Eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten fordert Staatsanwältin Patricia Richter wegen der Tötung einer 21-jährigen Idar-Obersteinerin im September 2024 durch ihren damaligen Freund. Im Unterschied zur Staatsanwaltschaft sieht die Verteidigung einen minder schweren Fall des Totschlags gegeben. Rechtsanwalt Martin Säzler beantragte daher eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren.
Beschimpfungen und Spucken
Die Hauptverhandlung habe gezeigt, so Staatsanwältin Richter, dass die Beziehung zwischen der jungen Frau und dem elf Jahre älteren Mann von Anfang an konfliktbehaftet war, oft wegen der Erziehung der Kinder, aber auch wegen Alltäglichkeiten. „Es gab auch immer wieder Trennungsversuche von beiden Seiten, aber keiner konnte sich durchringen“, beschrieb Richter die Situation des ungleichen Paares. Das wird belegt durch Aussagen von Freunden und Bekannten der Getöteten. Sie hatte ihren eigenen Bekanntenkreis, in dem der 32-Jährige zwar akzeptiert wurde, aber auch etwas abseits stand.
Auch unmittelbar vor Tat am 27. September gab es Streit, wie der 32-jährige Angeklagte selbst eingeräumt hatte. Er wollte an diesem Morgen kuscheln, seine Freundin nicht. Nach einer verbalen Auseinandersetzung verließ der Angeklagte mit seinem Sohn und seinem Hund die Wohnung. Die Freundin soll versucht haben, aus dem Fenster ihrer Wohnung heraus Vater und Sohn zu bespucken. Daraufhin ging der 32-Jährige allein zurück in die Wohnung. Nach seiner Darstellung wollte er ein klärendes Gespräch mit seiner Partnerin führen, weil er befürchtete, dass ihr Verhalten sich negativ auf die Entwicklung seines Sohnes auswirkt. Stattdessen kam es erneut zum Streit. Und das sei für den lebenserfahreneren 32-Jährigen erwartbar gewesen, betonte Richter.
Mithäftlinge vermissten Reue
„Der Angeklagte hat zu einem frühen Zeitpunkt gestanden und er hat auch versucht, sich bei den Angehörigen zu entschuldigen, das spricht für ihn, aber in zwei Punkten kann ich seiner Einlassung nicht folgen“, führte die Staatsanwältin aus. Aus ihrer Sicht musste er damit rechnen, dass sich der Streit weiter hochschaukeln würde, unklar bleibe auch der letztlich tatauslösende Moment. Das können das Spucken oder auch die Beleidigungen gewesen sein, die bei der Auseinandersetzung fielen. Der 32-Jährige hat auch eingeräumt, dass er seine Freundin zunächst bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt und ihr dann mit einem Messer in den Hals gestochen hat. Dieses Messer, so seine Aussage vor Gericht, soll im Wohnzimmer, wo sich die Tat ereignete, herumgelegen haben.
Das ist der zweite Punkt seines Geständnisses, den die Staatsanwältin durch Zeugen als widerlegt ansieht. Zwei Mithäftlinge des Angeklagten sagten aus, dass ihnen der 32-Jährige in der Haftanstalt das Tatgeschehen geschildert hat. Dabei hatte er angegeben, dass er die Freundin würgte, bis sie zu Boden fiel und, dass er dann aus der Küche ein Messer holte, mit dem er ihr in den Hals stach. „Wir haben gesagt, dann hättest du ja Zeit gehabt, zu überlegen, was du da machst“, hatte sich ein Mithäftling erinnert, der bei dem 32-Jährigen auch kein Anzeichen von Reue über die Tat entdecken konnte. Den Mitgefangenen fiel auf, dass der Angeklagte nach diesem Gespräch seine Schilderung abänderte und behauptete, dass Messer habe neben der Frau gelegen.
Tragisches Ende einer toxischen Beziehung
„Der Angeklagte hat am ersten Tag in der Haft einen Fehler gemacht und die Wahrheit gesagt“, zitierte Staatsanwältin Richter einen der beiden Zeugen. Die Aussagen der Mithäftlinge seien glaubhaft, da sie keinerlei Motive hätten, den 32-Jährigen zu belasten. Vielmehr hatte einer der Männer ihn, wie übrigens auch etliche Freunde aus dem Umfeld der jungen Frau, als sympathisch bezeichnet. „Diese Beziehung war völlig ungesund und völlig toxisch, eher hat das Opfer noch davon profitiert wegen ihrer kleinen Tochter“, so Richter. Die 21-Jährige war im Januar 2024 Mutter einer Tochter geworden, die etwa einen Monat vor der Tat in eine Pflegestelle kam. So lange das Baby bei der Mutter lebte, hatte sie der 32-Jährige bei der Versorgung des Babys unterstützt.
Einen minder schweren Fall könne man hier nicht erkennen, da der Angeklagte nicht nur der Lebenserfahrenere der beiden, sondern auch der körperlich Überlegene war. „Dass das Opfer ihn bei dem Streit ihn geschlagen oder gekratzt haben soll, ist keine Misshandlung, die die Tat verständlicher macht“, betonte Richter. Sie verwies zudem auf das psychiatrische Gutachten, wonach es bei der Tat nicht den Tropfen gab, der das Fass zum Überlaufen brachte. Gutachter Thomas Maier hatte eine Affekt- oder Impulstat unter anderem wegen des mehrteiligen Tatgeschehens ausgeschlossen. Der 32-Jährige habe planvoll gehandelt, als er möglicherweise noch im Tatgeschehen oder kurz danach den Nachbarn an der Tür abwimmelte, ebenso beim Wegbringen der Leiche. „Der Angeklagte wollte auf Nummer sichergehen, dass das Opfer nicht überlebt“, schloss die Staatsanwältin. Das Urteil wird am Donnerstag, 24. April verkündet.