pläne, wie aus dem Weg ein Vorzeigeprojekt werden soll.

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Was wird also aus dem sogenannten „Hinüberweg“? Der im Moment noch weitgehend asphaltierte Forstweg führt von den Morbacher Forsthäusern nach Hinzerath und weiter Richtung Rhaunen. Im Dezember 2022 hatten dort Umbauarbeiten begonnen, die allerdings nach Protesten von Naturschützern eingestellt wurden. Nachdem sich im April 2023 mehrere Behörden und Fachleute den Weg angeschaut hatten, scheint dort nichts mehr passiert zu sein. Eine Nachfrage beim verantwortlichen Forstamt Idarwald ergibt jedoch: Hinter den Kulissen gibt es konkrete Überlegungen, wie man den Weg erneuern kann, ohne dabei die Moore im Umfeld zu gefährden.

Asphalt wird durch Schotter ersetzt

Ein Blick zurück: Vor anderthalb Jahren begann das Forstamt, von Hinzerath aus die an vielen Stellen ausgefahrene und abgenutzte Asphaltdecke des Hinüberwegs aufzubrechen und durch eine Schotterdecke zu ersetzen. Denn die Forstleute wollen diese für das Ökosystem nachteiligen Asphaltdecken auf Dauer aus den Wäldern verbannen. Auf etwa 800 Metern Länge wurde am Hinüberweg Asphalt abgefräst, als Grundlage wieder aufgebracht und mit feinem Schotter bedeckt.

Das rief zunächst Proteste bei zahlreichen Radfahrer hervor, die den bei Hobbysportlern beliebten Hinüberweg gern als Trimmstrecke nutzen. Sie beklagten sich über den rauen Untergrund. Eine Biotopbetreuerin aus dem Hunsrück und andere Naturschützer sahen durch die Arbeiten zudem ökologisch wertvolle Hangmoore, sogenannte Brücher, gefährdet. Am Oberluderbruch, einem Moor, in dem seltene Tiere und Pflanzen leben, war durch die Baggerarbeiten der Rand beschädigt worden, sodass der natürliche Wasserabfluss beschleunigt wurde. Es gab die Befürchtung, das Moor könne austrocknen.

Außerdem monierten die Naturschützer, dass der Asphalt zerkleinert und als Grobschotter aufgebracht worden war. Zwar gelte die Asphaltdecke als ökologisch unbedenklich, sagt Jasper Schneberger, Leiter des Forstamtes Idarwald: „Es könnten aber trotzdem Schadstoffe herauskommen, die man heute noch nicht kennt oder bei denen die Grenzbereiche irgendwann neu festgelegt werden.“ Als Sofortmaßnahme gegen den verstärkten Wasserabfluss wurde seinerzeit eine Spundwand aus Holz angebracht.

Doch zurück zur Ausgangsfrage: Was ist in den anderthalb Jahren seit dem Baustopp am Weg passiert? Handwerklich nichts, bestätigt Schneberger. Der Weg sei im selben Zustand wie Anfang 2023. Das liege daran, dass der Forst inzwischen aus der Umgestaltung ein Vorzeigeprojekt „und deshalb alles richtig“ machen wolle, sagt Schneberger. Der gefräste Asphalt soll im Bereich des Naturschutzgebiets wieder entfernt und durch Schotter aus Quarzit ersetzt – dem Gestein, aus dem laut Schneberger der Untergrund des Idarwalds besteht. Wo kein Naturschutzgebiet ist, bleibt der gefräste Asphalt liegen.

Schützenswerter Oberluderbruch

Außerdem arbeiten Fachleute bei Landesforsten an einem Konzept, wie bei Fortführung der Arbeiten ein zu starker Wasserabfluss aus dem Oberluderbruch und weiteren Hangmooren verhindert werden könne. Sobald das Konzept steht, soll der gesamte Weg bis kurz vor den Morbacher Forsthäusern auf mehreren Kilometern entsprechend umgestaltet werden. Wann das sein wird, ist noch unklar. Angedacht, aber noch nicht entschieden sei dann auch der Einbau sogenannter Rigolen unter dem Hinüberweg, sagt Schneberger. Das sind Abflüsse, die mit grobem Gestein durchsetzt sind, sodass das Wasser wesentlich langsamer abläuft als bei einem Kanalrohr.

Margret Scholtes aus Deuselbach, Betreuerin von Mooren und Schutzgebieten im Hunsrück, nimmt für den Naturschutz an den Ortsterminen bezüglich der Sanierung des Weges teil und bringt dabei ihre Einschätzungen und Vorschläge ein. „Der Oberluderbruch ist eines der am besten erhaltenen Moore im Hunsrück“, sagt sie. Dort sei nie Trinkwasser zur Versorgung der Bevölkerung entnommen worden, weshalb es ökologisch besonders wertvoll sei.

Trassenalternativen im Blick

In dem Naturschutzgebiet Hangbrücher bei Morbach befinden sich laut Scholtes gefährdete Biotope und Arten, die existenziell auf Wasser angewiesen sind. Der für die Moore entscheidende, überwiegend über größere Flächen erfolgende Wasserabfluss sei über Jahrhunderte durch Gräben und Erschließungen gestört worden. Je tiefer so ein Graben sei, desto gravierender sei die Entwässerung, die unweigerlich zum Verlust von Mooren führe, sagt Scholtes.

Am Oberluderbruch hätten die Arbeiten am Hinüberweg zu einer „deutlichen Verstärkung der Moorentwässerung geführt“. Der Aufbau der Stau-Wand sei ein Versuch gewesen, das Schlimmste zu verhindern. Zum Glück sei das vergangene Jahr sehr nass gewesen, „ansonsten wäre die Moorzerstörung viel deutlicher ausgefallen“.

Was die neue Planung für den Weg betrifft, wirbt Scholtes dafür, auch über Trassenalternativen zu diskutieren, die das bundesweit bedeutsame Oberluderbruch entlasten könnten. Dort lebten viele vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten wie der Hochmoor-Perlmutterfalter und seltene Moormoose, was eine Verlegung des Weges rechtfertige.

Scholtes: Asphalt aus dem Wald verbannen

Auch sie verweist auf Schadstoffe wie Schwermetalle, die beim Einbau von aufgebrochenem Asphalt freigesetzt würden. Scholtes hält es für die beste Lösung, den gefrästen Asphalt an anderer Stelle, zum Beispiel beim Bau der B 50 neu, als Untergrund zu verwenden. Sie sagt: „Jeder Weg ist doof, aber wenn, dann brauchen wir einen Weg, der Wasser auf der Fläche langsam durchlässt.“

Zu den Protesten der Radfahrer sei festzustellen, dass die Spuren, die Autos inzwischen auf den Waldweg hinterlassen haben, ziemlich glatt sind und mit Mountainbikes und anderen Rädern mit dickeren Reifen gut befahren werden können, sagt Schneberger. Dazu zählt er auch Freizeiträder. Für Rennradfahrer sei der geschotterte Weg allerdings weniger geeignet. Christoph Strouvelle

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