Das schadete aber nicht, es war proppenvoll, als das Orchester von Uwe Kirsch mit ihrem Opener „Also sprach Zarathustra“ startete – es ist immer wieder ein Gänsehautmoment, wenn dieser große Klangkörper loslegt.
Auf dem zunächst noch sehr spärlich besuchten Marktplatz startete fast zeitgleich wie üblich Elmar Federkeil – überraschend für viele „Partypeople“ diesmal aber mit einem reinen Jazztrio. Mit seinem Bassisten Alwin Mills aus Stuttgart, einem Könner, von dessen Kategorie es nur wenige auf der Welt gibt, begleitete Federkeil die erst 15-jährige Sophia Brandt. Von Geburt an blind hat die sich mit vier Jahren bereits mit ganzer Kraft für den Flügel entschieden. Jetzt spielt sie ein abendfüllendes Programm mit Jazzstandards, wobei sie Klassik genauso liebt. Ein solches Talent ist schier unfassbar, hat sie doch noch nie eine Note oder eine Taste gesehen.
Derweil passiert auf dem Maler-Wild-Platz etwas ganz Besonderes: eine Kombination aus traditionellen griechischen Volksliedern und populärer Musik, in ihre Grundgedanken zerlegt und noch tiefer interpretiert von der Bassistin Athina Kontou zusammen mit ihrer Saxofonistin Louise Volkmann. Eine besondere Rolle kommt dem Schlagzeug zu: mal lautmalerisch als melodietragendes Instrument eingesetzt, mal perkussiv nur mit bloßen Händen gespielt, mal aber auch mit voller Kraft als Basis für die schnelleren Tänze benutzt, zeigt Dominik Mahnig enorme Variabilität.
Die Band Mother – im Anschluss auf der reinen Jazzbühne – wird gefeiert für ihr Album „Tzivaeri“, bei dem sie auch das Leid einer Mutter, die ihre Tochter aus wirtschaftlichen Gründen ins Ausland schicken muss, beschreibt. Ein autobiografisches Stück, das in der heutigen Zeit von möglichst vielen Menschen ernst genommen werden sollte.
Alle drei anderen Bühnen stehen am Samstag unter dem Thema „Gute-Laune-Musik“. Auf dem Schleiferplatz bieten die Bluesanovas aus dem Münsterland eine knackige Blues- und Rock'n'Roll-Show. Die Band hat national fast alle Preise gewonnen, die es in diesem Genre gibt. Spielfreude und der Funke zum Publikum sorgen auf dem weiter gut gefüllten Schleiferplatz für viel Applaus.
Das gilt aber auch für die Bühne in der oberen Fußgängerzone: Dort ist es fast durchgehend so voll, dass es kaum ein Durchkommen gibt – und für den neuen pakistanischen Betreiber des Imbiss Huth viel Arbeit. Zunächst spielen dort Mrs. King & her Jewels ebenfalls knackigen Blues und Rock'n'Roll. Einer der „Juwelen“ ist der Mastermind der Band: Andreas Bock am Schlagzeug, bereits zweimal mit dem German-Blues-Award ausgezeichnet, legt nur mit Snare, zwei Tomtoms, Bassdrum und wenigen High Hats einen enorm groovenden Teppich für Sängerin Meike König.
Jubelnde Zuschauer um 23.59 Uhr in der oberen Fußgängerzone – das ist eher unüblich am Rande des Festivals. Dass es in diesem Jahr dazu kam, war der Pariser Band Mama Shakers zu verdanken. Presseankündigung und diverse Auszeichnungen ließen Großes erwarten. Die jugendliche Band, immer wieder als beste Nachwuchscombo der europäischen Jazzszene bezeichnet, ließ es mit vollem Körpereinsatz und der großartigen Stimme von Sängerin, Waschbrett- und Trompete spielender und für einige Kompositionen verantwortlichen Chefin Andrea Strandberg so richtig krachen: Musik im Stil der Roaring Twenties sorgte auch beim zweiten Auftritt der Band am Sonntag auf der Schleiferplatzbühne für begeisterte Stimmung.
Spacig ging es mit Conic Rose auf dem Maler-Wild-Platz in die letzte Runde: urbane Sounds, Ambient und Elektronica stehen eigentlich für etwas sperrigere Musik, aber mit Gitarre, Schlagzeug, Piano und Trompete, letztere gespielt von Konstantin Döben und Johannes Arzberger aus der Begleitband von Clueso sorgten zusammen mit Bassistin Franziska Aller für schöne Soundpassagen voller Rhythmus. Conic Rose wurden auf dem spät noch voll besetzten Platz zurecht laut und lange gefeiert.