Luftrettung 
Start der Testphase lässt weiter auf sich warten
Mit einem solchen Volocopter vom Typ "VoloCity" will die ADAC-Luftrettung die Rettungsdienste im ländlichen Raum optimieren. Dazu sind Testphasen in Idar-Oberstein und Dinkelsbühl vorgesehen.
Uwe Anspach. dpa

Mit einem sogenannten Volocopter will die ADAC Luftrettung die Rettungsdienste im ländlichen Raum optimieren. Dazu sind Testphasen in Idar-Oberstein und Dinkelsbühl vorgesehen. Der Start musste aber immer wieder verschoben werden.

Die von der ADAC Luftrettung schon 2023 angekündigte Testphase für einen batterieelektrisch betriebenen Multikopter im Rettungsdienst lässt weiter auf sich warten. Dabei soll ein senkrecht startendes, bemanntes Luftfahrzeug mit 18 elektrisch angetriebenen Rotoren, ähnlich einer Drohne, mit einer Reichweite von gut 50 Kilometern die Rettungsdienste im ländlichen Raum optimieren: schneller als Rettungswagen und schneller verfügbar als der Rettungshubschrauber, zudem emissionsfrei und leise. Und: Der leichte Volocopter kann fast überall landen – auch mitten in der Stadt.

Die ADAC-Luftrettung will in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Idar-Oberstein bei einem Pilotprojekt ausprobieren, ob durch Einsatz eines Multikopters der Rettungsdienst optimiert werden kann. Dafür ist beim Neubau im Krankenhaus Göttschied eigens eine Landeplattform auf dem Dach vorgesehen. Bis man dort so weit ist, sollte der Multikopter am Flugplatz Göttschied stationiert werden, wo bereits seit Dezember 2023 eine entsprechende Ladekapazität vorgehalten wird.

Das Pilotprojekt sollte eigentlich schon im Frühjahr 2024 starten. Es gab aber diverse Komplikationen, wie Jochen Oesterle von der ADAC Luftrettung damals erläuterte. Nächster Starttermin war Frühjahr 2025. Aber auch daraus wird vorerst nichts werden, nachdem der Flugtaxi-Hersteller Volocopter aus Bruchsal Insolvenz angemeldet hat. „Nun müssen wir erst mal abwarten, wie es dort weitergeht“, sagt Jochen Oesterle auf Anfrage der Nahe-Zeitung. Sollte das hochverschuldete Start-Up, das seine rund 500 Mitarbeiter mittlerweile bereits entlassen hat, abgewickelt werden, müsse man sich nach anderen Herstellern umschauen – das sei aber schade, sagt Oesterle, weil das Volocopter-Fluggerät sehr genau zu den Anforderungen der Luftrettung passe. Allerdings steht auch noch die Zulassung der europäischen Flugsicherheitsbehörde aus. Nun gibt es aber seit Freitag wieder Hoffnung: Wie die „Wirtschaftswoche“ meldet, will der österreichische Flugzeugbauer Diamond Aircraft den Flugtaxi-Pionier übernehmen.

„Christoph 66“ ist weiter im Einsatz

Für den Rettungsdienst im Großraum Idar-Oberstein stehen bislang der auf einem Sonderlandeplatz in Imsweiler (Donnersbergkreis) stationierte Rettungshubschrauber „Christoph 66“ vom Typ H145 sowie diverse Rettungs- und Notarztfahrzeuge zur Verfügung. Deren Nachteil: Der Hubschrauber ist mitunter bereits im Einsatz, wenn er benötigt wird, und die auf Straßen verkehrenden Fahrzeuge brauchen bei eiligen Fahrten mitunter zu viel Zeit bis zum Eintreffen am Einsatzort.

Hier setzt das Pilotprojekt an: Ein auf dem Flugplatz Göttschied beziehungsweise später auf der Hubschrauberlandeplattform des geplanten Anbaus am Klinikum Idar-Oberstein zusätzlich stationierter Multikopter könnte in dringenden Fällen einen Notarzt sehr schnell zu Patienten oder Unfallopfern transportieren, weil er den Einsatzort per Luftlinie anfliegen kann. Das bedeutet: Der Volokopter in der Testphase unterstützt die bestehenden Rettungsdienste, ersetzt sie nicht.

Studie sagt: „Adäquates Mittel im Kampf gegen den Notarztmangel“

Bei dem Pilotprojekt gehe es um die Frage, wie man Notärzte schneller in die Fläche bringen könne. Parallel zum Flug des Arztes mit dem Multikopter fahre dann ein Rettungswagen zum Einsatzort, um diesen dann dort zu unterstützen: „Das wäre ein Gewinn für die Region und würde eine Verbesserung der Notarztversorgung bedeuten“, sagte bei der Erstvorstellung des Projekts Oberbürgermeister Frank Frühauf. „Unsere Stadt ist stolz darauf, dass der Einsatz von Multikoptern im Rettungsdienst am Klinikum Idar-Oberstein ausprobiert wird. Es ist wichtig, dass die Möglichkeit geschaffen wird, die Notärzte in der Fläche noch schneller zum Einsatzort zu bringen. Ein Multikopter wäre für unseren Raum zwischen Rhaunen und Herrstein sowie Birkenfeld und Baumholder ideal.“

Sollten die beiden Pilotprojekte ergeben, dass der Einsatz von Multikoptern beim Transport von Notärzten sinnvoll ist, könnten mittelfristig bundesweit bis zu 150 Multikopter der nächsten Generation in Dienst gestellt werden. Eine Machtbarkeitsstudie, bei der 20.000 Notarzt-Einsätze in Computern simuliert wurden, hatte bereits 2018 bestätigt, dass Multikopter im Rettungsdienst zusätzliche Vorteile bringen können: „Die Arbeit des Mediziners wird so effektiver und der Multikopter zu einem adäquaten Mittel im Kampf gegen den vielerorts herrschenden Notarztmangel“, so das Fazit dieser Studie. Die ADAC-Luftrettung hält einen schnelleren Transport von Notärzten für besonders wichtig, weil sich die Notarzt-Eintreffzeit in den vergangenen 20 Jahren im Bundesdurchschnitt um fast 40 Prozent verschlechtert habe.

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