Der Kreistag hat bei vier Gegenstimmen und ebensovielen Enthaltungen beschlossen, die Verpflegung der Ganztagsschüler ab dem Schuljahr 2025/2026 so einzurichten, dass nur noch auf Guthabenbasis Essen bestellt werden kann. Damit entfällt das bisher gehandhabte Verfahren, bei dem es auf den Karten ein 50-Euro-Guthaben sozusagen als Puffer gab. Nun müssen Eltern dafür Sorge tragen, dass die Bezahlkarten rechtzeitig „geladen“ sind, bevor Essen bestellt werden kann. Es werde aber dafür Sorge getragen, dass kein Kind hungrig bei der Essensausgabe abgewiesen werde, unterstrich Landrat Miroslaw Kowalski.
Laut Verwaltung habe es seit Einführung des Bezahlsystems im Jahr 2024 – damals wurde es an fünf Ganztagsschulen zusammen mit einer neuen Bestell- und Abrechnungssoftware eingeführt – immer wieder Probleme mit dem Guthaben gegeben, da es Eltern versäumten, die Fehlbeträge auszugleichen. „Die Einführung der Software war von der Finanzabteilung aufgrund des Vorauszahlungsprinzips begrüßt worden, da die offenen Essensgeld-Rechnungen erhebliche Außenstände nach sich zogen“, hieß es in den Sitzungsunterlagen.
Das Desinteresse vieler Eltern ist groß
Zur Einführung des neuen Systems wurde für die Sorgeberechtigten ein „Minusguthaben“ von 50 Euro eingerichtet. Bei „sozial schwächeren Familien“ (gemeint sind Familien mit geringem Einkommen) komme es „leider häufig vor, dass die Sorgeberechtigten die notwendigen Anträge auf Bildung und Teilhabe nicht stellen oder sich nicht um eine Verlängerung bemühen beziehungsweise rechtzeitig Einzahlungen von Guthaben vornehmen“.
In diesen Fällen werde seitens der Verwaltung versucht, telefonisch oder per E-Mail Kontakt mit den Sorgeberechtigten aufzunehmen. „Dies gestaltet sich jedoch oft schwierig, da Anrufe nicht entgegengenommen und E-Mails nicht gelesen werden“, so die Verwaltung. Die Software verschicke ebenfalls automatisch E-Mails mit Zahlungserinnerungen, doch auch diese blieben häufig unbeachtet. Die Schulsekretariate unterstützen zwar bei der Kontaktaufnahme, aber oft auch ohne Ergebnis. Dann werden postalisch Zahlungserinnerungen an die Sorgeberechtigten versendet, mit der Aufforderung, die Zahlungsrückstände zu begleichen oder ein Guthaben einzuzahlen.
„Dies bedeutet einen hohen Verwaltungsaufwand, der in den meisten Fällen aber trotzdem keinen Erfolg hat“, so die Verwaltung, die daher nun vorschlug, das eingeräumte Guthaben von 50 auf 0 Euro zu setzen. „Mittagessen im Rahmen der Ganztagsverpflegung kann dann von den Sorgeberechtigten nur noch bestellt werden, wenn Guthaben im System eingezahlt wurde.“ Der Schulträgerausschuss hatte in seiner April-Sitzung dieser Verfahrensweise einstimmig zugestimmt.
Die einzige warme Mahlzeit am Tag
Im Kreistag gab es nun aber Bedenken, obwohl Landrat Kowalski betonte, dass die Fehlsummen sich in den sechsstelligen Bereich aufgetürmt hätten. Rainer Böß (Linke) lehnte die Streichung des Guthabens ab: F inanzielle Engpässe stellten Familien oft „vor Herausforderungen, etwa bei Schulausflügen oder unerwarteten Kosten“. Ein Ausschluss einzelner Kinder vom Schulessen sei „diskriminierend“. Böß plädierte grundsätzlich für kostenlose Mittagessen in Kitas und Schulen, „was zuletzt auch ein von dem vorletzten Bundestag eingesetzter Bürgerrat gefordert hat“.
Der Kreisvorsitzende der Linken kritisierte zudem die Bezeichnung „sozial schwach“ für finanziell benachteiligte Menschen in der Beschlussvorlage und forderte eine armutssensible Sprache. Böß wörtlich: „,Sozial schwach’ sind Politiker, die es zulassen, dass sich Menschen bereits vor Monatsende entscheiden müssen, ob sie eine warme Wohnung und Strom wollen oder ob sie ihren Kindern etwas zu essen geben können.“
Auch Bruno Zimmer (SPD) mahnte, daran zu denken, dass dieses Mittagessen in der Schule für viele Kinder „die einzige warme Mahlzeit ist“. Er bat darum zu beobachten, ob sich mit der Neuorganisation eine Verbesserung der Zahlungsmoral einstelle und den Kreistag darüber zu informieren. Stefan Worst (Bürger für Bürger) fragte, ob sichergestellt sei, dass trotz der Fehlbeträge jedes Kind etwas zu essen bekomme. „Ja, aber nicht unbedingt eine warme Mahlzeit, wenn die alle ausgegeben sind“, antwortete Kowalski.
Frank Frühauf (CDU) bat darum zu prüfen, ob man die Rückstände nicht direkt mit der Bürgergeldstelle abrechnen könne. Landrat Kowalski betonte, dass Familien, die Bürgergeld bezögen, das Geld für das Schulmittagessen ja bekämen: „Dann sollen sie es bitte auch für die Kinder ausgeben und nicht für andere Dinge.“