Prozess um die Bluttat im Trinkermilieu in der entscheidenden Phase - Warum zentrale Fragen unbeantwortet bleiben
Todesfall in Birkenfeld wird wohl nie aufgeklärt: Prozess geprägt durch viele Ungereimtheiten
Akten liegen auf dem Tisch eines Gerichtssaals.
dpa

Bad Kreuznach/Birkenfeld. Im von vielen Ungereimtheiten geprägten Prozess zum Mord an einem 56-Jährigen, der sich vor knapp einem Jahr in einem Mehrfamilienhaus in der Achtstraße in Birkenfeld ereignete, hat die entscheidende Phase begonnen. Die Mordanklage hat die Erste Strafkammer des Landgerichts Bad Kreuznach mangels eindeutiger Beweise nunmehr fallen gelassen.

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Es erscheint inzwischen nahezu aussichtslos, bei dieser Bluttat im Trinkermilieu am Rand der Gesellschaft zu ergründen, wer den durch mehrere Krankheiten schwer gehandicapten Mann erstochen hat. Die Kammer geht aktuell davon aus, dass der gemeinsam mit einem gebürtigen Usbeken mit deutscher Staatsbürgerschaft angeklagte Grieche den Auftrag gegeben hat, das in seiner Mobilität stark eingeschränkte Opfer zu töten, wie die Vorsitzende Richterin Dr. Claudia Büch-Schmitz am elften Verhandlungstag in einem rechtlichen Hinweis bekräftigte. Das würde nur eine Verurteilung wegen Anstiftung zum Totschlag bedeuten. Dabei bleiben mehrere Fragen offen, auf die es wohl nie Antworten geben wird.

Die Schlussfolgerung des Schwurgerichts basiert allein auf einem Bekenntnis des Griechen in abgehörten Telefonaten gegenüber seiner in Griechenland lebenden Mutter. Darin behauptet er wiederholt: „Ich habe den Befehl dazu erteilt. Das ist meine Sünde für den Rest meines Lebens“, um dann noch hinzuzufügen: „Ich sage die ganze Wahrheit.“

Motiv liegt im Dunkeln

Unklar ist unter anderem, wer die unbekannten Täter sein sollen, die den Mord für den 43-Jährigen begangen haben – wenn es sie denn überhaupt gibt. Die Mordkommission in Trier, die den Fall bearbeitet hat, ist dieser Spur nicht nachgegangen. Sie bewertete die Aussagen des Angeklagten gegenüber der Mutter als Hirngespinste und Ausreden, um von seiner eigenen Täterschaft abzulenken. Denn er habe wohl geahnt, dass er abgehört wird, vermutet die Kripo. Kann sein, vielleicht aber auch nicht.

So aber deutet aktuell alles darauf hin, dass diese Bluttat nie abschließend geklärt werden kann. Finanzielle Mittel, um irgendwelche ominösen Killer zu kaufen, hatte der Grieche jedenfalls nicht. Auch das Motiv für die Tat liegt im Dunkeln. Fest steht nur, dass der 49-Jährige und das Opfer sich nicht leiden konnten und sich mehrmals gestritten haben. Der Angeklagte soll den 56-Jährigen laut Zeugenaussagen auch bedroht haben. Und fest steht auch, dass irgendjemand ihn am 22. oder 23. Dezember mit einem Messer erstochen hat.

Das Opfer hatte eine besondere Stellung in dem kleinen Kreis der alkoholabhängigen Männer, weil er über genug Geld verfügte. Zu der Gruppe, die sich bei ihm regelmäßig zu Trinkgelagen traf, gehörte fast immer der Usbeke, der zu dem Gastgeber ein fast schon freundschaftliches Verhältnis hatte, und seltener auch der Grieche.

Er ist wohl der Einzige, der für mehr Klarheit in diesem mysteriösen Fall sorgen könnte. Doch er hat schon bei der Polizei von seinem Recht, die Aussage zu verweigern, Gebrauch gemacht und schweigt auch vor Gericht – und dabei wird es auch bleiben, wie sein Pflichtverteidiger Michael Küppers (Trier) gegenüber unserer Zeitung betonte. Zwischenzeitlich hatte der Grieche angekündigt, dass er aussagen will.

Doch inzwischen hat er sich nach Rücksprache mit seinem Pflichtverteidiger und seinem Wahlverteidiger doch entschieden, weiterhin nichts zu sagen. Ungleich gesprächiger ist hingegen seit Prozessbeginn der Usbeke, der sich berechtige Hoffnungen machen darf, bald wieder auf freiem Fuß zu sein. Der 49-Jährige war am elften Verhandlungstag, beflügelt von dieser Aussicht, bester Laune, und scherzte mit seiner Verteidigerin.

Gutachten verschoben

Die Kammer wird ihn wohl nur noch wegen Unterschlagung belangen. Sie glaubt, dass die beiden Angeklagten am 23. Dezember gemeinsam die Wohnung des zu diesem Zeitpunkt bereits ermordeten Opfers aufgesucht und sich dort spontan entschlossen haben, einige Wertsachen mitgehen zu lassen, um sie später zu veräußern.

Der Grieche habe dessen Laptop an sich genommen, der Usbeke das Handy, eine Goldkette mit Kreuzanhänger und auch die EC-Karte. Bei beiden komme wegen ihrer massiven Alkoholprobleme die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, beim Griechen möglicherweise auch die Einweisung in eine psychiatrische Klinik in Betracht, sagte die Vorsitzende Richterin.

Die Aussage des Psychiatrischen Sachverständigen, die eigentlich am elften Verhandlungstag erfolgen sollte, wurde auf den nächsten Prozesstag, Freitag, 18. November, verschoben. Grund dafür ist ein kurzfristiger Antrag von Rechtsanwalt Michael Küppers, dem Verteidiger des Griechen. Er will, dass im Gericht die beiden mit Video aufgenommenen Vernehmungen des Usbeken bei der Polizei in voller Länge gezeigt werden. Zuvor hatte eine Sachverständige nach einer teilweisen Überprüfung der Protokolle den Verdacht bestätigt, dass die Übersetzungen vom Russischen ins Deutsche durch die dabei anwesende Dolmetscherin mit Mängeln behaftet sind.

Weil der Kern und Tenor seiner Aussagen aber offenbar richtig wiedergegeben wurde, versuchte die Vorsitzende Richterin, den Verteidiger davon zu überzeugen, dass vom Abspielen der Videoaufzeichnung kaum neue Erkenntnisse zu erwarten seien. Wichtiger seien doch die Übersetzungen, die die Dolmetscherin komplett nacharbeiten wird. Doch weil er darauf beharrte, muss die Kammer jetzt entscheiden, ob die Vernehmung noch in das laufende Verfahren eingeführt wird.

Der Prozess am Landgericht wird am Freitag, 18. November, um 9 Uhr fortgesetzt.

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