Was für ein Wochenende für Schmuck- und Edelsteinliebhaber: Die „Offenen Werkstätten“ (OW), die es in dieser Form seit zehn Jahren gibt, haben selten so viel Andrang erlebt wie im Jubiläumsjahr. Dass die Aktion der kreativen Köpfe der Branche in diesem Jahr erstmals mit der „Langen Nacht der Edelsteine“ kombiniert wurde, erntete allgemein sehr viel Lob. Diese Kooperation hat wohl auch dazu geführt, dass noch mehr Besucher von außerhalb kamen und oft auch ein oder sogar zwei Nächte in Hotels und Ferienwohnungen der Region buchten.
Das kann Dietmar Brunk von der Tourist-Info Idar-Oberstein indirekt bestätigen: „Dieses Wochenende war sehr gut nachgefragt – auch wenn wir den Grund des Aufenthalts natürlich nicht kennen.“ Da kämen möglicherweise mehr Dinge zusammen: „Frühling, Ferienbeginn und natürlich auch die Offenen Werkstätten“, vermutet er.

Aussteller wie Andreas und Anja Juchem, Peter Weyrich oder Wolfgang Wild haben in der Tat viele auswärtige Besucher begrüßen können, darunter auffällig viele aus Holland und Luxemburg, aus dem Ruhrgebiet und dem Raum Frankfurt. „Das mit der Werbung funktioniert immer besser“, freut sich Andrea Sohne, eine der Sprecherinnen der OW-Gruppe. Gestreut wird – auch für den Edelsteinschleifer- und Goldschmiedemarkt am ersten August-Wochenende in der Fußgängerzone Oberstein – das ganze Jahr über auf Messen, Märkten und Ausstellungen im ganzen Südwesten und in Benelux. Auch die Tourist-Info unterstützt: „Jeder Aussendung von Katalogen liegt immer ein Flyer der Offenen Werkstätten bei“, berichtet Brunk.
Kooperation sorgt für mehr Aufmerksamkeit
Die erstmalige Kooperation mit der „Langen Nacht der Edelsteine“ hat offenbar für noch mehr Aufmerksamkeit gesorgt: „Viele Besucher haben aus ihrem normalen Eintagesbesuch einen Kurzurlaub gemacht“, weiß Andrea Sohne, um das Angebot, am Samstagabend auch noch die Edelsteinmuseen und weitere Institutionen wie den Schmuck-Campus zu besuchen. „Es sind auch immer wieder Leute dabei, die den Besuch der Werkstätten mit einem Wanderkurzurlaub verbinden“, sagt sie. So sei ein Ehepaar aus Frankfurt am Sonntag von Mörschied über Herborn nach Hettenrodt und weiter an die Weiherschleife gewandert, um die Ateliers von Petra Schwinn, Jürgen Stellwagen, Sibylle Delzeit und Andreas Franzmann zu besuchen.
Auch die Routenvorschläge der Veranstalter samt passenden Buslinien für Besucher, die mit der Bahn anreisen, werden gern genutzt. „Ich habe einem Paar aus Bonn, das am Sonntagnachmittag wieder zurück wollte, empfohlen, die Heimreise über Stipshausen zu legen, um noch die Werkstätten von Claudia Adam, Jörg Stoffel und Jennifer Sauer zu besuchen – was sie dann auch getan haben.“ Claudia Adam hatte eine Besucherin aus Essen, die stolz berichtete, dass sie am Samstag zehn und am Sonntag zwölf Werkstätten besucht habe und sich auch die „Lange Nacht“ nicht entgehen ließ.

Auffällig sei auch das große Interesse an der handwerklichen Arbeit gewesen: Die Goldschmiede-Werkbänke etwa von Kerstin Kavalirek in Leisel (im Bauwagen!) oder der Juchem GmbH waren dauerbelagert – wohl dem, der da genügend Unterstützung hatte, um zwischendurch mal in Ruhe einen Kaffee trinken zu können. „Am Sonntagnachmittag haben bei uns zeitweise mehr als 20 Leute in der Werkstatt gestanden“, berichtet Claudia Adam. Da wird es dann schon schwierig mit Kundengesprächen...
Viele Besucher konnte auch OW-Neuzugang Natascha Frechen in ihrem kleinen Atelier in einer alten Schleiferei in der Hauptstraße 138 in Idar begrüßen. Die gelernte Goldschmiedin, die gerade ihr Master-Studium am Edelstein-Campus abgelegt hat, musste viele Fragen zu ihren spannenden Arbeiten beantworten: So fertigt sie nach alter Rezeptur Halsbänder aus Nesselstoff (also Brennnesselfasern) für ihre ungewöhnlichen Arbeiten, die von massiv (etwa ihre jüngst in München ausgezeichnete Halskette „ Whisper“, bei der selbst der Verschluss aus Heliotrop geschliffen ist) bis filigran (zum Beispiel die hauchdünne spiralförmige Achat-Nadel „ Loop No. I“) eine große Bandbreite abdecken.

Sie erläutert ihren Besuchern auch immer wieder gern, warum sie nach Idar-Oberstein gezogen ist: „Ich schätze die handwerkliche Tradition und das alte Wissen rund um die Edelsteinbearbeitung in der Stadt. Schmuckgestaltung und Herstellung verbindet für mich Geschichte mit Innovation. Ich sehe die Offenen Werkstätten als eine ausgezeichnete Möglichkeit, den Menschen näherzubringen, was Schmuck sein kann.“

Das passt wie die Faust aufs Auge
Diese Kombination macht Sinn: Die zwei Veranstaltungen „Lange Nacht der Edelsteine“ und „Offene Werkstätten“ passen wunderbar zusammen. Hier die Meinung dazu von Stefan Conradt.

In der Keimzelle der Edelsteinindustrie
Die BBS Idar-Oberstein/Harald-Fissler-Schule beteiligte sich mit ihrer Techniksparte zum ersten Mal an der „Langen Nacht der Edelsteine“ – und waren am späten Samstagabend sehr angetan von der großen Resonanz und den vielen interessierten Besuchern.

Partystimmung in ganz Idar-Oberstein
Dass durch die Absage der Intergem internationale und auch prominente Besucher wie die „Bares für Jahres“-Expertin Heide Rezepa-Zabel fehlten, war schade. Die Stimmung in den sieben beteiligten Locations in der Schmuckstadt litt darunter aber nicht.