Es war für den Umwelt-Campus Birkenfeld (UCB) und die ganze Nationalparkregion Hunsrück-Hochwald ein schwerer Schlag, der immer noch nicht verdaut ist, dass das Klimaschutzministerium den geplanten gemeinsamen innovativen Neubau von Nationalparkamt und Hochschule auf dem Gelände des Campus aufgegeben hat. Denn er sollte ein sichtbares Zeichen sein für die enge Zusammenarbeit. Somit wäre er ein Impulsgeber weit über die Grenzen der Region für die Bereiche Tourismus, Regionalentwicklung und Umweltbildung gewesen. Stattdessen wurde das Verwaltungsgebäude des Nationalparks auf dem Bunker Erwin realisiert.
Alleinstellungsmerkmal in Deutschland
Doch noch immer ist es möglich, dass am UCB ein Nationalparktor zur Wissenschaft entsteht. Nicht mehr als Neubau, sondern als Forschungsinstanz und -Schwerpunkt. Denn es gebe bereits eine enge Kooperation zwischen Nationalpark und UCB, die jedoch unbedingt verstetigt werden müsse, so Prof. Henrik te Heesen, Vizepräsident für Forschung an der Hochschule. „Wir brauchen eine Planungssicherheit.“ Schließlich würden Wissenschaftler von beiden Institutionen in der Zusammenarbeit schon am Anschlag arbeiten. Dr. Martin Mörsdorf, zuständig für Forschung, Biotop- und Wildtiermanagement im Nationalpark, unterrichtet Studierende vom UCB in den Grundlagen des Schutzgebiet-Monitorings und führt Exkursionen in die Natur. „Dabei sind die Studierende regelrecht begeistert. Es ist eine Win-Win-Situation für Park und Campus“, sagt Mörsdorf. Doch mit nicht einmal zwei Vollzeitstellen für Forschung und Wissenschaft im Nationalparkamt stoße auch er an seine Grenzen. Prof. Stefan Naumann von der Fachrichtung Informatik am Fachbereich Umweltplanung/Umwelttechnik am UCB, der auch Mitglied im Nationalpark-Beirat ist, ergänzt: „Gerade derart praktische Forschung ist ein regelrechter Magnet für Studierende. Mit solchen Angeboten bleiben wir auch überregional attraktiv als Hochschulstandort.“
Prof. Stefan Stoll, ebenfalls am Fachbereich Umweltplanung/Umwelttechnik tätig, und dort insbesondere für den Bereich Ökologie verantwortlich, stimmt Naumann zu: „Eine Hochschule in direkter Nachbarschaft eines Nationalparks, das ist ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland. Wir sind hier ausgesprochen forschungsstark, mit einer großen Bandbreite von Themen, die für den Nationalpark relevant sind. Diese reichen von Gewässer- und Insektenmonitoring, Umweltsensornetzwerke und Datenübertragung, Datenbanksysteme und KI-Anwendungen über Fernerkundung bis hin zu Kreislaufwirtschaft, Energieeffizienzkonzepten und Verwaltungsrecht. Schon jetzt kooperieren wir eng mit dem Nationalpark. Wir haben hier die besten Voraussetzungen – allein auf beiden Seiten fehlen die permanenten Ansprechpartner, alle können sich nur nebenbei um diese Kooperation kümmern. Es fehlt uns einfach an festem Personal.“
Bei all den so offensichtlichen Vorteilen mag man sich fragen, warum dieses „Tor der Wissenschaft“ als Keimzelle für vielfältige Forschungsaktivitäten so wenig Unterstützung erfährt. Liegt es vielleicht daran, dass die Kompetenzen, und damit auch die finanzielle Förderung, zwischen dem Klimaschutzministerium, das hauptsächlich für den Nationalpark zuständig ist, und dem Wissenschaftsministerium, zuständig für den UCB, nicht klar geregelt ist? Und anstatt zusammenzuarbeiten, zum Nutzen aller, doch lieber jeder nur seine eigene Klientel bedenkt.
Nationalpark als „Freiluftlabor“ vor der UCB-Haustür
„Wenn es schon keinen Neubau mehr gibt, so wäre wichtig, dass neben weiteren Sachmitteln, auch eine neue Stelle geschaffen wird, die die gesamten Aktivitäten koordiniert. Vielleicht in Form einer Stiftungsprofessur“, so Prof. te Heesen. Auch Dr. Mörsdorf hofft, dass seine Worte Gehör finden: „Schließlich führen wir viele intensive Gespräche mit anderen Universitäten und Hochschulen. Und alle haben uns ermutigt, diesen Weg der Zusammenarbeit zu gehen, diese ganz besondere Chance zu nutzen“.
Für den „Vater des Umwelt-Campus“, Dr. Ernst Theilen, dem Anfang des Jahres für seinen unermüdlichen Campus-Einsatz der Landesverdienstorden verliehen wurde, wäre es ein weiterer Meilenstein der Hochschulentwicklung, wenn „sein“ Campus noch eine Nationalpark-Stiftungsprofessur erhielte. Und der Nationalpark eine zusätzliche Forschungsstelle – zumal Bildung und Forschung zu den gesetzlichen Aufgaben des Nationalparks gehörten. Durch die eingesparten Kosten eines nicht realisierten innovativen Neubaus wären doch schließlich Gelder frei geworden.
In seiner Dankesrede in der Staatskanzlei ging Dr. Theilen dezidiert auf das Nationalparktor zur Wissenschaft ein: „Schließlich haben Campus und Nationalpark einen Kooperationsvertrag geschlossen, der schon zahlreiche Früchte trägt. Vergleichbares kenne ich nur von der Universität Fairbanks in Alaska mit dem Denali-Nationalpark. Unser Nationalpark und der ihn umgebende Naturpark Saar-Hunsrück ist ein ideales Freiluftlabor vor unserer Haustür. Ein besonderer Vorteil liegt in der Synergie: Die Hochschule kann flexibel neue Forschungsschwerpunkte setzen, das Nationalparkamt verfolgt langfristige Ziele. Beides zusammen ergibt eine fruchtbare Kombination.“ Und wahrlich, die Synergieeffekte sind zahlreich, auch die Lehrerfortbildung bietet sich an. „Wir haben aus vielen guten Gründen großes Interesse am Nationalpark!“, wie es Prof. te Heesen formuliert. „Wir wollen Nationalparkinhalte in jedem unserer Studiengänge. Und genau das bietet sich auch hervorragend an. Zudem sind genau jene Jobs gesucht, die sich aus einer Kombination von Forschung – am UCB – und praktischer Anwendung – im Nationalpark – ergeben.
Die Planungsbüros und die Umweltverwaltungen suchen händeringend nach genau diesen anwendungsorientierten Fachkräften, die wir dann am Campus ausbilden könnten.“ Einig sind sich alle Beteiligten von Nationalpark und dem UCB darin, dass zusätzliche Ressourcen, die Bereiche wie Ökologie, Umweltmonitoring sowie Forschungstransfer und Öffentlichkeitsarbeit auch langfristig abdecken, dem „Tor der Wissenschaft“ und damit Nationalpark, Hochschule und Region einen erheblichen Schub gäben. Daraus würden dann fast automatisch weitere Forschungsprojekte und Lehrangebote hervorgehen. Hinzu käme eine größere Präsenz der wissenschaftlichen Seite des Nationalparks in der Öffentlichkeit. Jetzt fehlt nur noch der Mut von der Politik – und damit das Geld – genau dieses Potenzial zu erkennen. Ein Potenzial, das weit über den Nationalpark, über den Umwelt-Campus und über die Region ausstrahlen würde.