Von unserem Chefreporter Volker Boch
Seit Monaten rumort es unter den Natur- und Artenschützern in der Region. Unter anderem ist die Rede davon, dass Vogelgutachter aus dem Kreisgebiet abgezogen wurden, nachdem Projektentwicklern zu Ohren gekommen war, dass sich diese mit regionalen Naturschützern unterhalten würden. Klar ist: Die Verbindung von Vogelschutz und Windkraft ist heikel.
Unserer Redaktion liegen Unterlagen vor, die das Vorkommen schützenswerter Vogelarten in Windkraft-Eignungsgebieten beziehungsweise in unmittelbarer Nähe zu geplanten Windparks im Kreis verdeutlichen. Diese geschützten Vogelarten – unter anderem Schwarzstorch und Rotmilan – würden Windkraft laut den gesetzlichen Vorgaben ausschließen. Offiziell existieren die Vorkommen allerdings nicht, da die Gutachten der Projektentwickler und die Erkenntnisse der beteiligten Verwaltungsstellen etwas anderes aussagen. In einem Fall wurde einer offiziellen Fachstelle des Landes von einem Experten dargelegt, welche konkreten Vogelarten in einem nördlichen Eignungsgebiet des Kreises vorkommen. Das Antwortschreiben nimmt sich der auch fotografisch sehr umfangreich vorgelegten seltenen Vogelarten zwar an, stellt diese teils aber als andere und nicht schützenswerte Vogelarten dar.
Foto zeigt seltenen Schwarzstorch
Besonders umstritten scheint hier die Bewertung von Fotos zu sein, die ein Vorkommen des Schwarzstorchs nahelegen – den es offiziell im Kreis angeblich gar nicht geben soll. Im Schreiben der Fachstelle heißt es dazu lapidar, dass das Foto zwar einen Schwarzstorch zeige, die Aufnahme jedoch außerhalb der Brutzeit erfolgt sei. Dies konnte als Hinweis verstanden werden, dass damit ein Vorkommen nicht stichhaltig zu belegen ist.
Gewicht bekommen solche Details vor allem dann, wenn Windparks geplant sind, die auch auf der Gutachterebene umstritten sind. So gibt es bezüglich des Vogelzugs ein Gutachten der Verbandsgemeinde Kirchberg (Rhein-Hunsrück-Kreis), dessen Windkraft-ablehnender Charakter auch für den bei Oberkirn geplanten Park gelten könnte, die Verbandsgemeinde Rhaunen vertraut jedoch anderen Gutachten. Der Windpark bei Oberkirn ist in der Vergangenheit in der Anzahl zwar deutlich zusammengeschrumpft, die Planungen sind aber trotz der ornithologischen Bedenken nie ganz aufgegeben worden.
Der Kreis Birkenfeld sah zuletzt offensichtlich einen dringenden Bedarf, gerade in Bezug auf Vogelschutz die in den verschiedenen Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten der Projektentwickler neutral überprüfen zu lassen. „Wir haben uns einen Ornithologen besorgt, der für den Kreis auf die Gutachten der Projektentwickler geschaut hat, gerade auch in besonderen Biotopsituationen“, erklärt Landrat Matthias Schneider. Zwar war das Zeitfenster für den neutralen Sachverständigen zwischen Januar und März diesen Jahres sehr eng bemessen und die Jahreszeit aus ornithologischer Sicht auch ungünstig, aber die Ergebnisse waren klar – und für den Landrat offensichtlich auch erschütternd: „Wir haben den ein oder anderen Projektentwickler dabei ertappt, dass Fakten nicht stimmen“, sagt Schneider. Unter anderem „trafen Rotmilan-Aussagen nicht zu“ – in einem Fall fand ein nicht zu übersehender Horst keinen Eingang ins Gutachten.
Hinter vorgehaltener Hand sind solche Vorfälle nicht nur im Kreis Birkenfeld immer wieder zu hören. Das wirtschaftliche Betätigungsumfeld derjenigen, die überhaupt Vogelgutachten erstellen können, gilt deutschlandweit als überschaubar. Böse Zungen behaupten, dass derjenige, der zu viele Vögel in seinen Gutachten festhält, wenig Chancen hat, Anschlussaufträge zu bekommen...
Mehr als 100 verschieden Arten
Im Fall eines geplanten Windparks im nördlichen Kreisgebiet sollen laut Insidern deutlich mehr als 100 verschiedene, teils sehr seltene Vogelarten festgestellt worden sein – die Planungen laufen aber weiter. Landrat Schneider scheint vom Ergebnis der Überprüfung der Gutachter nicht überrascht zu sein. Er wundert sich aber auch darüber, dass die Bürgerinitiativen nicht selbstständig ornithologische Stellungnahmen und Gutachten auf den Weg gebracht haben – entsprechende Fachleute würde es in den Reihen der BI durchaus geben.
Dass der Vogelschutz im Kreis eine große Rolle spielt, bezweifeln die Kritiker. Mehrfach wurde zuletzt davon berichtet, dass es in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Abholzungen und Sägearbeiten im Kreis gegeben habe, die ganz in der Nähe von Horsten vorgenommen worden seien. Ob es bei diesen Arbeiten vielleicht auch darum gegangen ist, ganz gezielt brütende Vögel zu stören, wissen nur die Ausführenden und die Auftraggeber selbst.